Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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ihn doch die Vorübergehenden; jeder bemerkt seine Livrée, bewundert sie und sagt ganz laut:l das ist der Herr von So und So.]? Oder eine Vorstellung von Größe? Vielmehr gerade das Gegentheil! Wenn ich sehe, daß man einen großen Palast hat haben wollen, so frage ich sogleich: warum ist dieser Palast nicht größer? Warum hat Der, welcher fünfzig Bedienten hält, nicht hundert? Warum ist dieses schöne Silbergeschirr nicht von Gold? Warum, vergoldet der Mann, der seine Kutsche vergoldet, nicht seine Wände? Und wenn seine Wände vergoldet sind, warum ist es nicht auch sein Dach? Jene, die einen hohen Thurm zu bauen unternahmen, hatten ganz recht, daß sie ihn gleich bis an den Himmel bauen wollten; denn, was hätte es ihnen geholfen, ihn hoch zu bauen? Der Punkt, wo sie stehen geblieben wären, hätte nur aus desto größerer Ferne den Beweis ihrer Ohnmacht gegeben. O eitles Menschlein! Zeige mir deine Macht, ich will dir gleich deine Erbärmlichkeit zeigen.

      Dagegen giebt eine Anordnung der Dinge, bei welcher der Meinung nichts nachgegeben ist, sondern Alles und Jedes seinen wahren Sinn und Nutzen hat, und sich darauf beschränkt, die wirklichen Anforderungen der Natur zu befriedigen, ein Schauspiel, welches nicht nur vor der Vernunft Billigung findet, sondern Augen und Herzen labt, indem sich der Mensch darin nur in den ihm angenehmen Beziehungen erblickt, gleichsam sich selbst genügend, indem sich das Bild seiner Schwäche dabei ihm nicht aufdrängt, indem dies lachende Gemälde keine traurigen Nebengedanken weckt. Zeigt mir den vernünftigen Mann, der eine Stunde lang den Palast eines Fürsten und die Pracht, welche darin glänzt, betrachten kann, ohne melancholisch zu werden, und das Loos der Menschheit zu beklagen. Aber der Anblick dieses Hauses und des gleichförmigen und einfachen Lebens seiner Bewohner flößt in die Seele des Beschauers einen geheimen Zauber, der sich fort und fort steigert. Eine kleine Anzahl von lieben, friedfertigen Menschen, durch das gegenseitige Bedürfniß und durch wechselseitiges Wohlwollen mit einander verbunden, arbeitet in mannichfaltiger Thätigkeit auf ein gemeinsames Ziel hin; indem jeder in seiner Lage Alles findet, dessen er bedarf, um zufrieden zu sein, und keine Veränderung derselben zu wünschen, gewinnt er Liebe zu ihr, wie zu einer solchen, in der man sein Lebenlang bleiben soll, und der einzige Ehrgeiz, den Jeder hat, ist der, die Pflichten seiner Stellung vollkommen zu erfüllen. Eine solche Mäßigung beherrscht Die, welche befehlen, und ein solcher Eifer Die, welche gehorchen, daß Gleichgestellte dieselben Geschäfte unter sich hätten vertheilt haben können, ohne daß irgend Einer sich über seinen Antheil beklagt haben würde. So beneidet denn Keiner den Antheil des Andern; Keiner glaubt, sein Wohl anders befördern zu können, als durch die Beförderung des Gemeinwohles; die Herrschaft selbst schätzt ihr Glück nur nach dem der Leute, mit denen sie sich umgeben hat. Man weiß in der That nicht, was man hier hinzuthun, was hinwegnehmen sollte, weil man nur das Nützliche findet, und weil nichts Nützliches fehlt, so daß man nichts wünscht, was man nicht sähe, und daß man nichts sieht, von dem man nicht sagen möchte: warum ist nicht mehr davon da? Denken Sie sich Treffen, Schildereien, Vergoldungen, Wandleuchter hinzu, und im Augenblick ist Alles armselig. Wenn man alles Nöthige so im Ueberflusse und nirgend eine Spur von Ueberflüssigem sieht, so muß man unwillkürlich denken, wenn das letztere nicht da ist, so ist es nicht da, weil man es nicht hat haben wollen, und wenn man es nur haben wollte, würde es in derselben Fülle da sein. Wenn man beständig das Gut mit Hülfe der Armen nach Außen fließen sieht, so muß man sich un willkürlich sagen: dieses Haus kann all seinen Reichthum nicht fassen. Dies, dünkt mich, ist die wahre Pracht.

      Dieser Anschein von Verschwendung erschreckte mich, als ich erfuhr, mit wie geringen Mitteln man hauszuhalten habe, Sie richten sich zu Grunde, sagte ich zu Herrn und Frau v. Wolmar; es ist nicht möglich, daß ein so mäßiges Einkommen hinreiche, um so bedeutende Ausgaben zu decken. Sie lachten und bewiesen mir, daß sie, ohne in ihrem Hause eine Beschränkung vorzunehmen, noch viel, wenn sie wollten, ersparen und ihr Einkommen eher vermehren könnten, als sich zu Grunde richten. Das Kunststück, welches uns reich macht, sagten sie, besteht darin, daß wir wenig Geld halten, und uns bei der Benutzung unseres Gutes, so viel als möglich, vor vermitteltem Ein- und Austausch von Erzeugniß und Bedarf hüten. Solcher Tauschhandel kann niemals ohne Verlust stattfinden, und je mehr sich die Verluste dieser Art häufen, desto eher können sie ziemlich beträchtliche Mittel erschöpfen; wie denn z. B. eine schöne goldene Dose, wenn man sie vertrödeln muß, zu einem werthlosen Tande werden kann. Wir vermeiden den Uebertrag unserer Einkünfte, indem wir sie auf der Stelle anwenden, und vermeiden gleichzeitig den Austausch von Erzeugnissen, indem wir die unsrigen in Natur verbrauchen; und bei dem dennoch unvermeidlichen Umsatz dessen, was wir zu viel haben, in das, was uns fehlt, suchen wir statt des Verkaufs und Kaufs in Gelde, wobei sich immer die Einbuße verdoppelt, unmittelbaren Austausch, bei welchem die bequeme Gelegenheit beiden Betheiligtm statt Nutzens dient.

      Ich sehe die Vortheile dieser Methode ein, bemerkte ich, aber sie scheint mir auch nicht ohne Nachtheil. Abgesehen von der Last, welche sie Ihnen auflegt, muß der Nutzen mehr scheinbar als wirklich sein, und was Sie im Einzelnen bei der Verwaltung Ihrer Güter verlieren, ist wahrscheinlich mehr als der Gewinn, den Ihre Pächter machen würden, wenn Sie sie verpachteten; denn ein Bauer wird sich die Arbeit immer wohlfeiler stellen können, als Sie, und wird beim Einernten genauer zu Werke gehen. Hierin irren Sie, entgegnete mir Wolmar; der Bauer sieht weniger darauf, seinen Ertrag zu vermehren, als die Kosten zu sparen, weil ihm die Auslagen mehr drückend sind, als ihm ein Mehrertrag nützlich wäre. Da sein Absehen nicht sowohl darauf gerichtet ist, ein Kapital zu verwerthen, als mit den mindesten Kosten auszukommen, so wird er einen wirklichen Gewinn, wenn er ihn erlangt, weniger dadurch erzielt haben, daß er das Land verbessert, als dadurch, daß er es erschöpft hat, und der beste Fall ist noch, wenn er es blos vernachlässigt. So bereitet, um der Bequemlichkeit willen, etwas baares Geld ohne Mühe einzunehmen, ein Eigenthümer, der nicht selbst wirthschaftet, sich oder seinen Kindern große Verluste, große Mühsal und manchmal den Verderb seines Erbgutes.

      Uebrigens, fuhr Herr von Wolmar fort, stelle ich nicht in Abrede, daß die Bewirthschaftung meiner Ländereien mir mehr kostet, als sie meinen Pächtern kosten würde, aber dafür nehme ich den Nutzen des Pächters selbst, und da die Bewirthschaftung weit besser ist, so ist der Nutzen weit größer, so daß ich, ungeachtet der größeren Ausgabe, doch noch gewinne. Und das ist noch nicht genug gesagt. Das Mehr der Ausgabe ist nur scheinbar und bringt in der That eine sehr bedeutende Oekonomie zuwege; denn wenn Andere unser Land bewirthschafteten, so würden wir müßig sein. Man müßte in der Stadt wohnen, das Leben dort würde mehr kosten, wir würden Vergnügungen mitmachen müssen, die uns theurer als diejenigen, welche wir hier haben, zu stehen kommen und weniger zusagen würden. Die Arbeiten, welche Sie für eine Last halten, betrachten wir zugleich als unsere Pflicht und als unser Vergnügen. Dank der Sorgsamkeit, mit welcher sie eingetheilt werden, sind sie niemals beschwerlich; sie bewahren uns vor einer Menge von ruinirenden Grillen, die das Landleben nicht aufkommen läßt oder verscheucht; und Alles, was zu unserem Wohlstande beiträgt, wird für uns zugleich zu einer Quelle des Vergnügens.

      Blicken Sie umher, setzte dieser einsichtsvolle Familienvater hinzu, Sie werden überall nur nützliche Dinge sehen, die uns fast nichts kosten uns uns tausend unnütze Ausgaben ersparen. Nur was wir selbst gezogen haben, kommt auf unsern Tisch. unsere Geräthe, unsere Kleider sind fast insgesammt Erzeugnisse des Landes: nichts ist verachtet, weil es gemein ist, nichts geschätzt, weil es selten ist. Da Alles, was man von Weitem bezieht, dem Verderb und der Verfälschung ausgesetzt ist, so beschränken wir uns sowohl, um Alles gut und rein zu haben, als der Wohlfeilheit wegen, auf dasjenige, was bei uns vortrefflich und in unverdächtiger Qualität zu haben ist. Unsere Speisen sind einfach, aber auserlesen. Es fehlt unserem Tische, um luxuriös zu sein, nichts, als daß das, was aufgetragen wird, weit herkäme, denn Alles ist gut, Alles würde für Seltenheit gelten können, und mancher Feinschmecker würde die Forellen aus unserem See für etwas Vorzügliches halten, wenn er sie in Paris äße.

      Dieselbe Regel beobachten wir bei der Anschaffung dessen, was zu unserem Putz gehört, der, wie Sie sehen, nicht vernachlässigt ist, aber es wird dabei nur auf Eleganz gehalten, auf Reichthum keine Rücksicht genommen und noch weniger auf die Mode. Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Werthe, welchen die Meinung den Dingen beilegt, und dem, welchen sie wirklich haben. Auf den letzteren allein sieht Julie, und wenn sie einen Stoff anschaffen will, so fragt sie nicht sowohl darnach, ob er veraltet oder

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