Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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Palast mitten in einer Wüste schuf, ein Chalet in der Stadt zaubern? Höre, Fanchon's Verheirathung steht bevor; mein Vater, der Feste und Prunk nicht ungern hat, will ihr eine Hochzeit ausrichten, bei der wir alle sein werden: diese Hochzeit wird unfehlbar geräuschvoll sein. Schon manchmal hat das Geheimniß seinen Schleier im Schooße der lärmenden Freude und im Tumulte der Feste auszubreiten gewußt. Du verstehst mich, Freund; wäre es nicht süß, in der Frucht unserer Bemühungen die Freuden wiederzufinden, die sie uns gekostet haben?

      Du bist, wie mir scheint, über die Vertheidigung des Milord Eduard unnöthig in Feuer gerathen; ich bin weit entfernt, ungünstig über ihn zu denken. Uebrigens, wie sollte ich über einen Mann ein Urtheil haben, den ich nur einen einzigen Nachmittag gesehen habe? und selbst du, wie kannst du eines haben, da du nur ein Paar Tage mit ihm umgegangen bist? Was ich über ihn sage, habe ich aus Vermuthung, und du kannst ebenfalls nicht viel weiter sein; denn die Vorschläge, welche er dir gemacht hat, sind Anerbietungen der losen Art, womit ein gewisses Ansehen von Macht, das sie sich geben wollen, und die Leichtigkeit, der Erfüllung auszuweichen, Fremde oft freigebig macht. Aber ich erkenne deine gewöhnliche Lebhaftigkeit und was für einen Hang du hast, dich fast im ersten Augenblicke für oder gegen die Leute einnehmen zu lassen. Indessen wollen wir bei Muße die Arrangements, welche er dir vorgeschlagen hat, in Betrachtung ziehen. Wenn die Liebe den Plan begünstigt, mit dem ich umgehe, werden sich vielleicht bessere für uns darbieten. O mein lieber Freund, die Geduld ist bitter, aber ihre Frucht ist süß.

      Um auf deinen Engländer zurückzukommen, ich habe gesagt, er schiene mir von starkem und großem Gemüthe zu sein und mehr einen erleuchteten als einen angenehmen Geist zu haben. Du sagst ungefähr dasselbe; und dann machst du es mir mit jener Miene von männlicher Ueberlegenheit, welche unsere demüthigen Anbeter nie verläßt, zum Vorwurf, daß ich auch einmal meines Geschlechtes gewesen bin; als ob ein Weib je aufhören könnte, es zu sein! Erinnerst du dich wohl, als wir deine Platonische Republik lasen, haben wir über den Punkt der moralischen Verschiedenheit der Geschlechter gestritten. Ich bleibe bei der Meinung, der ich damals war, und kann mir kein gemeinschaftliches Muster der Vollkommenheit für zwei so verschiedenartige Wesen denken. Der Angriff und die Vertheidigung, die Kühnheit des Mannes und die Schamhaftigkeit der Frau sind keine conventionelle Formen, wie deine Philosophen denken, sondern natürliche Einrichtungen, über die es leicht ist Rechenschaft zu geben und aus denen sich leicht alle übrigen moralischen Unterschiede ableiten lassen. Da übrigens die Bestimmung beider von Natur nicht die nämliche ist, so müssen sich auch die Neigungen und die Art, wie beide Theile sehen und fühlen, nach verschiedenen Zwecken richten. Es ist nicht dieselbe Richtung der Seele und dieselbe Beschaffenheit des Körpers dienlich zur Bestellung des Ackers und zum Kindersäugen. Der höhere Wuchs, die stärkere Stimme, die ausgeprägteren Züge scheinen zwar keine nothwendige Beziehung zum Geschlechte zu haben; aber die äußerlichen Verschiedenheiten kündigen an, daß der Werkmeister auch geistige Verschiedenheiten beabsichtigte. Ein vollkommenes Weib und ein vollkommener Mann müssen sich in ihrem Wesen nicht ähnlicher sein als in ihrem Aeußeren. Nachäffung des andern Geschlechtes ist der Gipfel der Unvernunft, dem Verständigen ein Gelächter und ein Gegengift der Liebe. Kurz, ich finde, wenn man nicht fünf Fuß sechs Zoll mißt, eine Baßstimme hat und Bart am Kinne, so muß man sich nicht damit abgeben, Mann zu sein.

      Da sieht man, wie ungeschickt die Liebhaber sind, wenn sie Beleidigungen sagen wollen! Du wirfst mir einen Fehler vor, dessen ich mich nicht schuldig gemacht habe oder dessen du dich ebenso schuldig gemacht hast wie ich, und leitest ihn aus einem Gebrechen ab, das mir zur Ehre gereicht. Soll ich, um Aufrichtigkeit mit Aufrichtigkeit zu bezahlen, dir ehrlich heraussagen, was ich von der deinigen denke? Ich finde darin nur ein Raffinement der Schmeichelei; du giebst dir das Ansehen von Freimüthigkeit, um die enthusiastischen Lobeserhebungen, mit denen du mich bei jeder Gelegenheit überschüttest, vor dir selbst zu rechtfertigen. Meine angeblichen Vollkommenheiten verblenden dich dermaßen, daß du, um die Vorwürfe Lügen zu strafen, die du dir im Geheimen über deine thörichte Eingenommenheit machst, nicht Witz genug hast, einen einzigen haltharen gegen mich aufzubringen.

      Glaube mir, du mußt dich nicht damit befassen, mir Wahrheiten zu sagen, du kommst zu schlecht damit zu Stande: sind denn die Augen der Liebe fähig, wie scharf sie auch sonst sind, Fehler zu bemerken? Der reinen Freundschaft steht dieses Amt zu, und darin ist deine Schülerin Clara hundertmal geschickter als du. Ja mein Freund, lobe mich, bewundere mich, finde mich schön, reizend, vollkommen; deine Lobeserhebungen gefallen mir, ohne mich zu verführen, weil ich sehe, daß sie die Sprache des Wahns und nicht der Falschheit sind, und daß du dich selbst täuschest, nicht aber mich täuschen willst. O, wie sind die Vorspiegelungen der Liebe so lieblich! ihre Schmeicheleien sind in gewissem Sinne Wahrheiten; das Urtheil schweigt darin, aber es spricht das Herz. Der Liebhaber, der Vollkommenheiten an uns lobt, die wir nicht besitzen, sieht sie in der That so, wie er sie vorstellt; er lügt nicht, indem er Lügen sagt; er schmeichelt, ohne sich zu erniedrigen, und man kann ihn hochschätzen, ohne daß man ihm zu glauben braucht.

      Ich habe nicht ohne einiges Herzklopfen davon sprechen hören, morgen zwei Philosophen zu Tische zu haben. Der eine ist Milord Eduard, der andere ist ein Weiser, dessen ehrwürdige Haltung manchmal zu den Füßen einer jungen Schülerin ein wenig in Unordnung gerathen ist; solltest du ihn nicht kennen? Ermahne ihn, thu mir den Gefallen, sich zusammenzunehmen, daß er morgen das philosophische Decorum ein Bißchen besser als gewöhnlich beobachte. Ich werde auch die Kleine fleißig erinnern, die Augen niederzuschlagen und sich in den seinigen so wenig hübsch als möglich zu machen.

      Siebenundvierzigster Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Ha, Bösewicht! ist das die Vorsicht, die du mir versprochen hattest? So fängst du es an, um mein Herz zu schonen und deine Reize zu verbergen? Lauter Wortbrüchigkeit! Erstlich dein Putz, denn du hattest keinen und du weißt recht gut, daß du niemals gefährlicher bist. Zweitens deine Haltung, so sanft, so bescheiden, so ganz dazu gemacht, daß man alles Aumuthige, was du hast, recht mit Muße bemerke. Dein Sprechen seltener, bedachter, noch geistreicher als gewöhnlich, so daß wir alle auch noch aufmerksamer waren und daß Ohr und Herz jedem Worte entgegenflogen. Diese Arie, die du mit halber Stimme sangst, blos um deinem Gesang noch mehr Lieblichkeit zu geben, und die, wenn gleich französisch, dennoch selbst Milord Eduard gefiel. Dein schüchterner Blick und deine niedergeschlagenen Augen, deren unerwartete Blitze mich dann in unvermeidliche Verwirrung stürzten. Kurz ein Etwas, ein Unaussprechliches, Zauberisches, was du über deine ganze Person ausgegossen zu haben schienst, um aller Welt den Kopf zu verrücken, ohne daß du im Mindesten daran zu denken schienst. Ich wenigstens, ich weiß nicht, wie du es anstellst; aber wenn das deine Art ist, sowenig hübsch als möglich zu sein, so sage ich dir, daß es viel mehr ist, als für eine Gesellschaft von Weisen nöthig wäre.

      Ich habe große Furcht, daß der arme englische Philosoph auch ein wenig die Wirkung davon verspürt habe. Nachdem wir deine Cousine nach Hause gebracht hatten, und da wir alle noch sehr munter waren, machte er uns den Vorschlag, mit zu ihm zu kommen, um zu musiciren und Punsch zu trinken. Während seine Leute zusammengetrommelt wurden, hörte er nicht auf, von dir mit einem Feuer zu sprechen, das mir gar nicht gefiel, und ich hörte dein Lob in seinem Munde nicht mit so vielem Vergnügen als du das meinige. Im Allgemeinen, gestehe ich, habe ich es nicht gern, wenn Jemand außer deiner Cousine von dir mit mir spricht; es ist mir, als ob jedes Wort mir einen Theil meines Geheimnisses oder meiner Freuden entrisse; und, was sie auch sagen mögen, es liegt entweder ein so verdächtiges Interesse darin, oder es ist so entfernt von dem, was ich fühle, daß ich darüber Niemanden hören mag als mich selbst.

      Nicht, daß ich wie du Hang zur Eifersucht hätte. Ich kenne deine Seele besser; ich habe Bürgen, die mir nicht den leisesten Gedanken an eine Veränderung deinerseits erlauben. Nach deinen Versicherungen, sage ich kein Wort mehr über die anderen Bewerber. Aber dieser, Julie! .... eine standesmäßige Lage .... die Vorurtheile deines Vaters

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