Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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und die Unzertrennlichen mitzunehmen. Diese sind nicht ohne andere Unzertrennliche, wie du nur zu gut weißt. Der Eine, der den Hausherrn abgiebt, wird natürlich die Honneurs des Hauses machen, und der Andere wird inzwischen, mit weniger Aufsehen, seiner Julie die Honneurs eines niedern Chalet machen können, und dieses Chalet, von der Liebe geweiht, wird ihnen der Tempel von Knidos sein. Um diesen reizenden Plan glücklich und sicher auszuführen, bedarf es nur weniger Veranstaltungen, die wir nur noch unter uns verabreden wollen, und die schon selbst einen Theil des Vergnügens ausmachen werden, zu dem sie uns verhelfen sollen. Adieu, mein Freund! ich breche schnell ab, weil ich überrascht zu werden fürchte. Auch fühle ich wohl, daß das Herz deiner Julie dem Chalet ein wenig zu früh zufliegt.

      N. S. Alles recht wohl bedacht, finde ich, daß wir uns, ohne zu viel zu thun, fast alle Tage sehen können, nämlich bei meiner Cousine einen Tag um den andern, und dazwischen auf der Promenade.

      Siebenunddreißigster Brief.

       Von Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Sie sind heute Morgen abgefahren, dieser zärtliche Vater und diese unvergleichliche Mutter, und haben mit den zärtlichsten Liebkosungen eine geliebte, ach, ihrer Güte nur zu unwerthe Tochter überhäuft. Mir zog sich, als ich sie umarmte, das Herz nur leicht zusammen, während es in sich selbst, das undankbare, unnatürliche Herz, hoch aufhüpfte in abscheulicher Freude. Ach! wo ist die glückliche Zeit hin, da ich unablässig unter ihren Augen ein unschuldiges, züchtiges Leben führte, da ich mich nur wohl fühlte an ihrer Brust und nicht einen Augenblick von ihnen weichen konnte ohne Mißbehagen? Jetzt, schuldig und furchtsam, zittere ich, wenn ich an sie denke, erröthe ich, wenn ich an mich denke, alle guten Gefühle in mir verdorren, und ich zehre mich in eitlen, fruchtlosen Klagen auf, die nicht einmal eine wahre Reue beseelt. Dergleichen schmerzliche Betrachtungen haben in mir die ganze Betrübniß aufgeweckt, die der Abschied von ihnen mir im ersten Augenblicke nicht verursacht hatte. Eine innere Angst erstickte mich, nachdem die lieben Eltern fort waren. Während Babi einpackte, ging ich mechanisch in das Zimmer meiner Mutter; und da ich einige von ihren Sachen umherliegen sah, habe ich sie alle geküßt, Eines nach dem Andern, und mit meinen Thränen benetzt. In dieser gerührten Stimmung habe ich einige Erleichterung gefunden, und es war mir wie ein Trost, zu fühlen, daß die süßen Regungen der Natur noch nicht ganz erloschen sind in meinem Herzen. Ha, Tyrann, du willst umsonst es ganz nur dir unterwerfen, dieses zärtliche, dieses allzu schwache Herz; trotz dir, trotz deiner Zaubereien, hat es wenigstens noch rechtmäßige Gefühle, ehrt noch und liebt noch heiligere Rechte als die deinen.

      Verzeih, mein süßer Freund, verzeih mir dieses unwillkürliche Aufwallen und fürchte nicht, daß ich diesen Betrachtungen so viel einräume, als ich wohl sollte. Der Augenblick unseres Lebens, in welchem vielleicht sich unsere Liebe am freiesten regt, ist nicht, ich weiß wohl, der der Zerknirschung: ich will weder mein Leid dir zu verheimlichen noch dich damit niederzubeugen suchen; du mußt es kennen, nicht um es zu tragen, sondern um es zu stillen. In wessen Busen könnte ich es ausströmen, wenn ich es nicht in den deinigen schütten dürfte? Bist du nicht mein liebreicher Tröster? Bist du es nicht, der meinen erschütterten Muth aufrecht hält? Bist du es nicht, der in meiner Seele die, Liebe zur Tugend nährt, selbst nach ihrem Verluste? Ohne dich, ohne die verehrungswürdige Freundin, deren mitleidige Hand so oft meine Thränen trocknete, o wie oft wäre ich schon der tödtlichsten Muthlosigkeit erlegen! Aber eure zärtlichen Bemühungen halten mich aufrecht, ich wage mich nicht gering zu achten, so lange ihr mich noch Werth haltet, und ich sage mir mit Selbstzufriedenheit, daß ihr beide mich nicht so lieben würdet, wenn ich nur Verachtung verdiente. Ich fliege in die Arme dieser theuren Cousine, oder vielmehr dieser theuren Schwester, um in ihr Herz den drückenden Trübsinn auszuschütten. Und du, komme heute Abend, und gieb dem meinigen die verlorene Freudigkeit und Heiterkeit wieder.

      Achtunddreißigster Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Nein, Julie, keinen Tag ist es möglich, dich nur wieder so, wie den vorigen zu erblicken: meine Liebe muß unaufhörlich zunehmen und wachsen mit deinen Reizen und du bist mir ein unversieglicher Quell von neuen Gefühlen, die ich nie geahnt hätte. Welch ein wundervoller Abend! Was für unbekannte Wonnen gabst du meinem Herzen zu genießen! O zauberische Schwermuth! Weichheit einer schmachtenden Seele! Wie weit übertreffet ihr die lärmende Freude, das laute Gelächter, die ausgelassene Fröhlichkeit und allen Rausch, den Glut ohne Maß den ungezügelten Begierden darbietet! Stiller, seliger Genuß, der nicht seines Gleichen in der Lust der Sinne hat, nie, nie wird dein tief ergreifendes Andenken aus meinem Herzen sich verwischen! Götter! welch hinreißendes Schauspiel, oder vielmehr welch ein Himmel, zwei so rührende Schönheiten in zärtlicher Umarmung zu sehen, das Gesicht der einen auf den Busen der andern geneigt, ihre süßen Thränen sich vermischend und diesen reizenden Busen badend, wie der Thau vom Himmel eine frisch verschlossene Lilie benetzt! Sie machte mich eifersüchtig, diese so zärtliche Freundschaft; ich fand darin ein Etwas, das noch mehr reizt als die Liebe selbst, und es war mir eine Art Weh, daß ich dir nicht so lieben Trost bieten kann, den ich nicht durch die Heftigkeit meiner Empfindungen trübte. Nein, nichts, nichts auf Erden ist fähig, eine so süße Rührung zu wecken, als eure gegenseitigen Liebkosungen; und das Schauspiel zweier Liebenden hätte meinen Augen kein so köstliches Bild darbieten können.

      Ach! wie verliebt würde ich in diesem Augenblick in die liebenswürdige Cousine gewesen sein, wenn nicht Julie wäre! Aber nein, es war Julie selbst, die ihren unbesieglichen Reiz über Alles verbreitete, was sie umgab. Dein Kleid, dein Putz, deine Handschuh, dein Fächer, deine Arbeit, Alles, was von deiner Umgebung meine Blicke traf, bezauberte mein Herz und du allein machtest den ganzen Zauber. Halt inne, süße Freundin! wenn du meine Trunkenheit noch steigertest, so würdest du mir das Vergnügen rauben, sie zu empfinden. Was du mich fühlen lässest, grenzt nahe an ächten Wahnsinn, und ich fürchte, die Vernunft noch wirklich zu verlieren. Laß mir wenigstens das Gefühl eines Irrseins, das mich glücklich macht; laß mich diese neue Begeisterung trinken, die erhabener ist und flammender als Alles, was ich mir je von der Liebe gedacht habe. Wie? du kannst dich für erniedrigt halten? Wie? Raubt die Leidenschaft auch dir den Verstand? Ich, ich finde dich zu vollkommen für ein sterbliches Geschöpf. Ich würde dich für ein Wesen reinerer Art halten, wenn nicht dieses verzehrende Feuer, das mein Sein durchströmt, es mit dem deinigen vereinigte und mich fühlen ließe, daß sie Eins sind. Nein, Niemand auf der Welt kennt dich; du kennst dich selbst nicht; mein Herz allein kennt dich, fühlt dich und weiß dich an deine Stelle zu setzen. Meine Julie! ach! was für Huldigung entginge dir, wenn du blos angebetet würdest! Ach! wenn du nichts als ein Engel wärst, wie viel von deinem Werthe wäre verloren!

      Sage mir, wie ist es möglich, daß eine Leidenschaft wie die meinige noch zunehmen kann? Ich weiß es nicht, aber ich empfinde es. Obgleich du mir allezeit gegenwärtig bist, giebt es doch manche Tage vor anderen, wo dein Bild schöner als jemals mich verfolgt und mich quält mit einer Lebhaftigkeit, der weder Ort noch Zeit mich entrückt; und ich glaube, du ließest mich mit ihr in jenem Chalet, welches du am Schlusse deines letzten Briefes verließest. Seit von dieser ländlichen Zusammenkunft die Rede ist, bin ich dreimal aus der Stadt gegangen; jedes Mal haben mich meine Füße nach derselben Richtung getragen, und jedes Mal hat sich mir die Aussicht auf einen so ersehnten Aufenthalt angenehmer dargestellt.

      Non vide il mondo si leggiadri rami, Ne mosse il vento mai si verdi frondi.

      [Die Welt sah nicht so spielend leichte Zweige, Kein solch grün Laub hat noch der Wind beweget. Petrarca.]

      Ich finde das Feld lachender, das Grün frischer und lebendiger, die Luft reiner,

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