Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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viel durch Wasser reiten; ja, wo es für unsere Esel zu tief war, uns sogar hinüber tragen lassen. In Giseh ging ich in Ermanglung eines Gasthauses, zu dem Kapellmeister, Herrn Klinger, an den ich von Kairo einen Empfehlungsbrief mitgebracht hatte. Herr K. ist ein geborner Böhme und als Musiklehrer der militärischen Jugend in den Diensten des Vicekönigs von Egypten. Ich ward hier sehr gut aufgenommen, und Herr K. hatte eine große Freude, wieder einmal mit Jemanden deutsch sprechen zu können. Wir unterhielten uns von Beethoven und Mozart, von Strauß und Lanner, nur von den jetzigen Bravour-Kompositeurs Thalberg, Liszt u. A. — war noch nichts bis hierher gedrungen.

      Ich ersuchte meinen gütigen Wirth. mich in die Anstalt der Hühnerbruten zu führen, die in Giseh ihren Sitz hat. Er sandte nach dem Aufseher, aber zufälligerweise war er abwesend und hatte die Schlüssel eingeschlossen. In dieser Anstalt werden nämlich in den beiden Monaten März und April bei achttausend Stück Eier durch künstliche Wärme gezeitigt. Die Eier werden auf große flache Räume gelegt, und von unten in beständig gleich warmer Temperatur erhalten und täglich mehrmals umgewendet. Wenn tausend und tausend Hühnchen der Schale entsteigen, werden sie gleich verkauft, aber nicht nach Zahl oder Gewicht, sondern nach dem Maß. Diese Brutanstalt macht das Geflügel billig und häufig.

      Nach einem angenehm verplauderten Abend suchte ich, ermüdet vom Ritte und von der Hitze, mein Lager und freute mich sehr, auf dem weichen, elastischen Divan, der mir so freundlich entgegen lächelte, Kraft und Erholung für den kommenden Morgen sammeln zu können. Da bemerkte ich, als ich vom Divan Besitz nehmen wollte, an der Wand eine Unzahl kleiner, schwarzer Flecken. Ich nahm das Licht, um zu sehen, was es sei. Bald wäre mir vor Schreck der Leuchter entfallen, die ganze Wand war voll Wanzen. So etwas sah ich noch im Leben nicht. Nun war es vorbei mit Schlaf und Ruhe. Ich setzte mich auf einen Stuhl, und wartete bis Alles still und ruhig war. Dann schlich ich in die Vorhalle, und legte mich, in meinen Mantel gehüllt, auf die Steine.

      Dem einen Ungeziefer entging ich, dem größeren aber, den zahllosen Mücken, blieb ich dennoch verfallen. So viele schlechte Nachtquartiere mir bereits auf meiner Reise geworden waren, dieses blieb das schlechteste.

      Dagegen war es mir aber auch sehr leicht, lange schon vor Sonnenaufgang zur Weiterreise bereit zu seyn. Noch vor Tagesanbruch beurlaubte ich mich bei meinem freundlichen Wirthe und ritt mit meinem Diener dem Riesenwerke zu. Da wir der Überschwemmung wegen auch heute wieder viele Umwege und Überfahrten machen mußten, gelangten wir erst nach anderthalb Stunden an den breiten Nil-Arm, der uns von der lybischen Wüste, in welcher die Pyramiden stehen, trennte, und über den ich mich von zwei Arabern mußte tragen lassen —eine der angenehmsten Expeditionen, die man sich denken kann. Zwei große, starke Männer stellten sich neben einander, ich mußte mich auf ihre Achseln setzen, und mich an ihren Köpfen halten, während sie wieder meine Füße horizontal über die Fluthen hielten. Diese gingen ihnen bei manchen Stellen beinahe bis an die Achsel, daß ich oft schon im Wasser zu sitzen glaubte. Dabei schwankten die Träger immer hin und her, weil sie nur mit vieler Mühe und Kraftanstrengung dem Strome widerstehen konnten, so daß ich hinab zu fallen fürchtete. Diese unangenehme Passage dauerte über eine Viertelstunde. Nun hatten wir noch eine Viertelstunde durch tiefen Sand zu waten und standen am Ziele unserer kleinen Reise.

      Natürlich sieht man die beiden kolossalen Pyramiden gleich außer der Stadt, und behält sie fast immer im Auge, allein auch hier war meine Erwartung und Vorstellung, die ich mir von ihnen gemacht hatte, viel größer gewesen; ich fand diese Riesenwerke nicht so überraschend. Ihre Höhe erscheint jetzt nicht mehr so außerordentlich, weil ein bedeutender Theil des untern Bodens versandet und dadurch dem Auge entzogen ist; auch steht weder Baum noch Hütte, noch sonst etwas in der Nähe, wodurch der Unterschied der Höhe mehr heraus gehoben würde.

      Da es noch ziemlich früh und daher kühl war, zog ich es vor, die Pyramiden von außen zu ersteigen und dann erst hinein zu gehen. Mein Diener zog mir die Ringe vom Finger und steckte sie sorgfältig ein. Er sagte mir, diese Vorsicht sei höchst nöthig, weil die Kerle, die Einem an den Händen auf die Pyramiden hinauf ziehen, so geschickt die Ringe abzustreifen wüßten, daß man es selten bemerke.

      Ich nahm zwei Araber, welche mir bei gar hohen Steinen die Hände reichten, und mich so hinauf zogen. Wer im Geringsten den Schwindel zu fürchten hat, der unternehme diese Partie ja nicht, er wäre rettungslos verloren. Man denke sich, eine Höhe von fünfhundert Fuß ohne Geländer und ohne bequeme Treppe zu erglimmen. Nur an einer einzigen Kante der Pyramide sind die ungeheuern Steine so viel von einander gearbeitet, daß sie wohl eine Art Treppe bilden, aber natürlich eine der beschwerlichsten, die es geben kann, indem viele dieser einzelnen Blöcke über vier Schuh hoch sind, ohne daß man an ihnen ein Plätzchen fände, den Fuß einzusetzen, um sich hinauf zu schwingen. Da stiegen denn immer die zwei Araber zuerst hinauf, reichten mir die Hände und zogen mich auf diese Art von einem solchen Block auf den andern. Über die kleineren kletterte ich lieber allein. Nach drei Viertelstunden gelangte ich auf die höchste Spitze der Pyramide.

      Träumend und sinnend stand ich lange da, und konnte es kaum fassen, daß auch ich unter die kleine Zahl gehöre, die so glücklich sind, den höchsten und unzerstörbarsten Bau menschlicher Kunst und menschlichen Fleißes anzustaunen und bewundern zu können. Im ersten Augenblicke war ich kaum fähig einen Blick von dieser schwindelnden Höhe herab in die Tiefe und in die Ferne zu werfen, ich betrachtete nur die Pyramide und mußte mich ordentlich mit dem Gedanken vertraut machen, daß kein Traum mich daher gezaubert habe. Nach und nach erst kam ich zu mir selbst und betrachtete die weit unter mir ausgebreitete Landschaft. Von diesem Punkte aus konnte ich das Riesenwerk besser ermessen und ward mehr von seiner Größe hingerissen, als von unten, denn hier that es der Höhe keinen Eintrag, daß der untere Theil der Pyramide versandet war. Ich sah den Nil tief unten fließen, ich sah einige Beduinen stehen, die die Neugierde herbeigezogen hatte und von meiner Höhe betrachtet, wahrhaftigen Zwergen glichen. Ich sah im Hinaufsteigen die ungeheuern Felsblöcke im Einzelnen und in ihrem Umfange, und da begreift man wohl, daß diese Denkmäler mit Recht zu den sieben Wundern der Welt gezählt werden.

      Schon auf dem Kastell war die Aussicht schön, hier oben aber, wo der Blick durch nichts als den Horizont und das Mokkatam-Gebirge begränzt ist, war sie noch viel großartiger. Weithin konnte ich den Strom mit seinen vielen, vielen Armen und Kanälen verfolgen, bis sich der Horizont zu ihm herabneigte und das Bild von dieser Seite schloß; und die Unzahl von Gärten, die die große, ausgebreitete Stadt mit ihren nächsten Umgebungen umfing, die große Wüste mit ihren Flächen und Sandhügeln, die langgedehnte Felsenkette des Mokkatam — Alles lag vor mir ausgebreitet, und lange saß ich da, schaute um mich und dachte an all' meine Lieben daheim, mit denen ich so gerne die seligen Gefühle geheilt hätte, die mich hier erfaßten.

      Doch nun war es Zeit, nicht bloß hinabzuschauen, sondern auch hinabzugehen. Die Meisten finden das Abwärtssteigen beschwerlicher als das Hinaufklettern. Bei mir war es umgekehrt. Am Schwindel leide ich nicht, und so stieg ich mit dem Gesichte nach vorn gewendet, auf folgende Art sehr schnell und ohne Hilfe der Araber hinab. Auf den kleinen Stufen sprang ich von der einen zur andern; kam ein drei oder vier Schuh hoher Fels, so setzte ich mich nieder und ließ mich hinabgleiten, und dieß alles machte ich so schnell und behende, daß ich lange vor meinem Diener hinabkam. Selbst die Araber bezeigten ihre Freude über meine Gewandtheit und Furchtlosigkeit auf dieser gefahrvollen Passage.

      Nach einer kleinen Rast und einem eingenommenen Frühmahle ging es in das Innere. Da muß man über einen Haufen von Sand und Steinen steigen, dann geht es abwärts zum Eingange, der ziemlich schmal und so niedrig ist, daß man oft gebückt gehen muß. Den Gang, der hineinführt, hätte ich ohne die Hülfe der Araber nicht betreten können. Er ist so abschüssig und führt über polirte Steine, daß ich sammt der Hülfe meiner Führer mehr hinabglitt, als ging. Das erste Gemach, das man betritt, heißt das Zimmer der Königin, es hat ganz die Größe und Höhe eines gewöhnlichen Zimmers. Von diesem führt ein noch viel schlechterer Weg in das Zimmer des Königs. Die Araber setzten die Füße in eingehauene Löcher ein, und klammerten sich mit der einen Hand an ausgehauene Stellen, während sie mit der andern mich nach sich zogen. Auch

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