Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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Leben, das so nothwendig zur Erhaltung des ihrigen ist. Ich unterwerfe mich, nicht ohne Bangen, aber ohne Murren, Allem, was Sie über sie und über mich verfügen werden. Ja noch mehr: ihr Glück ist genug, mich zu trösten, wenn ich elend werden muß, und ich werde zufrieden sterben, wenn Sie ihr einen Gatten geben, der ihrer würdig ist. Ach! möge er gefunden werden, der Mann, der zu mir sagen darf: Ich werde sie besser zu lieben wissen als du! Madame, wenn er Alles hat, was mir fehlt, es ist umsonst; wenn er nicht mein Herz hat, wird er für Julie nichts haben: ich aber habe nichts als mein redliches, zärtliches Herz, Ach weh! und so habe ich Nichts, Die Liebe, die Alles ausgleicht, hebt nicht die Person, sie hebt nur das Innere. O, hätte ich nur meinem Inneren folgen dürfen, wie oft würde mein Mund, wenn ich mit Ihnen sprach, den süßen Namen Mutter ausgesprochen haben!

      O trauen Sie Schwüren, die nicht leichtsinnig ausgesprochen werden, und einem Manne, der kein Betrüger ist. Wenn ich einst Ihre Achtung hintergangen habe, so hatte ich zuerst mich selbst hintergangen. Mein unerfahrenes Herz erkannte die Gefahr erst, als es zu spät war, ihr zu entrinnen, und ich hatte damals noch nicht von Ihrer Tochter die grausame Kunst gelernt, die Liebe durch sich selbst zu besiegen, eine Kunst, die sie mir seitdem so trefflich gelehrt hat Verbannen Sie Ihre Furcht, ich beschwöre Sie. Giebt es Jemanden auf der Welt, dem ihre Ruhe, ihr Glück, ihre Ehre theurer wären als mir? Nein, mein Herz und mein Wort sind Ihnen Bürgen für das, was ich im Namen meines edeln Freundes wie in meinem eigenen verspreche. Seien Sie versichert, daß keine Indiscretion begangen werden wird, und ich werde den letzten Seufzer aushauchen, ohne daß man erfahren soll, welcher Schmerz meine Tage endete. Beschwichtigen Sie daher denjenigen, welcher Sie aufzehrt und der mir den meinigen noch verbittert; trocknen Sie diese Thränen, die mir die Seele ausreißen; stellen Sie Ihre Gesundheit wieder her und erstatten Sie der zärtlichsten Tochter, die je gelebt, das Glück, auf das sie Ihretwegen verzichtet hat; seien Sie selbst glücklich durch sie; mit Einem Worte, leben Sie, um ihr das Leben lieb zu machen. Ach! Juliens Mutter zu sein ist trotz aller Verirrungen der Liebe noch immer ein Loos, schön genug, um sich Glück zu wünschen, daß man lebe.

      Dritter Brief.

       Von Juliens Liebsten an Frau v. Orbe.

       Inhaltsverzeichnis

       (Einschluß des vorigen.)

      Hier, Grausame, meine Antwort, Lesen Sie sie und zerfließen Sie in Thränen, wenn Sie mein Herz kennen, und wenn in dem Ihrigen noch Gefühl ist; vor allen Dingen aber, erdrücken Sie mich nicht wieder mit dieser unbarmherzigen Hochachtung, die Sie mir so theuer verkaufen, und aus der Sie mir die Qual meines Lebens machen.

      Ihre barbarische Hand hat es also dreist zerrissen, dieses süße Band, das sich unter Ihren Augen fast von Kindheit auf geknüpft hatte und an welchem Ihre Freundschaft mit so großer Freude Theil zu nehmen schien! Also ich bin nun so elend, als Sie mich haben wollen und als ich es nur werden konnte! Ach, kennen Sie den Umfang des Unheils, das Sie stifteten? Fühlen Sie wohl, daß Sie mir die Seele ausreißen, daß es für das, was Sie mir rauben, keinen Ersatz giebt, und daß es tausend Mal besser ist, zu sterben als nicht für einander zu leben? Was reden Sie mir von Juliens Glück? Kann es eines für sie geben, ohne daß das Herz zufriedengestellt sei? Was reden Sie mir von der Gefahr ihrer Mutter? Ach, was ist das Leben einer Mutter, meiner, Ihrer, Juliens selbst, was ist das Dasein der ganzen Welt gegen das köstliche Gefühl, das uns vereinte? Sinnlose, unmenschliche Tugend! ich gehorche deiner Stimme ohne mein Verdienst; ich verabscheue dich, während ich Alles deinetwegen thue. Was sind die leeren Trostgründe gegen die lebendigen Schmerzen der Seele? Geh, trübseliges Götzenbild der Unglücklichen, du vermehrest nur ihr Elend, indem du ihnen die letzten Mittel raubest, die das Glück ihnen gelassen hat. Doch, ich will gehorchen; ja, Grausame, ich will gehorchen; ich will fühllos werden, wenn es möglich ist, und unmenschlich wie Sie. Ich will vergessen mein Alles, das Einzige, was mir auf der Welt theuer war. Ich will nie mehr hören, noch aussprechen, weder Juliens Namen, noch den Ihrigen. Ich will es mir nie wieder zurückrufen, das unerträgliche Andenken. Ingrimm, unbändiger Zorn macht mich hart gegen dieses zu schwere Geschick, Verstocktheit soll mir den Muth ersetzen. Es hat mich zu viel gekostet, ein fühlendes Wesen zu sein; besser der Menschlichkeit entsagen!

      Vierter Brief.

       Frau v. Orbe an Juliens Liebsten.

       Inhaltsverzeichnis

      Sie haben mir einen betrübenden Brief geschrieben, aber in Ihrem Handeln ist so viel Liebe und Tugend, daß man die Bitterkeit in Ihren Klagen darüber vergißt; Sie sind zu großmüthig, als daß man den Muth haben könnte, mit Ihnen zu schelten. Mag man noch so hitzig auffahren, wenn man es so versteht, sich dem geliebten Gegenstande zum Opfer zu geben, so verdient man mehr Lob als Vorwürfe, und Ihren kränkenden Worten zum Trotz waren Sie mir nie so theuer, als seitdem ich so ganz erst Ihren Werth kenne.

      Danken Sie der Tugend, die Sie, wie Sie sagen, hassen, und die mehr für Sie thut, als Ihre Liebe selbst. Uns alle, die Tante nicht ausgenommen, haben Sie verführt durch ein Opfer, dessen Werth auch sie ganz fühlt. Sie hat Ihren Brief nicht ohne tiefe Rührung lesen können; sie hat sogar die Schwachheit gehabt, ihn ihrer Tochter sehen zu lassen, und die Anstrengung, welche die arme Julie machte, beim Lesen ihre Seufzer und ihre Thränen zurückzuhalten, zog ihr eine Ohnmacht zu.

      Die zärtliche Mutter, die schon Ihre Briefe tief bewegt hatten, fängt nach Allem, was sie sieht, zu merken an, wie sehr eure beiden Herzen außer der gewöhnlichen Regel sind, und wie sehr eure Liebe einen Charakter von natürlicher Seelengemeinschaft an sich hat, den die Zeit und menschliche Bemühungen nicht vertilgen werden, Sie, die selbst so sehr des Trostes bedarf, möchte gern ihre Tochter trösten, wenn der Wohlstand sie nicht zurückhielte, und ich sehe sie zu nahe daran, ihre Vertraute zu werden, als daß sie nicht mir verzeihen sollte, es gewesen zu sein. Sie ließ sich gestern so weit gehen, daß sie in ihrer Gegenwart, vielleicht ein wenig unbehutsam [Ei, Clara, sind Sie hier denn weniger unbehutsam? Und wird es das letzte Mal sein, daß Sie es sind?], sagte: Ach, wenn es nur von mir abhinge ....! Obgleich sie an sich hielt und nicht ausredete, sah ich an dem heißen Kuß, den Julie auf ihre Hand drückte, daß sie sie nur zu wohl verstanden hatte. Ich weiß sogar daß sie mehrmals mit ihrem unbeugsamen Gatten hat reden wollen, aber fürchtete sie nun, ihre Tochter der Wuth eines erzürnten Vaters auszusetzen oder fürchtete sie für sich selbst, ihre Aengstlichkeit hat sie immer davon zurückgehalten, und ihre Schwäche, ihr Leiden nimmt so sichtlich zu, daß ich fürchte, sie wird außer Stande sein, ihren Entschluß auszuführen, noch ehe sie ihn recht gefaßt hat.

      Wie dem sei, trotz der Fehltritte, an denen Sie Schuld sind, hat die Redlichkeit der Schmerzen, die sich in eurer beider Liebe kund giebt, ihr eine solche Meinung von Ihnen beigebracht, daß sie sich auf euer beiderseits gegebenes Wort, den Briefwechsel abzubrechen, verläßt, und keine Anstalt gemacht hat, ihre Tochter sorgsamer zu bewachen. In der That, wenn Julie ihr Vertrauen nicht rechtfertigte, würde sie ihrer Liebe nicht mehr werth sein, und man müßte euch beide erwürgen, wenn ihr fähig wäret, noch einmal die beste der Mütter zu betrügen und die Achtung zu mißbrauchen, die sie euch zollt

      Es ist nicht meine Absicht, eine Hoffnung in Ihrem Herzen wieder zu entzünden, die ich selbst nicht hege, ich will Ihnen nur zeigen, wie wahr es ist, daß das Rechtschaffenste auch immer das Klügste ist und daß, wenn Ihrer Liebe noch irgend eine Aussicht bliebe, sie aus der Seite des Opfers liegt, das Ehre und Vernunft von Ihnen heischen. Mutter, Verwandte, Freunde, Alles ist jetzt für Sie, nur der Vater nicht, den man nie gewinnen wird oder allein auf diesem Wege. Was für eine Verwünschung Ihnen auch ein Augenblick der Verzweiflung auspreßt, Sie haben uns tausend Mal bewiesen, daß kein Weg sicherer zum Glücke führt, als der der Tugend. Erreicht man es, so ist es durch sie reiner,

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