Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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daß du mir nie etwas wirst zu entdecken haben; ich glaube es, ich hoffe es; aber komm meiner thörichten Angst zuvor und gieb mir in dem Versprechen für Künftiges, das nicht kommen soll, die ewige Gewißheit der Gegenwart. Ich würde weniger zu beklagen sein, wenn ich mein wirkliches Unglück von dir erführe, als wenn ich unaufhörlich mich mit eingebildetem quälte; ich würde wenigstens deiner Reue genießen; wenn du nicht mehr meine Glut theiltest, würdest du doch noch meine Schmerzen theilen, und ich würde die Thränen weniger bitter finden, die ich in deinen Busen vergösse.

      Hier, mein Freund, wünsche ich mir zwiefach Glück zu meiner Wahl, des süßen Bandes wegen, das uns verknüpft, und der Rechtschaffenheit wegen, die es sichert. Dies ist die Anwendung jener Klugheitsregel auf Sachen des reinen Gefühls; so kann der zärtlichen Liebe die strenge Tugend das Leid verscheuchen. Hätte ich einen Geliebten ohne feste Grundsätze, und wenn er mich auch ewig liebte, worin sollte ich die Bürgschaft seiner Beständigkeit finden? Welche Mittel hätte ich, mich von meinem steten Mißtrauen zu befreien? Und woher die Gewißheit nehmen, daß ich nicht getäuscht bin. entweder durch seine Schlauheit oder durch meine Leichtgläubigkeit? Aber du, mein würdiger, ehrenwerther Freund, keines Kunstgriffs, keiner Verstellung fähig, du, ich weiß es, wirst mir deine Aufrichtigkeit erhalten, wenn du sie mir versprochen hast. Die Scham, eine Untreue zu gestehen, wird in deiner geraden Seele nicht den Sieg davontragen über die Pflicht, dein Wort zu erfüllen, und wenn du deine Julie nicht mehr lieben könntest, würdest du ihr sagen, ja, du könntest ihr sagen: Julie, ich kann dich nicht .... nein, mein Freund, nie schreibe ich dieses Wort hin.

      Was sagst du zu meinem Mittel? Es ist das einzige, das weiß ich gewiß, das in mir jedes Gefühl von Eifersucht ausrotten könnte. Ich finde, ich weiß nicht was für eine Zartheit darin, die mich bezaubert, daß ich mich wegen deiner Liebe auf deine Gewissenhaftigkeit verlasse, und mir die Macht nehme, an eine Untreue zu glauben, die du mir nicht selbst sagen würdest. Dies ist, du Lieber, die sichere Wirkung des Versprechens, das du mir geben sollst; denn ich könnte dich wohl für einen flatterhaften Geliebten, aber nie für einen falschen Freund halten, und wenn ich an deinem Herzen zweifelte, nie werde ich an deinem Worte zweifeln. Was für ein Vergnügen es mir macht, hierin eine unnöthige Vorkehrung zu treffen, dem Scheine einer Umwandlung vorzubeugen, deren Unmöglichkeit ich so wohl fühle! Welcher Reiz, von Eifersucht mit einem so treuen Geliebten zu sprechen! Ach! wenn du aufhören konntest, es zu sein, dann, glaube mir, würde ich nicht so mit dir darüber reden. Mein armes Herz würde im Nothfalle nicht so weise sein, und das kleinste Mißtrauen würde mir bald den Willen rauben, mich davor sicher zu stellen.

      Da haben wir, sehr verehrter Lehrer, Stoff zum Gespräche für heut Abend, denn ich weiß, daß Ihre beiden unterthänigen Schülerinen die Ehre haben werden, mit Ihnen zusammen bei dem Vater der Unzertrennlichen zu soupiren. Durch Ihre gelehrten Vorlesungen über die Zeitung haben Sie dergestalt Gnade gefunden in seinen Augen, daß es nicht viel Mühe gemacht hat, Ihnen diese Einladung zu verschaffen. Die Tochter hat ihr Klavier stimmen lassen; der Vater hat den Lamberti durchgeblättert; ich werde vielleicht die Lection aus jenem Gebüsche von Clarens repetiren. O Doctor aller Facultäten, nach jeder Seite hin sind Sie mit irgend einer Wissenschaft gerüstet. Herr von Orbe, der nicht vergessen ist, wie Sie denken können, hat die Mission, einen gelehrten Disput anzuspinnen über die bevorstehende Huldigung des Königs von Neapel, während dessen wir Dreie uns in das Zimmer der Cousine verfügen werden. Dort, Vielgetreuer, werdet Ihr auf den Knien vor Eurer Dame und Gebieterin, die beiden Hände in den ihrigen und in Gegenwart ihres Kanzlers, ihr unverbrüchliche Treue und Redlichkeit geloben; nicht sei gesagt ewige Liebe, denn es wäre ein Gelöbniß, das zu halten oder zu brechen man nicht in seiner Macht hat; aber Wahrheit, Aufrichtigkeit, unwandelbare Offenherzigkeit. Ihr sollet nicht schwören, ewig unterthänig zu sein, aber euch keiner Felonie schuldig zu machen und wenigstens den Krieg zu erklären, bevor Ihr das Joch abschüttelt. So geschehen, werdet ihr den Ritterkuß empfangen und als einziger Vasall und getreuer Ritter anerkannt sein.

      Adieu, mein Freund; der Gedanke an das heutige Souper macht mich vergnügt. Ach! wie werde ich es erst sein, wenn du es auch bist!

      Sechsunddreißigster Brief.

       Von Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Küsse diesen Brief und springe vor Freude über die Nachricht, welche er dir dringt; aber denke, daß ich, wenn ich auch nicht springe und nichts zu küssen habe, doch nicht weniger davon durchdrungen bin. Mein Vater muß nach Bern seines Prozesses wegen, und von da nach Soleure, seiner Pension wegen, und hat meiner Mutter den Vorschlag gemacht, mitzureisen; sie hat ihn angenommen, indem sie von der Luftveränderung einen günstigen Einfluß auf ihre Gesundheit hofft. Man wollte mir die Gunst erzeigen, mich ebenfalls mitzunehmen, und ich fand nicht für gut, mich zu erklären, wie ich darüber dächte; aber da es sich mit dem Wagen nicht wollte einrichten lassen, ist dieser Plan wieder aufgegeben worden und man giebt sich alle Mühe, mich zu trösten, daß ich nicht mitfahren kann. Ich mußte mich betrübt anstellen und darüber, daß ich eine falsche Rolle spielen muß, bin ich es wirklich so sehr, daß die Gewissensunruhe mich fast aller Verstellung überhoben hat.

      Ich werde während der Abwesenheit meiner Eltern nicht die Hausfrau machen, sondern man bringt mich bei dem Vater der Cousine unter, so daß ich diese Zeit über wirklich unzertrennlich von der Unzertrennlichen sein werde. Noch mehr, meine Mutter hat lieber keine Kammerfrau mitnehmen wollen, um mir die Babi als Gouvernante zu lassen; gewiß keine gefährliche Art Argus, die man weder zu bestechen noch zu Vertrauten zu machen braucht, sondern nach Bedürfniß durch den entferntesten Schein von Vergnügen oder Geldverdienst, den man ihnen vorhält, sich vom Halse schaffen kann.

      Du begreifft, wie leicht es uns diese vierzehn Tage werden wird, uns zu sehen; da muß nun die eigene Mäßigung an die Stelle des Zwanges treten, und wir müssen uns aus freien Stücken dieselbe Zurückhaltung auferlegen, zu welcher wir zu anderer Zeit genöthigt sein würden. Nicht nur darfst du, wenn ich bei meiner Cousine sein werde, nicht öfter hinkommen als früher, um sie nicht zu compromittiren: ich hoffe auch, daß ich dich nicht erst an die Rücksichten zu erinnern brauche, welche ihr Geschlecht erfordert, noch an die heiligen Rechte der Gastfreundschaft, und daß ein gesitteter Mann nicht erst Belehrung braucht über die zarte Scheu, welche die Liebe der Freundschaft, die ihr Zuflucht giebt, schuldig ist. Ich kenne deine Lebhaftigkeit, aber ich kenne auch ihre unverletzlichen Grenzen. Wenn du niemals der Schicklichkeit Opfer gebracht hättest, so würdest du ihr heut keines zu bringen haben.

      Woher diese mißvergnügte Miene und dieses betrübte Auge? Warum murren über Gesetze, welche die Pflicht auferlegt? Ueberlasse deiner Julie die Sorge, sie zu versüßen; hast du es jemals bereut, ihrer Stimme willig gefolgt zu sein? An blumigen Hügeln, wo die Vevaise entspringt, liegt ein einsamer Weiler, der manchmal von Jägern besucht wird und eigentlich nur Liebenden zur Zufluchtstätte dienen sollte. Rings um die Hauptwohnung, welche in Herrn von Orbe's Besitz ist, liegen zerstreut in ziemlicher Entfernung einige Chalets, [Sennhütten.] deren Strohdächer ganz dazu geschaffen sind, der Liebe und Lust, diesen Freunden ländlicher Einfalt, zum Obdach zu dienen. Die munteren, verschwiegenen Milchdirnen wissen Anderen das Geheimniß zu hüten, weil sie dessen für sich selbst benöthigt sind. Die Bäche, welche die Wiesen bewässern, sind mit Gebüsch und köstlichem Laubholz besetzt. Höher hinauf findet man im dichten Wald einen noch abgelegneren und düsterem Zufluchtsort.

      Al bel seggio riposto, ombroso e fosco Ne mai pastori appressan, ne bifolchi. [Dem schönen stillen Sitz, dem schattenreichen Und düstern naht nie Pflüger oder Hirte.

       Petrarca.]

      Kunst und Menschenhand hat da Alles mit ihrer belästigenden Pflege verschont; überall nimmt man nur die liebreich waltende Hand der allgemeinen Mutter wahr. Dort, o mein Freund, ist man ganz nur in ihrer Hut und hat keinen Gesetzen zu gehorchen als den ihrigen.

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