Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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können; denn mein Vater hat versprochen, für ihre Etablirung zu sorgen. Wie viel Gutes hast du ihnen und uns durch deine Gefälligkeit verschafft. ohne zu gedenken, wie hoch ich es dir anrechnen muß! Solcher Art, mein Freund, sind die sicheren Folgen der Opfer, die man der Tugend bringt: wenn sie uns oft schwer fallen, ist es immer süß, sie gebracht zu haben, und noch niemals hat man Jemanden eine gute Handlung bereuen sehen.

      Ich vermuthe schon, daß du mich auch nach dem Beispiele der Unzertrennlichen die Predigerin nennen wirst; und es ist wahr, daß ich nicht besser nach meinen Worten thue als die Herren vom Handwerk. Wenn meine Predigten nicht so schön sind wie die ihrigen, sehe ich wenigstens mit Vergnügen, daß sie nicht wie jene in den Wind gehen. Ich sträube mich nicht dagegen, mein liebenswürdiger Freund; ich möchte gar gern deinen Tugenden so viel hinzufügen, als ich durch eine tolle Liebe verloren habe, und da ich mich selbst nicht mehr achten kann, möchte ich mich gern noch in dir achten. Von deiner Seite ist nichts nöthig, als rechte Liebe, und Alles wird sich wie von selbst geben. Aber mit welcher Freude mußt du unaufhörlich die Schuld anwachsen sehen, welche sich die Liebe abzutragen verpflichtet!

      Meine Cousine hat erfahren, was du mit ihrem Vater in Betreff des Herrn von Orbe gesprochen hast; sie ist so dankbar dafür, als ob wir in Freundschaftsdiensten je anders könnten, als gegen sie im Rest sein. Mein Gott! mein Freund, was für ein glückliches Mädchen bin ich! wie werde ich geliebt! und wie entzückend finde ich es! Vater, Mutter, Freundin, Geliebter! Und ich sollte nicht Alles lieben, was mich umgiebt! immer sehe ich mir zuvorgekommen, ja in jedem Sinne zuvorgekommen. Es ist, als suchten die süßesten Gefühle der Welt unablässig meine Seele, und ich habe leider doch nur die eine, um alles des Glückes zu genießen.

      Ich vergaß dir auf morgen Vormittag einen Besuch anzukündigen; nämlich Milord, der von Genf kommt, wo er sieben oder acht Monate zugebracht hat. Er hat dich, wie er sagt, als er aus Italien zurückkam, in Sion gesehen. Er fand dich sehr schwermüthig, und spricht übrigens von dir, wie ich über dich denke. Er sang gestern dein Lob vor meinem Vater so gut und so zur Zeit, daß er mir die größte Lust gemacht hat, das seinige zu singen. In der That, ich fand Verstand, Witz, Feuer in seiner Unterhaltung, Seine Stimme hebt sich, und sein Auge belebt sich, wenn er von edlen Handlungen spricht, wie es bei Solchen der Fall ist, die selbst ihrer fähig sind. So spricht er auch mit Theilnahme über Gegenstände des Geschmacks, unter Anderem über die italienische Musik, die er bis in die Wolken erhebt; ich glaubte meinen armen Bruder wieder zu hören. Uebrigens spricht er mehr mit Kraft als mit Anmuth, und ich fand sogar seine Art und Weise harsch. [Rèche im Original; wozu R, bemerkt: ,,Provinzialismus, hier im bildlichen Sinne. Im eigentlichen bedeutet es eine Fläche, die sich rauh anfühlt und einen unangenehmen Schauder verursacht, wenn man darüber hinstreicht, wie eine recht dichte Bürste oder Utrechter Sammet."] Adieu, mein Freund.

      Fünfundvierzigster Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich war erst beim zweiten Lesen deines Briefes, als Milord Eduard Bomston eintrat. Da ich dir immer so viel Anderes zu sagen hatte, wie hätte ich daran denken sollen, meine Julie, dir von ihm zu erzählen? Wenn man sich einander genügt, wie könnte man darauf fallen, an einen Dritten zu denken? Ich will dir aber nunmehr, da du es zu wünschen scheinst, berichten, was ich von ihm weiß.

      Er hatte den Simplon passirt, und kam nach Sion, indem er einer Chaise entgegenging, die ihm von Genf nach Brigg hätte geschickt werden sollen; und da man anschließend ist, wenn man nichts zu thun hat, so suchte er meine Gesellschaft. Wir wurden bald so genau mit einander bekannt, als ein Engländer, der von Natur nicht sehr entgegenkommend ist, es mit einem übel gestimmten Manne, der die Einsamkeit sucht, nur immer werden kann. Indessen fühlten wir, daß wir zu einander paßten; es giebt eine gewisse Uebereinstimmung der Seelen, die man im ersten Augenblicke inne wird, und nach acht Tagen waren wir vertraute Freunde fürs ganze Leben, wie zwei Franzosen es nach acht Stunden für die ganze Zeit bis zur nächsten Trennung gewesen sein würden. Er erzählte mir von seinen Reisen, und da ich wußte, daß er ein Engländer ist, glaubte ich, daß er mir von Architecturen und Gemälden erzählen würde. Bald bemerkte ich mit Vergnügen, daß er über Bilder und Denkmäler das Studium der Sitten und der Menschen nicht vernachlässigt hatte. Er sprach jedoch auch über die schönen Künste mit vielem Urtheil, aber mäßig und ohne Prätension, Ich merkte, daß sein Urtheil mehr auf Gefühl als auf Kenntniß gegründet war und mehr die Wirkung als die Kunstregeln vor Augen hatte, woraus ich um so mehr schloß, daß er eine gefühlvolle Seele habe. Für die italienische Musik schien er mir wie dir Enthusiast; er gab mir sogar Proben zu hören, denn er hat einen Virtuosen bei sich: sein Kammerdiener spielt sehr gut Violine und er selbst so ziemlich Violoncelle. Er suchte mehre Stücke aus, die seiner Meinung nach sehr pathetisch waren; aber sei es nun, daß der mir neue Styl ein geübteres Ohr erforderte, oder daß der Reiz der Musik, der bei schwermüthiger Stimmung so süß ist, bei tiefen Leiden seine Kraft verliert, genug, diese Stücke machten mir wenig Vergnügen; ich fand die Melodien allerdings gefällig, aber wunderlich und ausdruckslos.

      Es war auch von mir die Rede und Milord erkundigte sich theilnehmend nach meiner Lage. Ich sagte ihm Alles, was er davon zu wissen brauchte. Er schlug mir eine Reise nach England vor, malte mir eine glückliche Lage aus, die ich in keinem Lande finden kann, wo Julie nicht ist. Er sagte mir, daß er den Winter in Genf, den nächsten Sommer in Lausanne zubringen würde; er wolle dann, ehe er zum zweiten Male nach Italien ginge, nach Vevay kommen; er hat Wort gehalten und wir haben uns mit erneutem Vergnügen wiedergesehen.

      Von Temperament, glaube ich, ist er lebhaft und aufbrausend, aber ich halte ihn für tugendhaft und charakterfest. Er thut sich etwas auf Philosophie zu Gute, und auf jene Grundsätze, welche wir einst besprochen haben. Aber im Grunde, dünkt mich, ist er das von Gemüth, was er sich einbildet aus Methode zu sein; und der stoische Anstrich, den er seinen Handlungen giebt, besteht in weiter nichts, als daß er das, wozu ihn sein Herz treibt, mit schönen Reden aufputzt. Ich habe indeß zu meinem Bedauern erfahren, daß er verschiedene Händel in Italien gehabt und sich mehrmals geschlagen hat.

      Ich weiß nicht, was du Harsches in seinen Manieren findest; in der That sind sie nicht entgegenkommend, aber ich bemerke auch nichts Abstoßendes darin. Ob er gleich sich bei erstem Begegnen nicht so offen zeigt, wie sein Herz ist, und die kleinen Gesellschaftsmanieren verachtet, ist er doch darum, wie mir scheint, nicht weniger angenehm im Umgange. Wenn er nicht jene gemessene und wohl berechnete Höflichkeit besitzt, die einzig und allein das Aeußerliche wahrnimmt, und die uns unsere jungen Officiere aus Frankreich mit herüberbringen, so hat er dafür die natürliche und menschliche, welche sich weniger darauf zu Gute thut, auf den ersten Blick den Stand und Rang eines Menschen zu unterscheiden, sondern alle Menschen insgemein achtet. Soll ich es dir ehrlich heraussagen? Der Mangel an Zierlichkeit ist ein Fehler, welchen die Weiber nicht vergeben, selbst dem Verdienste nicht, und ich fürchte, auch Julie ist hier einmal Weib gewesen.

      Da ich mit der Aufrichtigkeit im Zuge bin, so will ich dir noch sagen, meine anmuthige Predigerin, daß es vergeblich ist, meinen Rechten ein Schnippchen schlagen zu wollen, und daß man eine heißhungrige Liebe nicht mit Predigten abspeist. Denke, denke an die versprochenen und schuldigen Entschädigungen, denn alle die Moral, welche du mir aufgetischt hast, ist sehr gut; aber, was du auch sagen magst, das Chalet war doch noch besser.

      Sechsundvierzigster Brief.

       Von Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Also immer und immer, Freund, das Chalet! die Geschichte von diesem Chalet liegt dir fürchterlich auf dem Herzen; und ich sehe schon, auf Tod und Leben muß ich dir für das Chalet Rede stehen. Aber ist dir

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