Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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den Monaten Juni und Juli änderte sich das Ding ein wenig zu meinem Vortheile. Da bekamen wir häufig trefflichen Lachs, manchmal gebratenes Lammfleisch und mitunter auch Vögel, worunter die Moosschnepfen besonders gut waren. — Des Abends kam Butter, Käse, kalter Fisch, geräuchertes Lammfleisch oder Eier von den Eidergänsen, die etwas minder zart schmeckten als die Hühnereier, — und an diese Kost ward ich mit der Zeit auch so gewöhnt, daß mir weder Suppe noch Rindfleisch abging, und ich mich vollkommen wohl dabei befand.

      Mein Getränk bestand aus gutem frischem Wasser; die Männer tranken am Eingange der Mahlzeit ein Gläschen Brandwein. Alle aber während der Mahlzeit Bier, das Herr Bernhöft selbst braute, und sehr gut schmeckte. — An Sonntagen verirrte sich sogar manchmal eine Flasche Bordeaux oder Portwein an unsere Tafel. — Und so wie im Hause des Herrn Bernhöft gelebt wurde, lebt man auch in jenen der Kaufleute und der Beamten.

      Ich war in Reikjavik auch Zeuge einer großen Kirchenfeierlichkeit. Es wurden drei Canditaten zur Priesterwürde erhoben. — Obwohl hier Alles lutherisch ist, so glaube ich doch, daß der Ritus hin und wieder von jenem des europäischen Festlandes abweichen mag, und ich will daher die nähern Umstände erzählen. Die Feierlichkeit begann um zwölf Uhr Mittags, und endete erst um vier Uhr. Vor Allem fiel mir auf, daß sich die Leute beim Eintritt in die Kirche, so wie auch beim Austritt aus derselben, auf einen Augenblick das Gesicht bedeckten, und zwar die Männer mit den Hüten, die Frauen mit den Taschentüchern. In der Kirche saßen die meisten mit dem Gesichte gegen den Altar gewendet, manche aber auch umgekehrt. Die Priester waren so gekleidet wie die unsrigen, und es schien eine Art Messe zu beginnen, die sammt dem ersten Evangelium ziemlich mit der unsrigen verglichen werden konnte. — Nun aber ward alles anders. Da trat bald der Bischof mit den Geistlichen an den Altar, und verrichtete daselbst Ceremonien, bald stieg der Eine auf die Kanzel und las ein Stück Predigt oder sang einen Psalm, während die Andern sich auf Stühle setzten und zuzuhören schienen, bald stieg wieder ein zweiter oder dritter auf die Kanzel, oder es wurden abermal am Altare Predigten gehalten und Psalmen gesungen, oder auch zu gleicher Zeit auf der Kanzel Predigten abgelesen und am Altare Ceremonien verrichtet. Die Meßkleider wurden bald umgenommen, und bald abgelegt, und sehr oft hieß es Amen; doch begann die Geschichte immer wieder von Neuem, und währte, wie gesagt, bis vier Uhr. — Diese unendliche Abwechslung fiel mir um so mehr auf, da gewöhnlich bei den Lutheranern die Kirchen-Ceremonien höchst einfach und einförmig sind.

      Ich fand bei dieser Feierlichkeit ziemlich viel Landvolk versammelt, und hatte daher die beste Gelegenheit ihre Landestracht zu studieren. — Die Weiber und Mädchen sind ganz in schwarzem groben Wollzeuge gekleidet. Der Anzug selbst besteht aus einem langen Rocke, einem Spenser und einer gefärbten Schürze. Der Kopf ist mit einer schwarzwollenen Männerschlafhaube bedeckt, die in einer umgestülpten Spitze endigt, an welcher eine lange Quaste von Seide oder Wolle hängt, die bis an die Schulter hinab fällt. Dieser einfache Kopfputz steht recht gut, da Alt und Jung eine Fülle von Haaren hat, die malerisch um Kopf und Hals und Nacken fällt. Sie tragen das Haar ungebunden, und nicht länger als bis an die Schulter, — bei Manchen ist es auch etwas weniges gelockt. — Unwillkührlich fielen mir die poetischen Schilderungen der Dichter ein, wenn sie begeistert von den goldgelockten Engelsköpfchen ihrer Ideale schwärmten. — Ja, die Haare sieht man hier wohl auf solche Weise tragen, und von Skalden mögen auch unsere Dichter jene Schilderungen entlehnt haben. — Was aber die schönen Gesichtchen betrifft, die- da heraus lächeln und schmachten, die blieben ein ungeschmälertes Verdienst ihrer Fantasie.

      Putz sieht man sehr wenig. Unter der ganzen Versammlung bemerkte ich nur vier Weiber oder Mädchen, die etwas geschmückter waren, als die andern. — Bei diesen waren die Leisten des Spensers und der Gürtel mit einer zwei Zoll breiten in Silber gestickten Guirlande geziert, der Rock war von feinem schwarzen Tuche, und unten mit einer färbigen, handbreiten, seidenen Borte besetzt. Um den Hals hatten sie eine Art steifer, handbreiter Kragen, von schwarzem Sammt, mit einer Guirlande in Silber gestickt, und auf dem Kopfe trugen sie, nebst einem umgebundenen schwarzseidenen Tüchelchen, noch einen ganz sonderbaren Aufsatz. Dieser Aufsatz bestand in einem Halbbogen, der am Hinterkopfe befestiget war, und 5—6 Zoll hoch frei über der Stirne schwebte. Er war mit weißem Perkail in gelegten Falten überzogen. Seine Breite mag rückwärts 1½ Zoll betragen, gegen vorne erweitert er sich aber auf 5—6 Zoll.

      Die Männer fand ich beinah so gekleidet wie unsere Bauern. Sie trugen dunkle Tuchhosen, Spenser und Westen, einen Filzhut oder eine Pelzkappe, und nur statt der Stiefel ein Stück Schaf- Kuh- oder Seehundsfell, in Form von Schuhen, mittelst eines Riemens um den Fuß befestiget. — Diese Art Fußbekleidung tragen auch die Weiber, ja sogar die Kinder der Kaufleute und Beamten.

      Gar so ärmlich und abgerissen gekleidete Leute, wie man deren nur zu viele in großen Städten findet, sah ich hier nur höchst selten, — — ohne Schuhe und gute warme Strümpfe, gar Niemanden.

      Die bessern Stände—Kaufleute, Beamte u.dgl. sind französisch, und zwar ziemlich nach der Mode gekleidet. Es fehlt da weder an Seiden- noch an andern Stoffen. Manches wird von England, das meiste von Dänemark herüber gebracht.

      Am Geburtstage des Königs, der alljährlich beim Stiftsamtmanne gefeiert wird, soll es recht pomphaft zugehen; da erscheinen die Frauen in Seide, die Mädchen in weißen Linnen, — die Beleuchtung besteht aus Milli-Kerzen.

      Ein spekulativer Kopf hat auch eine Art Clubb errichtet. Er hält nämlich ein oder zwei Zimmer, wo sich die Städter des Abends versammeln und Theewasser, Butterbrod, auch eine Flasche Wein oder eine Bowle Punsch erhalten können. Im Winter veranstaltet er in diesem Locale sogar Bälle, die Eintrittskarte à 20kr. Da versammeln sich die Honoratioren und Handwerksleute, kurz: Alles, was nur irgend Lust hat. Da soll es ganz republikanisch zugehen. Der Schuster führt die Gattin des Stiftsamtmannes zum Tanze, und der Stiftsamtmann dagegen die Frau oder Tochter des Schusters oder des Bäckers u.s.w. Die Credenz besteht in Theewasser und Butterbrod, und die Beleuchtung in Talglichtern. Das Gräßlichste soll aber die Musik sein, eine Art Violine mit drei Saiten und eine Pfeife.

      Im Sommer machen die Honoratioren häufige Reitpartieen, bei welchen es aber durchaus nicht an Lebensmitteln aller Art fehlen darf. Meistens steuern Alle zusammen; die Einen geben die Weine, die Andern Kuchen, die Dritten Kaffee u.s.w. Die Damen reiten auf schönen englischen Sätteln, sie tragen hübsche Reitkleider und recht nette Männer-Filzhütchen mit grünen Schleiern. — Doch finden natürlich alle diese Unterhaltungen nur in Reikjavik statt, denn außer diesem Städtchen gibt es, wie schon gesagt, in ganz Island keinen einzigen Ort, der aus mehr als höchstens 2—3 Kaufläden, und 5—6 Kothen bestände.

      In Reikjavik fand ich zu meinem größten Erstaunen in den verschiedenen Familien sechs Quer-Fortepianos, und hörte Walzer von unserm beliebtesten Compositeur, auch Variationen von Herz und Einiges von Liszt, Wilmers und Thalberg, — aber wie gespielt? ! Ich glaube kaum, daß diese Herren ihre Compositionen erkannt haben würden.

      Schließlich muß ich noch Einiges über das Reisen in diesem Lande bemerken.

      Die beste Zeit hiezu ist vom halben Juni bis höchstens Ende August. Früher sind die Ströme durch das viele Schneewasser zu sehr angeschwollen und reißend, und daher sehr gefährlich sie zu durchreiten. Auch manches Schneefeld, das die Sonne noch nicht ganz vertilgte, und Schluchten und Lava-Massen deckt, muß der Reisende überschreiten. Da ist nun die Gefahr nicht minder groß. Man sinkt beinahe bei jedem Tritte ein, und muß noch Gott danken, wenn nicht die ganze, bereits mürbe Decke einbricht. — Im Monat September fangen oft schon die heftigen Stürme und Regen an, und auch Schneegestöber ist da täglich zu gewärtigen.

      Ein Zelt, Lebensmittel, Kochgeschirr, Polster, Decken und warme Kleider sind höchst nothwendig. — Mir würde dieß zu viel Unkosten verursacht haben; ich hatte nichts dergleichen bei mir, — war daher auch den schrecklichsten Entbehrungen und Mühen ausgesetzt, und mußte oft die angestrengtesten Ritte machen, um ein Kirchlein, oder eine Kothe zur Nachtherberge zu erreichen. Acht bis zehn Tage lebte ich oft nur von Käse

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