Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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Wassermassen, wie sie zischend und brausend der finstern Nacht entstiegen, und dann ruhig und vereint dem nahen Fluße zueilten. — Wohl mehrmalen mußte mich der gute Priester mahnen, daß unser Standpunkt hier eben nicht zu den sichersten und bequemsten gehöre, und daß es bereits Zeit sein dürfte ihn zu verlassen. — Ich hatte ganz vergessen auf die Unsicherheit des Bodens, der uns trug, und bemerkte kaum die mächtigen, heißen Dampfwolken, die uns oft umhüllten, und beinah zu ersticken drohten, so daß wir auch öfters mit ganz benäßtem Gesichte mehrere Schritte zurück weichen mußten. Ein Glück, daß die Wässer äußerst wenig Schwefel enthalten, sonst hätten wir wohl schwerlich so lange da oben verweilen können.

      Der Fels, auf welchem diese Quellen entspringen, besteht aus einer röthlichen Masse, und auch das Flußbett, in welches das Wasser abläuft, ist ganz mit röthlichen Steinchen bedeckt.

      Auf dem Rückwege sahen wir in der Nähe einer Kothe abermals eine merkwürdige Naturerscheinung. — Es ist da nämlich ein Kessel, in dessen Tiefe das Wasser heftig kocht und siedet, und neben dem Kessel sind zwei unförmliche Löcher, aus welchen periodenmäßig Dampfsäulen mit großem Getöse empor wirbeln. Während dieß geschieht, füllt sich der Kessel immer mehr und mehr mit Wasser, doch nie so hoch, daß er überläuft, oder daß die Quelle in die Höhe springt; dann läßt Dampf und Getöse in jenen beiden Oeffnungen nach, und das Wasser im Kessel sinkt wieder mehrere Fuß tief zurück.

      Dieß seltsame Spiel währt gewöhnlich eine Minute , und es erneuert sich so periodisch, daß man beinah eine Wette eingehen könnte, das Steigen und Fallen des Wassers, so wie das stärkere und mindere Brausen des Dampfes während einer Stunde 60-65 Mal zu sehen und zu hören.

      In Verbindung mit diesem Kessel steht ein anderer , der ungefähr hundert Schritte entfernt in einer kleinen Niederung liegt, und ebenfalls mit kochendem Wasser angefüllt ist. —Wie nun das Wasser im obern Kessel nach und nach versiegt, fängt es hier unten an zu brausen und zu lärmen, steigt im Kessel empor, und springt endlich zwei bis drei Fuß hoch in die Luft; dann sinkt es wieder zurück und erneuert so fortwährend sein Spiel, stets wechselnd mit dem im obern Kessel.

      Bei der obern Quelle befindet sich auch ein Dunstbad. Es besteht aus einem Kämmerchen, das knapp an dem Kessel liegt, aus Steinen gebaut, mit Rasen überlegt und mit einer niedrigen schmalen Oeffnung versehen ist, durch die man halb kriechend hinein gelangt. Der Boden besteht aus Steinplatten, die vermuthlich über einer heißen Quelle liegen, denn sie sind sehr erhitzt. — Wer nun dieses Bad gebrauchen will, begibt sich in dieß Kämmerchen, und verschließt sorgfältig jede Oeffnung, wodurch sich bald eine erstickende Hitze erzeugt, die den ganzen Körper in heftigen Schweiß bringt. Dieß Bad wird jedoch höchst selten von dem Volke benützt.

      Bei der Rückkehr hatte ich noch den Kessel mit der Springquelle zu besuchen, die ganz nahe an der Kirche in einer schönen Wiese sich befindet, und um die eine kleine Steinwand gezogen ist, damit das Vieh im Eifer des Grasens nicht zu nahe kömmt, und abgebrüht wird. — Ungefähr 80 Schritte von dieser Quelle entfernt ist noch das Vollbad zu sehen, welches Snorri Sturluson errichtet hatte. —Es besteht aus einem steinernen Becken von 3-4 Fuß Tiefe und bei 18-20 Fuß im Durchmesser. Einige Stufen führen da hinab, und im Innern ist eine niedere steinerne Bank, welche rund herum läuft. Das Wasser ist von der nahen Springquelle hergeleitet, hat aber noch eine solche Hitze, daß es unmöglich ist, sich darin zu baden, ohne es abzukühlen. — Es steht unter freiem Himmel, und man sieht nirgends eine Spur einer einstmaligen Ueberdeckung. — —

      Jetzt dient es als Waschplatz für die Schafwolle und Wäsche.

      Ich hatte nun alle merkwürdigen Quellen auf dieser Seite des Thales gesehen. — Jene Dampfsäulen, welche man am entgegengesetzten Ende des Thales aufsteigen sieht, kommen von heißen Quellen, die außer ihrer Hitze nichts Interessantes bieten sollen.

      Als wir zurückkehrten, führte mich der Priester auch auf den Friedhof, der etwas abseits von seiner Wohnung lag, und wies mir da die vorzüglichsten Gräber. Ich fand diesen Anblick zwar recht schön, aber eben nicht sehr erquicklich, wenn ich an die herannahende Nacht dachte, die ich in ihrer Mitte, in der Kirche zuzubringen hatte.

      Die Grabeshügel sind sehr hoch, und auf den meisten steht eine Art hölzernen Sarges, so, daß es aussieht, als wäre der Verstorbene hier ausgesetzt. — Ich konnte mich kaum eines unheimlichen Gefühles erwehren, und — so weit geht die Macht des Vorurtheils — ich gestehe meine Schwäche — wurde sogar verleitet, den Priester zu ersuchen, einen der Deckel zu öffnen. — Obwohl ich wußte, daß der Todte tief in der Erde und nicht im Sarge ruhe, stand ich dennoch während der Zeit als der Deckel geöffnet wurde, mit großer Beklommenheit daneben, glaubte den Todten zu erblicken, und sah nur, — was mir der Priester schon vorher gesagt hatte, — einen Grabstein mit den üblichen Inschriften, der durch diese sargähnliche Bedeckung gegen die Winterstürme der rauhen Natur geschützt wird.

      Unmittelbar vor dem Eingange der Kirche ist der Grabeshügel, unter welchem die Gebeine des berühmten Dichters Snorri Sturluson [Die Geschichte sagt von diesem großen isländischen Dichter, daß durch seinen Verrath die freie Insel Island unter den norwegischen Scepter gekommen sei. Er durfte sich deßhalb in Island nirgends ohne große Bedeckung zeigen, und besuchte den Althing zu Thingvalla stets in Begleitung eines kleinen Heeres von 5 bis 600 Mann, In Reikiadal wurde er endlich in seinem Hause von seinen Feinden überfallen, deren Streichen er nach kurzer Vertheidigung erlag.] ruhen; sein Grab ist mit einem schmalen Runensteine bedeckt, der so lange ist, wie das Grab. Er soll einst ganz mit Runenzeichen bedeckt gewesen sein; nun gingen aber über ihn durch mehr als 500 Jahre alle Stürme und Gewitter, und diese verlöschten, da er in keinem Sarg lag, jede Spur davon. — Auch der Stein selbst ist der Länge nach in zwei Stücke zersprungen. — Der Grabeshügel wird oft erneuert, so daß man glauben konnte, ein frisches Grab vor sich zu haben. — Ich pflückte alle Schmalzblümchen, die diesem Hügel entsprossen, und legte sie sorgfältig in ein Buch. — Vielleicht kann ich manchem meiner Landsleute eine Freude machen, mit solch einem Blümchen von dem Grabe des größten isländischen Gelehrten.

      19. Juni.

      Um meine Reise ungehindert fortsetzen zu können, miethete ich frische Pferde, und ließ die meinigen, die noch etwas ermüdet waren, leer mitgehen. — Der Zweck dieses ferneren Ausfluges war, die höchst merkwürdige Höhle Surthellir zu besuchen, welche von hier gute sieben Meilen entfernt ist. Der Priester war abermal so gütig für Alles zu sorgen, und selbst meinen Mentor dahin zu machen.

      Wir zogen, zwar nur drei Köpfe stark, doch mit sieben Pferden von dannen, und ritten bei zwei Meilen denselben Weg zurück, den ich gestern früh von Reikholt gekommen war; dann aber wendeten wir uns links und gelangten über Hügel und Höhen in andere Thäler, die theils von den schönsten Lavaströmen durchzogen, theils mit herrlichen Waldpartieen — natürlich, wie bereits gesagt, nur nach Isländer Meinung — bedeckt waren. — Ja, die einzelnen Stämmchen dieser magern Gestrüppe waren sogar noch etwas höher als jene im Thale Thingvalla.

      Zu Kalmannstunga ließen wir die leeren Pferde zurück, und nahmen einen Mann, der uns als Führer in der Höhle dienen sollte, zu welcher wir nun noch anderthalb Meilen zu reiten hatten. Das große Thal, in welchem diese Höhle liegt, gehört zu den merkwürdigsten von Island. — Es ist ein vorzügliches Bild vulkanischer Zerstörung. — Die schönsten Lavamassen, in den pittoreskesten Formen und in allen Farben, füllen das ganze unübersehbare Thal aus. Da sieht man die Lava in glasigem krausen Zustande, und die herrlichsten Zeichnungen und Arabesken bildend, oder in ungeheuern Platten, die theils einzeln liegen, theils wie aufgeschwemmt übereinander geschichtet sind, und dazwischen thürmen sich große mächtige Ströme, die mitten im Laufe erstarrt sein mußten. — Man kann aus den verschiedenen Farben der Lava, aus ihren Uebergängen vom lichtgrauen bis zum schwarzen, die zu verschiedener Zeit stattgehabten Ausbrüche erkennen. — Die das Thal umgebenden Berge sind größtentheils von dunkler

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