Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
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Ich nahm, trotz der bedeutend größeren Entfernung, den Rückweg nach Reikjavik über Grundivik und Keblevik, um die unwirthbarste der bewohnten Gegenden Islands kennen zu lernen. —
Die erste, drei Meilen lange Tour von Krisuvik nach Grundivik ging über lauter Lava-Felder, die meist aus kleinen Steinblöcken und Gerölle bestanden, und die Thäler so ausfüllten, daß auch nicht das kleinste grüne Plätzchen zu sehen war. Hier traf ich auf Lavaströme anderer Art, die einen unbeschreiblich schönen Anblick gewähren.
Es waren 10-12 Fuß hohe, in den verschiedensten Formen ausgethürmte schwarze Massen, deren untere Theile mit weißlichem Moose, wie mit einem dichten Reife überzogen waren, während die obern als Spitzen und Zacken emporragten und häufig durchbrochen, die sonderbarsten Aufsätze und Gestalten bildeten.— Diese Lavaströme scheinen aus neuerer Zeit zu stammen, da die Massen mehr schlackenartig und glasig sind.
Grundivik, ein kleines grünes Plätzchen mit einigen elenden Kothen, liegt wie eine Oase in dieser Schlacken-Wüste.
Mein Führer wollte hier bleiben, indem er behauptete , zwischen hier und Keblevik sei kein Ort, wo ich ein Nachtlager finden würde, und bis nach Keblevik zu reiten sei für unsere Pferde, die noch von den gestrigen schlechten Wegen ermüdet seien, doch gar zu weit. — Es war ihm aber nur darum zu thun, die Reise um einen Tag zu verlängern.
Ich führte aber zum Glücke eine gute Karte bei mir, aus der ich die Entfernung so ziemlich beurtheilen konnte; auch erkundigte ich mich stets vor dem Antritte einer Reise um die tägliche Einteilung derselben.
Ich drang also auf die Weiter-Reise, und bald ging es wieder fort durch lauter Lavafelder nach dem drei Stunden von Grundivik entfernten Oertchen Stad.
Auf dieser Tour fiel mir ein Berg auf, der sich wunderbar ausnahm. Er hatte eine vollkommene Eisenfarbe, war von allen Seiten glatt, beinahe glänzend, und nur hin und wieder mit gelb braunen, ockerähnlichen Streifen durchzogen.
Stad ist der Sitz eines Priesters.— Gegen die Behauptung meines Führers fand ich diesen Ort viel hübscher und wohnlicher, als Grundivik. — Während die Pferde ruhten, machte mir der Priester seine Aufwartung, und führte mich — nicht etwa, wie ich erwartete in sein Haus, nein, in die — — Kirche, da ließ er Stühle und einen Fußschemel hinbringen, stellte mir seine Frau und seine Kinder vor, und bewirthete mich mit Kaffee, Butter, Käse u.d.gl. — Auf dem Geländer um den Altar hingen die Kleider des Priesters und seiner Familie, die sich von denen des Bauervolkes nur sehr wenig unterschieden.
Der Priester selbst schien mir ein recht belesener und unterrichteter Mann zu sein. Ich sprach schon so ziemlich dänisch, und konnte mich daher mit ihm über Vieles unterhalten. Als er erfuhr, daß ich bereits in Palästina gewesen war, stellte er mir eine Menge Fragen, aus welchen ich entnehmen konnte, daß er in der Geographie, Naturgeschichte, Völkerkunde u.s.w. sehr bewandert war. — Er begleitete mich zwei Stunden , die wir recht angenehm verplauderten.
Die Entfernung von Krisuvik nach Keblevik beträgt gegen neun Meilen. — Der Weg führt immerfort durch die erstorbensten Gegenden, durch große öde Thäler, die oft fünf bis sechs Meilen im Umfange haben, die durchaus jeder Vegetation entbehren und in ihrer ganzen Ausdehnung mit Lavamassen überdeckt sind, — — düstere Bilder vulkanischer Revolutionen! — Und doch sah ich hier an diesem Haupt-Herde des Feuers nur einen einzigen Berg, welcher oben eingesunken war, und daher einem Krater glich. Alle übrigen waren vollkommen geschlossen, und endigten in einer schönen runden Kegelform, oder ganz spitz, oder bildeten lange schmale Rücken.
Wer kann sagen, woher diese Alles verwüstende Lavamassen sich ergoßen, und wie viel Jahrhunderte schon sie versteinert in diesen Thälern liegen?! —
Keblevik liegt am Meere, besitzt aber einen nur unsichern Hafen, in welchem die Schiffe so kurze Zeit als möglich vor Anker bleiben; man sieht oft auch kaum mehr als 2-3 Schiffe im Hafen.
Einige hölzerne Häuser, von welchen zwei Herrn Knudson gehören, und einige Kothen bilden die ganzen Baulichkeiten dieses Oertchens. — Bei Herrn Siverson, dem Faktor Herrn Knudson's, fand ich eine sehr gute Aufnahme und Erholung von der heutigen angestrengten Tagreise.
Auch den folgenden Tag (6. Juni) hatte ich bis Reikjavik einen starken Ritt, gute acht Meilen, zu machen, und zwar wieder größtentheils über Lavafelder.
Man nennt auch die ganze Gegend von Grundivik bis gegen Havenfiord, die Lavafelder von Reikianes.
Müde und halb erstarrt kam ich Abends in Reikjavik an, mit keinem andern Wunsche, als mich so bald als möglich zur Ruhe zu begeben.
Ich hatte in diesen drei Tagen 25 Meilen gemacht, und dabei viel von Kälte, Sturm und Regen ausgestanden. Die Wege waren zu meinem Erstaunen größtentheils gut gewesen; doch gab es auch viele Stellen, die im höchsten Grade beschwerlich waren.
Aber all' diese Beschwerden und Mühseligkeiten, wie so schnell waren sie schon nach der ersten Nachtruhe vergessen, während das gesehene Einzig-Schöne, diese wirklichen Wunder des Nordens, mir unvergeßlich blieben, und meinem Gedächtnisse hoffentlich nie entschwinden werden! —
Von Reikjavik bis Krisuvik | 8 Meil. |
Von Krisuvik bis Keblevik | 8½ “ |
Von Keblevik bis Reikjavik | 8½ “ |
25 Meil. |
Reise nach Reikholt (Reikiadal) und der Grotte Surthellir.
Da die Witterung gut und schön war, wollte ich keine Zeit versäumen, meine Wanderungen nach und nach fortzusetzen. — Ich hatte nun eine Tour von ungefähr 130 deutschen Meilen zu machen, und mußte daher noch ein Pferd mehr mitnehmen, theils um demselben mein Bischen Gepäck, welches aus einem Kissen, Roggenbrod, Käse, Kaffee und Zucker bestand, aufzuladen, theils, und hauptsächlich, um täglich wechseln zu können, da ein Pferd die Mühen einer großen Reise nicht ausgehalten haben würde.
Mein erster Führer konnte mich auf dieser Reise nicht begleiten, weil er der meisten Wege unkundig war. Meine gütigen Beschützer Herr Knudson und Herr Bernhöft hatten übermal die Güte, für einen Andern zu sorgen; eine schwere Aufgabe, da man selten auf einen nüchternen Mann trifft, und zugleich auch auf einen solchen, der der dänischen Sprache mächtig ist. Endlich wurde ein tauglicher Bauer gefunden, dem waren aber 2 fl. C.M. täglich zu wenig, und ich mußte per Tag noch einen Zwanziger (1/3 Gulden) zulegen, dagegen wurde ausbedungen, daß auch er zwei Pferde haben müsse, um täglich wechseln zu können.
Der 16. Juni war zur Abreise bestimmt. Mein neuer Führer zeigte sich schon am ersten Tage nicht von der besten Seite. Er ließ seinen Pferdesattel erst an demselben Morgen unserer Abreise zusammenflicken und kam statt mit zwei Pferden, nur mit einem. Freilich versprach er, einige Meilen von hier ein zweites zukaufen, da er, entfernter von der Hauptstadt, billiger dazu käme. Doch vermuthete ich gleich, daß dieß nur eine Ausrede sei, und er dadurch blos der Mühe, auf vier Pferde zu sehen, entgehen wollte, — und richtig wurde nirgends ein zweites taugliches Pferd gefunden, und mein armes Thierchen mußte auch noch des Führers Bedarf tragen.
Das