Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон

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Gesammelte Werke von Cicero - Марк Туллий Цицерон

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genannt; das Andere heisse das Natürliche, und dieser Theil, verbunden mit dem Sittlichen, vollende das glückliche Leben. (§ 59.) Von allen jenen angenehmen Dingen, die sie zwar Güter nennen, aber die sie nicht höher stellen, als Zeno, welcher leugnet, dass sie zu den Gütern gehören, ist das Sittliche und Löbliche bei Weitem das vorzüglichere; wenn aber ein zwiefaches Sittliche vorliege, von denen das eine mit Gesundheit, das andere mit Krankheit verbunden ist, so könne man zwar darüber nicht zweifeln, zu welchem von beiden die Natur selbst uns führen werde; allein trotzdem sei die Macht der Sittlichkeit so gross und sie übertreffe alles Andere so sehr, dass der Mensch sich durch keine Strafe und keinen Lohn von dem abbringen lassen werde, was er als recht erkannt habe; vielmehr könnten alle Schwierigkeiten, Widerwärtigkeiten und Unfälle durch die Tugenden, mit welchen die Natur uns geschmückt habe, zu nichte gemacht werden. Dies sei zwar nicht so leicht und jene Dinge seien von Bedeutung; denn was hätte man sonst so Grosses an der Tugend; aber unser Urtheil müsse immer dahin gehen, dass in diesen Dingen nicht die Hauptsache für das glückliche oder unglückliche Leben enthalten sei. (§ 60.) Kurz, die Dinge, welche Zeno schätzbar, annehmbar und naturgemäss genannt hat, nennen Jene Güter, und das glückliche Leben besteht nach ihnen aus den genannten Dingen, oder wenigstens aus den meisten und wichtigsten davon. Zeno nennt dagegen nur das ein Gut, was wegen seiner eigenthümlichen Schönheit zu erstreben ist, und nur das ein glückliches Leben, was tugendhaft verlebt wird.

      Kap. XXII. In der Sache selbst wird zwischen mir und Dir, mein Cato, keine Meinungsverschiedenheit bestehen; in der Sache sind wir überall einig; nur geben wir den Dingen verschiedene Namen. Auch Zeno hat dies wohl gewusst, allein er ergötzte sich an glänzenden und hochklingenden Worten; denn wenn er es so meinte, wie er sprach, so bliebe kein unterschied zwischen ihm und dem Pyrrho und Aristo. Wenn er aber mit Diesen nicht einer Meinung war, wozu nutzte es da, sich von Denen, mit welchen er in der Sache einig war, in den Worten zu trennen? (§ 61.) Wenn nun die Schüler des Plato und deren Zuhörer wieder lebendig würden und zu Dir sprächen: Wir hören, mein Cato, dass Du der Philosophie eifrig ergeben, ein Mann voll Rechtlichkeit, der beste Richter, der gewissenhafteste Zeuge seiest und wundern uns deshalb, weshalb Du uns den Stoiker nachsetzest, die über die Güter und Uebel ganz so denken, wie Zeno es von dem Polemo gelernt hatte, und nur sich solcher Ausdrücke bedienen, die zwar beim ersten Hören Bewunderung erwecken, aber wenn man ihren Sinn erkannt hat, nur das Lachen erregen. Wenn Du diese Ansichten billigst, weshalb hältst Du sie nicht mit den richtigen Worten fest? Wenn das Ansehn der Person Dich bestimmt hat, so ziehst Du also uns Allen und selbst dem Plato Einen, ich weiss nicht, wie ich ihn nennen soll, vor? Zumal da Du im Staate Dich auszeichnen willst, hättest Du von uns am besten ausgerüstet und belehrt werden können, um den Staat mit Deiner ganzen Würde zu schützen. Denn wir haben dies untersucht, beschrieben, verzeichnet und gelehrt, und über die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten und über die Arten, Zustände, Veränderungen, Gesetze, Einrichtungen und Sitten der Staaten ausführliche Bücher verfasst. Ebenso hättest Du für die Beredsamkeit, welche auch den vornehmsten Männern zur grossen Zierde gereicht und in welcher Du ein Meister sein sollst, aus den Denkmälern unsres Geistes Vieles lernen können. – Wenn jene Männer so zu Dir gesprochen hätten, was hättest Du ihnen wohl antworten können? – (§ 62.) Thue Du dies lieber für mich, sagte er, da Du ja auch für Jene gesprochen hast; oder ich möchte Dich um ein wenig Zeit für meine Antwort bitten, wenn ich nicht vorzöge, jetzt nur Dich zu hören und die Antwort für jene auf eine andere Zeit zu versparen, wo ich Dir antworten werde.

      Kap. XXIII. Nun, mein Cato, wenn Du die Wahrheit ihnen in Deiner Antwort sagen wolltest, so müsstest Du folgendermassen sprechen: Diese Männer von so grossem Geiste und bedeutendem Ansehn hätten Dir zwar nicht misfallen; aber Du hättest bemerkt, dass die Dinge, welche sie wegen der alten Zeiten noch wenig erkannt hatten, von den Stoikern durchschaut worden seien; diese hätten sie scharfsinniger untersucht und sie ernster und eindringender aufgefasst; denn sie hätten zuerst es ausgesprochen, dass die Gesundheit nicht zu erstreben, sondern nur zu wählen sei und dass sie nicht als Gut einen Werth habe, sondern weil sie nicht für nichts zu achten sei; obgleich auch die Männer, welche sie zu den Guten rechnen, sie deshalb nicht höher stellen. Du hättest es nicht ertragen können, dass jene Alten, jene Langbärte, wie wir von den Unsrigen zu sagen pflegen, ein Leben für wünschenswerther und besser und erstrebenswerther gehalten hätten, wo mit dem sittlichen Verhalten auch eine gute Gesundheit, ein guter Ruf und Vermögen verbunden sei, als ein Leben, wo man zwar auch ein rechtschaffener Mann aber »in vielerlei Weise« wie der Alcmäon bei Ennius

      ». . . . . von Krankheit geplagt sei, verbannt und in Elend.«

      (§ 63.) Jene Alten hätten ein solches Leben weniger scharfsinnig ein wünschenswerthes, vorzüglicheres und glücklicheres genannt; dagegen hätten die Stoiker es nur als ein solches bezeichnet, was man bei der Wahl vorzuziehen habe, nicht weil es glücklicher, sondern naturgemässer sei; auch hätten ihnen alle Menschen, die nicht weise wären, für gleich elend gegolten. Die Stoiker hätten es nämlich bemerkt, die Aeltern aber übersehen, dass Menschen befleckt mit Vatermord und allen Verbrechen keineswegs elender seien als die, welche bei einem züchtigen und rechtschaffenen Lebenswandel nur jene vollendete Weisheit noch nicht erreicht hätten. (§ 64.) Und hier hast Du jene ganz unpassenden Gleichnisse vorgebracht, die man von den Stoikern zu hören bekommt; denn das weiss allerdings Jeder, dass, wenn Mehrere aus der Tiefe des Meeres sich erheben, die, welche der Oberfläche des Wassers schon nahe sind, dem Athem holen zwar näher sind, als die noch in der Tiefe befindlichen, aber trotzdem so wenig wie diese schon Athem holen können. Also soll es nichts helfen, wenn man in der Tugend vorschreitet, und soll man vor der Erlangung der Tugend immer gleich unglücklich sein, weil bei dem Wasser dies nichts nützt, und weil die kleinen Hündchen, die bald sehen werden, ebenso blind sind als die nur erst gebornen? Dann müsste auch Plato, weil er die Weisheit noch nicht sah, geistig so blind gewesen sein, wie Phalaris.

      Kap. XXIV. (§ 65.) Jene Gleichnisse, mein Cato, passen hier nicht, weil in den Fällen dieser Gleichnisse, wenn man auch schon grosse Fortschritte gemacht hat, doch noch die Lage dieselbe bleibt, der man entgehen will, so lange man nicht völlig herausgekommen ist; denn der im Wasser kann nicht eher Athem holen, bis er aufgetaucht ist, und die Hündchen sind, ehe ihre Augen sich geöffnet haben, ebenso blind, als wenn sie immer blind bleiben würden. Dagegen kann man als Gleichniss setzen, dass Jemand schwache Augen hat oder dass ein Anderer körperlich siecht; diese bessern sich durch ihre Kur von Tag zu Tag und der Eine wird täglich wohler und der Andere lernt täglich besser sehen. Diesen gleichen Alle, welche nach der Tugend streben; ihre Fehler, ihre Irrthümer nehmen ab; Du müsstest denn meinen, dass T. Gracchus der Vater, nicht glücklicher als sein Sohn gewesen sei, da Jener den Freistaat befestigen und Dieser ihn umstürzen wollte. Trotzdem war der Vater kein Weiser (denn wo und wenn giebt es einen solchen; woher kommt er, oder wo ist er?), vielmehr war er glücklicher, weil er dem Lobe und der Ehrenhaftigkeit nachstrebte, und in der Tugend schon weit vorgerückt war. (§ 66.) Lass uns Deinen Grossvater Drusus mit G. Gracchus vergleichen, der beinah sein Zeitgenosse war. Die Wunden, welche Letztrer dem Freistaate schlug, heilte Jener. Wenn nichts so elend macht, als Gottlosigkeit und Verbrechen, so kann man zwar zugeben, dass alle unwissende elend seien, wie dies auch richtig ist; allein das Elend Dessen, der dem Vaterland beisteht, und Dessen, der es vernichten will, ist nicht gleich gross. Deshalb ist eine grosse Erleichterung der Fehler bei Denen vorhanden, welche einige Fortschritte zur Tugend gemacht haben. (§ 67.) Ihr erkennt an, dass ein Fortschritt zur Tugend statthaben, könne, aber bestreitet, dass eine Minderung der Fehler möglich sei. Indess verlohnt es sich der Mühe, den Grund, womit diese scharfsinnigen Männer dies beweisen wollen, näher zu betrachten. Sie sagen, dass in Wissenschaften und Künsten, wo das Höchste noch wachsen könne, auch das entgegengesetzte Höchste noch zunehmen könne; aber zum Höchsten der Tugend, könne nichts hinzukommen und deshalb könnten auch die Fehler nicht wachsen, da sie nur das Gegentheil der Tugenden seien. Aber soll denn das Klare durch das Zweifelhafte beseitigt, oder nicht vielmehr das Zweifelhafte durch das Klare gelöst werden? Es ist doch klar, dass der eine Fehler grösser ist als der andere; dagegen ist es zweifelhaft, ob bei dem höchsten Gut, wie Ihr es fasst, noch eine Steigerung eintreten kann, und Ihr versucht somit das Klare durch das Zweifelhafte

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