Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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Inhaltsverzeichnis

      Ich habe es an Gedächtniß und du hast es an Vertrauen fehlen lassen, mein liebes Kind: das war Unrecht von uns allen Beiden, aber mein Unrecht ist unverzeihlich. Ich will es wenigstens wieder gut zu machen suchen. Babi, die dir diesen Brief bringt, ist beauftragt, für das Dringendste zu sorgen. Sie wird morgen früh wieder zu dir kommen und dir den bewußten Herrn abfertigen helfen, wenn er sich wieder blicken läßt, und Nachmittag werden wir dich besuchen, meine Cousine und ich; denn ich weiß, daß du deinen armen Vater nicht verlassen kannst, und ich will auch selbst sehen, wie es in deiner kleinen Wirtschaft steht.

      Wegen Claude Anet's sei ohne Sorge; mein Vater ist abwesend; aber bis zu seiner Rückkehr soll geschehen, was möglich ist, und du kannst darauf rechnen, daß ich weder dich noch diesen braven Burschen vergessen werde. Adieu, mein Kind, der gute Gott schenke dir Trost! Du hast wohl gethan, daß du dich nicht an die Gemeindekasse gewendet hast; das muß man nie thun, so lange noch gute Leute etwas in der ihrigen haben.

      Zweiundvierzigster Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich erhalte Ihren Brief, und ich bin beim Einpacken: weiter habe ich nichts zu erwidern. Ach, Grausame, wie weit entfernt ist mein Herz von dieser verhaßten Tugend, die Sie bei mir voraussetzen und die ich verabscheue! Aber Sie befehlen, ich muß gehorchen. Kostete es hundertmal mein Leben, ich muß Juliens Achtung besitzen.

      Dreiundvierzigfter Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Gestern früh kam ich in Neufchatel an; ich erfuhr, daß Herr von Merveilleur auf dem Lande sei, ich suchte ihn sogleich dort auf; er war auf der Jagd und ich erwartete ihn bis auf den Abend. Als ich ihm die Veranlassung meiner Reise auseinandergesetzt und ihn gebeten hatte, einen Preis für Claude Anet's Entlassung zu bestimmen, machte er mir viele Schwierigkeiten. Ich glaubte sie dadurch heben zu können, daß ich selbst eine ziemlich beträchtliche Summe anbot und sie erhöhete, je mehr er sich weigerte, allein da ich nichts erlangen konnte, war ich genöthigt, mich zu entfernen, nachdem ich mir Gewißheit verschafft hatte, daß ich ihn heute Morgen noch fände, denn ich war fest entschlossen, nicht von ihm abzulassen, bis ich mit Hülfe von Geld oder Zudringlichkeit, oder auf welche Art es ginge, das, was ich von ihm zu erbitten hatte, erlangt haben würde. Ich stand deswegen schon sehr früh auf, und wollte eben zu Pferde steigen, als ich durch einen Expressen das folgende Billet von Herrn von Merveilleur nebst dem förmlichen Abschiede des jungen Menschen erhielt:

      „Hierbei, mein Herr, erhalten Sie den Abschied, um den Sie angesucht haben; ich habe ihn auf Ihre Anerbietungen verweigert; Ihren menschenfreundlichen Absichten gewähre ich ihn, und bitte Sie zu glauben, daß ich eine gute Handlung nicht für Geld thue."

      Schließen Sie nach der Freude, die Ihnen dieser glückliche Erfolg machen wird, auf die meinige, als ich ihn erfuhr. Warum ist sie, ach, nicht so vollkommen, als sie doch sein sollte? Ich kann nicht umhin, Herrn von Merveilleur nochmals zu besuchen, um ihm zu danken und das Handgeld zurückzuzahlen, und wenn dieser Besuch meine Abreise um einen Tag verzögert, wie es zu fürchten ist, habe ich nicht Recht, wenn ich sage, daß er sich auf meine Kosten edel gezeigt hat? Doch es thut nichts, ich habe gethan, was Ihnen angenehm ist, ich kann um diesen Preis Alles ertragen. Wie glücklich, Gutes thun zu können, indem man damit Der dient, die man liebt, und so in seiner Handlung die Zauber der Liebe und der Tugend zu vereinigen! Ich will es gestehen, Julie, ich reiste ab mit einem Herzen voll Mißmuth und Verdruß. Ich machte es Ihnen zum Vorwurf, daß Sie so viel Theilnahme haben für die Leiden Anderer und die meinigen für nichts rechnen, als ob ich der Einzige auf der Welt wäre, der nichts von Ihnen verdiente. Ich fand es barbarisch, nachdem Sie mich mit einer so süßen Hoffnung geködert hatten, mich ohne Noch eines Vergnügens zu berauben, womit Sie mir selbst geschmeichelt hatten. All dieses Murren ist vorbei; ich fühle an dessen Statt wieder eine ungeahnte Zufriedenheit im Grunde meiner Seele keimen, empfinde schon die Entschädigung, welche Sie mir verheißen haben, Sie, die die Gewohnheit, Gutes zu thun, so sehr belehrt hat, welche Freuden es gewährt. Wie seltsam ist die Macht, die Sie üben, daß Sie einem die Entbehrungen ebenso süß, als die Genüsse zu machen, und dem, was man für Sie thut, denselben Reiz zu verleihen wissen, den man darin finden würde, sieh selbst genugzuthun! Ach! ich habe es hundertmal gesagt, du bist ein Engel vom Himmel, meine Julie! Bei diesem Einfluß auf meine Seele ist es kein Zweifel, daß die deinige mehr göttlich als menschlich ist. Wie soll man nicht ewig dein sein, da dein Reich himmlisch ist? Und was hülfe es, wenn man aufhörte, dich zu lieben, wenn man dich ewig anbeten muß?

      N. S. Meiner Rechnung nach haben wir mindestens noch fünf oder sechs Tage bis zur Zurückkunft der Mama; wäre es nicht möglich, in dieser Zwischenzeit doch noch eine Wanderung nach dem Chalet zu machen?

      Vierundvierzigster Brief.

       Von Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Murre nicht so sehr, mein Freund, über diese vorzeitige Rückkehr; sie stiftet uns mehr Vortheil, als es scheint; und wenn wir aus Klugbeit gethan hätten, was wir aus Wohlthätigkeit thaten, hätte es nicht besser ausschlagen können. Erwäge, wie es gekommen wäre, wenn wir unserem Gefallen gefolgt wären! Ich würde aufs Land gezogen sein gerade am Abend vor dem Tage, an welchem meine Mutter in der Stadt wieder ankam; ich würde einen Expressen erhalten haben, ehe ich unser Zusammentreffen hätte in Gang bringen können; ich hätte auf der Stelle abreisen und vielleicht, ohne dir Nachricht geben zu können, dich in tödtlicher Unruhe lassen müssen; unsere Trennung würde gerade in dem Augenblicke geschehen sein, wo sie am schmerzlichsten gewesen wäre. Noch mehr, man würde erfahren haben, daß wir beide auf dem Lande waren; ungeachtet unserer Vorsicht wäre es vielleicht herausgekommen, daß wir beisammen gewesen sind; man würde es wenigstens vermuthet haben, und mehr brauchte es nicht. Das unvorsichtige Geizen mit der Gegenwart würde uns jeden Ausweg für die Zukunft versperrt haben, und die Reue, ein gutes Werk versäumt zu haben, hätte uns Zeitlebens gequält.

      Vergleiche nun diesen Zustand mit unserer gegenwärtigen Lage. Erstlich hat deine Abwesenheit eine vortreffliche Wirkung gemacht. Mein Argus wird nicht verfehlt haben, meiner Mutter zu sagen, daß du wenig bei meiner Cousine zu sehen warst: sie erfährt deine Reise und den Zweck; dies ist ein Grund mehr, dich zu achten. Und wer wird nun denken, daß Leute, die in Einverständniß mit einander sind, freiwillig, um sich zu trennen, den einzigen Augenblick wählen werden, in welchem sie gerade Freiheit haben, sich zu sehen? Welche List haben wir gebraucht, um einen nur zu gegründeten Argwohn abzuwenden? Die einzige, meiner Meinung nach, welche braven Leuten wohl ansteht, nämlich brav in solchem Maße zu sein, wie man es sowenig vermuthet, daß eine Anstrengung der Tugend für eine Handlung der Gleichgültigkeit genommen wird. Mein Freund, wie süß ist nicht eine durch solch ein Mittel geheim bewahrte Liebe den Herzen, die sie hegen! Rechne nun noch das Vergnügen hinzu, bekümmerte Liebende vereinigt zu haben, und zwei junge Leute glücklich zu machen, die es so sehr verdienen! Du hast meine Fanchon gesehen; sage, ist sie nicht allerliebst? Und verdient sie nicht Alles, was du für sie gethan hast? Ist sie nicht zu hübsch und zu unglücklich, um ungestraft Mädchen zu bleiben? Und Claude Anet seinerseits, dessen gute Natur durch ein Wunder drei Jahre Kriegsdienst glücklich bestanden hat, würde er noch einmal soviel ausgehalten haben, ohne ein Taugenichts zu werden wie alle Anderen? Statt dessen haben sie sich

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