Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
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Gleich neben diesem Brunnen liegt eine Kaserne, an dem Brunnen selbst ist beständig Militär aufgestellt, um mit dem Stocke Frieden zu stiften.
Das Städtchen Suez sieht man von hier aus sehr deutlich am Meere ausgebreitet liegen. Die bedauernswürdigen Städter müssen ihren Wasserbedarf entweder hier, oder zwei Stunden unterhalb Suez an der Meeresküste holen lassen. Ersterer Transport geschieht durch Kameele, Pferde und Esel, letzterer zu Meer aus Booten und kleinen Schiffen.
Das Meer zeigt sich hier ziemlich schmal und eingerahmt in gelbbräunlichen Sand, dann gleich über der Meerenge selbst ist die Fortsetzung der großen lybischen Flugsandwüste. Der Gebirgszug des Mokkatam zieht auf der rechten Seite der Wüste von Kairo an das rothe Meer. Man verliert diese Kette ganz aus dem Gesichte, bis auf die letzten zehn, zwölf Stunden, bevor man Suez erreicht Dieses Gebirg ist nicht hoch und ganz kahl, ober dennoch ruht der Blick mit Vergnügen auf den verschiedenartigen Formen seiner Felsen.
Nachdem wir über eine Stunde am Brunnen geruht hatte, ohne für unsere armen Thiere Wasser erlangen zu können, beeilten wir uns, die Stadt zu erreichen. Um 9 Uhr früh befanden wir uns bereits in ihren Mauern. Über Stadt und Gegend ist nichts zu sagen, als daß beide einen höchst traurigen Anblick gewähren. Von einem Garten oder auch nur von einigen Bäumen ist nirgends etwas zu sehen.
Ich machte dem Herrn Konsul meine Aufwartung und stellte mich ihm als österreichische Unterthanin vor. Er war so gütig, mir in seinem Hause ein Zimmer anzuweisen, und ließ mich durchaus in keinem Gasthofe absteigen. Schade, daß ich nur durch einen Dragoman mit ihm sprechen konnte. Als geborner Grieche sprach er nur seine Muttersprache und arabisch. Er ist der reichste Kaufmann in Suez (man schätzt ihn auf 150,000 Collonati), was viel sagen will, und bekleidet die Stelle eines Konsuls von Oesterreich und Frankreich nur als Ehrenposten.
In dem Städtchen selbst ist gar nichts Merkwürdiges zu sehen. Am Meere zeigte man mir die Stelle, wo Moses die Israeliten hindurch führte. Das Zurücktreten des Meeres zur Ebbezeit ist hier so außerordentlich, daß ganze Inseln zum Vorschein kommen, und daß zu dieser Zeit auch heutigen Tages noch immer ganze Karavanen durchziehen, weil dann das Wasser den Kameelen nicht einmal bis an den Bauch reicht. Die Beduinen und Araber gehen sogar durch. Da es gerade Ebbezeit war, so ritt auch ich durch, um wenigstens sagen zu können: ich habe es den Israeliten gleich gethan. Am Ufer fand ich einige hübsche Muscheln, doch fischt man die wahren Schätze dieser Art erst einige Tagesreisen höher hinauf bei Ton. Von Perlmuttermuscheln sah ich ganze Ladungen transportiren.
Ich blieb bis vier Uhr Nachmittags in Suez, wo ich durch eine herrliche Mahlzeit und ziemlich gutes Wasser meine Kräfte wieder vollkommen hergestellt hatte. Der Konsul läßt den Bedarf des Trinkwassers sechs Stunden weit herbringen, denn alles nähere Wasser schmeckt salzig. Er war so gütig, mir eine Flasche Wasser mit auf dem Weg zu geben. Im Gasthofe zu Suez kostet eine Flasche Wasser zwei Piaster.
Die erste Nacht meiner Rückreise brachte ich theils in einem Beduinen-Lager, theils auf dem Wege in Gesellschaft der einen oder andern Karavane zu. Die Beduinen lernte ich als gute, gefällige Menschen kennen, ich konnte mich ungestört hinbegeben wo ich wollte, und wurde von ihnen nie im Geringsten beleidigt. Im Gegentheile brachten sie mir, als ich mich in ihrem Lager befand, eine Kiste und eine Strohmatte, um mir einen guten Sitz zu bereiten.
Die Rückreise war eben so einförmig, langweilig und ermüdend wie die Hinreise, mit dem einzigen Unterschiede, daß ich am letzten Tage noch einen Zank mit meinen Leuten hatte. Ich war nämlich durch einen sehr anhaltenden Ritt äußerst ermüdet und befahl meinem Diener die Kameele einzuhalten, weil ich einige Stunden schlafen wolle. Allein der Spitzbube wollte nicht gehorchen und gab vor, die Gegend sei unsicher, und wir müßten trachten, eine Karavane zu erreichen. Dieß war jedoch nichts als eine Ausrede, um so schnell als möglich nach Hause zu kommen. Ich ließ mich aber nicht abschrecken, und bestand auf meinem Begehren. Ich gab vor, mich neuerdings beim Konsul in Suez wegen der Sicherheit erkundigt und erfahren zu haben, daß durchaus nichts zu fürchten wäre. Dessen ungeachtet gehorchten sie nicht und zogen fort. Nun wurde ich böse und befahl dem Diener abermals, mein Kameel stehen zu lassen, indem ich fest entschlossen sei, keinen Schritt weiter zu gehen.
Kameele und Leute, sagte ich ihm, hätte ich gemiethet, folglich hätte ich auch zu befehlen; wolle er nicht gehorchen, so möge er nur sammt dem Kameeltreiber weiter ziehen. Ich würde mich dann an die erste Karavane, die käme, anschließen, und ihn, sollte mich die Klage noch so hoch kommen, schon vor Gericht zu finden wissen. Der Kerl ließ nun mein Kameel stehen und zog mit den Andern und mit dem Treiber fort. Vermuthlich dachte er, mich auf diese Art zu schrecken, so, daß ich ihm gleich folgen würden; — aber da irrte er sich; — ich blieb fest auf meinem Platze stehen, und so oft er sich umsah, winkte ich ihm, nur fort zu gehen, ich würde da bleiben. Da er nun meine Unerschrockenheit und Festigkeit sah, kehrte er um, kam zu mir, ließ mein Kameel niederknien, half mir herab und bereitete mir auf dem Sande ein Plätzchen, wo ich bei fünf Stunden unvergleichlich schlief. Dann ließ ich zusammenbacken, stieg wieder auf und zog fort.
Durch dieß Benehmen schreckte ich die Kerls so, daß sie mich stets nach einem Ritte von mehreren Stunden fragten, ob ich rasten wolle oder nicht. Der Kameeltreiber wagte es nicht einmal bei der Ankunft in Kairo, um den gewöhnlichen Backschisch zu bitten, und der Diener bat um Verzeihung und zugleich, daß ich dem Herrn Konsul nichts von diesem Auftritte sagen möchte.
Die größte Hitze auf dieser Reise betrug 43 Grad R., und wenn kein Luftzug ging, war es so glühend heiß, daß man zu ersticken fürchten mußte.
Die Reise von Kairo nach Suez kann man auch zu Wagen, und zwar in zwanzig Stunden machen. Der englische Wirth, welcher in Kairo etablirt ist, ließ eigens zu dieser Reise einen äußerst leichten viersitzigen Wagen bauen, welcher von vier Pferden gezogen wird. Ein Platz darin kostet aber fünf Pfund Sterling für die Hinreise, und eben so viel für die Rückkehr.
Den folgenden Tag fuhr ich wieder wie früher auf einer arabischen Barke nach Alexandrien.
Vor meiner Abreise hatte ich noch einen tüchtigen Streit mit meinem gewöhnlichen Eseltreiber. Diese, wie überhaupt alle Fellahs, betrügen und übervortheilen die Fremden, wo sie nur können, besonders aber mit dem Gelde. Da haben sie meistens falsche Münzen bei sich, welche sie im Augenblicke der Bezahlung geschickt wie ein Taschenspieler umtauschen. So machte es mein Eseltreiber, als ich zur Barke ritt, ebenfalls; weil er nun wohl wußte, daß ich seiner nicht mehr bedürfe, wollte er mich zu guter Letzt noch prellen. Dieser Betrug ärgerte mich dermaßen, daß ich, obwohl ganz allein unter diesem Volke, mich doch nicht enthalten konnte, ihm mit der Reitgerte, die ich noch in der Hand hielt, ernstlich zu drohen. Dieß wirkte, er trat seinen Rückzug an, und ich hatte meinen Prozeß gewonnen.
Man würde sich sehr irren, wenn man dächte, ich theile dergleichen Begebenheiten mit, um etwa mit meinem Muthe zu prahlen. Ich glaube, wer es weiß, daß ich die mühevolle Reise allein unternahm, der wird mich schwerlich unter die Furchtsamen zählen. Man möge aus solchen kleinen Erlebnissen nur entnehmen, wie man mit diesen Leuten umgehen muß. Nur durch festen Willen kann man ihnen imponiren, und ich bin überzeugt, sie fanden dieß Benehmen an einer Frau so außerordentlich, daß sie sich dadurch nur um so mehr einschüchtern ließen.
IX. Rückreise von Kairo nach Alexandrien und Malta.
5. September 1842.