Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
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Von diesem Schreckensorte weg, führte mich mein Dragoman zu dem Brunnen Josephs, der außerordentlich tief in Felsen gehauen ist. Über zweihundert und siebzig Stufen war ich hinab gestiegen, und doch erst zur halben Tiefe des Riesenwerkes gekommen. In die zweite Hälfte sah ich hinab. Es wurde mir ordentlich schwindlich dabei.
Der neue Pallast Mehemed Ali's ist ziemlich hübsch, die Einrichtung größtentheils europäisch. Die Zimmer, man kann sagen die Säle, sind ungemein hoch und zierlich ausgemalt oder mit Seidenstoffen, Tapeten u.s.w. bekleidet. Große Wandspiegel vervielfältigen die Gegenstände, herrliche Divans sind an den Wänden angebracht, und wunderschöneTische, einige von Marmor, andere von eingelegter Arbeit oder mit Prachtgemälden verziert, stehen in den Zimmern, in deren einem ich sogar ein Billard fand. Der Speisesaal gleicht ganz einem europäischen. In der Mitte steht ein großer Tisch, an der einen Wand zwei Kredenz-Kästen, an der andern schöne Sesseln. In einem der Zimmer hing ein Oelgemälde, das Bildniß seines Sohnes, des Ibrahim Pascha [Es ist ein Werk des jungen Wiener Künstlers Leander Rust, der im Jahre 1832 Egypten besucht hat].
Dieser Pallast ist von einem kleinen Garten umgeben, der sich aber weder durch besondere Gewächse, noch durch schöne Anlagen auszeichnet. Die Aussicht von einigen Zim» mern sowohl als auch vom Garten aus, ist wunderschön.
Gegenüber dem Pallaste wird eine große Moschee gebaut, welche sich Mehemed Ali als Grabesstätte errichten läßt. Vermuthlich muß er noch auf manches Lebensjahr rechnen, denn noch viel und lange muß gearbeitet werden, um diesen schönen Bau zu vollenden. Die Säulen und Wände der Moschee sind mit dem schönsten, gelblich weißen Marmor bekleidet.
Die genannten Bauten, nämlich der Joseph's-Brunnen, der Pallast sammt Garten und die Moschee, nebst einem Kastelle stehen auf einem hohen Fels, zu welchem von Kairo aus nur eine einzige breite Straße führt. Hier übersieht man ein dreifaches Meer, nämlich: von Häusern, vom ausgebreiteten Nile und von Sand, auf welchem die hohen Pyramiden in der Ferne wie einzelne Nadeln stehen. Das Gebirge Mokattam schließt den Hintergrund, und eine Menge der herrlichsten Gärten und Dattelhaine umgeben die Stadt. Mit einem Blicke übersieht man die grellsten Gegensätze. Die üppigste Natur umschließt die Stadt gleich einem Kranze, darüber hinaus sieht man die einförmige Wüste. Die Farbe des Nils ist gerade so, wie jene des Sandes, welcher seine Ufer bildet, und die Abstufung daher unmerklich.
Auf dem Rückwege begegnete ich vielen Fellahs, die ganze Körbe voll Datteln trugen; ich ließ gleich einen davon anhalten, um diese Götterfrucht zu kaufen. Leider waren sie aber noch unreif, hart, von Farbe ziegelroth, und schmeckten so schlecht, daß ich nicht eine genießen konnte. Erst acht oder zehn Tage später gab es reife. Diese hatten die braune Farbe der getrockneten, die zarte Haut ließ sich leicht abstreifen, und sie behagten meinem Geschmacks besser, wie die getrockneten, weil sie fleischiger und nicht so süß sind, wie diese. Eine noch viel köstlichere Frucht, die edelste in Syrien und Egypten, ist die Banane, die beinahe feiner schmeckt, als Ananas, und deren Fleisch so zart ist, daß es im Munde zerfließt. Diese Frucht läßt sich nicht trocknen, man kann sie daher nicht ausführen. Zuckermelonen und Pfirsiche gibt es im Überfluße, sie waren aber nicht sehr schmackhaft. Die Weintrauben fand ich in Alexandrien besser.
Die Bazare, die wir von allen Seiten durchritten, zeigten gar nichts Besonders an Stoffen oder eigenthümlichen Kunst- und Natur-Produkten.
Ich brachte im Ganzen acht Tage in Kairo zu, und benutzte diese Zeit von früh Morgens bis Abends zur Beschauung der Merkwürdigkeiten.
Von Moscheen besah ich nur zwei, jene des Sultan Hassan und die des Sultan Amru. Um in erstere zu gelangen, mußte ich meine Schuhe ausziehen und in den Strümpfen über den, mit großen Steinplatten gepflasterten Hof schreiten. Die Steine waren von der großen Hitze so glühend, daß ich laufen mußte, um mir die Fußsohlen nicht zu verbrennen. Über die Schönheit des Baues kann ich kein Urtheil fällen, er ist zu einfach, als daß ein Nichtkenner die Schönheiten desselben heraus finden könnte. Die Moschee des Sultan Amru gefiel mir besser, sie hat mehrere Hallen, die durch viele Säulen gestützt werden. Nach meiner Ansicht dürften die Moscheen in Kairo aus einer älteren Zeit herrühren und ein ehrwürdigeres Ansehen haben als jene zu Konstantinopel, welche mir dagegen eleganter und großartiger vorkamen.
So besuchte ich auch die Insel Rodda, die gewiß den Namen eines der schönsten Gärten verdient. Sie liegt Alt-Kairo gegenüber, im Nil, und soll ein Lieblings-Spaziergang der Städter seyn. Ich war jedoch zweimal dort und traf Niemanden. Der Garten ist groß und enthält alle Gattungen tropischer Gewächse; hier sah ich das Zuckerrohr, das so ziemlich das Ansehen eines türkischen Maiskornstammes hat; die Baumwollstaude, die 5 bis 6 Schuh hoch wächst; die Banane, die kurzstämmige Dattelpalme, den Kaffeebaum u.s.w. Von Blumen erblickte ich ebenfalls eine Menge, die man bei uns nur mit großer Sorgfalt im Treibhause erzielt. Diese gesammte Pflanzenwelt ist äußerst sinnig geordnet, schön gehalten, und prangt in einer Frische, sonder gleichen. Die ganze Insel wird nämlich durch künstliche Kanäle des Abends unter Wasser gesetzt, was in Egypten bei allen Pflanzungen der Fall ist, sonst wäre es bei dieser Hitze wohl nicht denkbar, daß Alles so herrlich, frisch und grün gedeihe. Die Sorge und Aufsicht über diesen Feenhain ist einem deutschen Ziergärtner anvertraut, was ich leider zu spät erfuhr, sonst würde ich ihn aufgesucht und über Manches um eine Erläuterung gebeten haben.
In der Mitte des Gartens steht eine schöne Grotte, welche von außen und innen mit den verschiedensten Muscheln des rochen Meeres überkleidet ist und einen überraschenden Eindruck macht. An dieser Stelle, zu der mehrere Wege führen, die sämmtlich, statt mit Sand, mit kleinen Muscheln bestreut sind, soll Moses im Binsenkörbchen gefunden worden seyn. Gleich am Garten befindet sich eine Sommerwohnung Mehemed Ali's.
Die Cisterne, in welche Joseph von seinen Brüdern versenkt wurde, findet man ungefähr eine Stunde außerhalb der Stadt, in einem Dorfe an dem Wege nach Suez. Eine Viertelstunde davon wies man mir in der Mitte eines Haines von Orangen und Citronen eine ungemeine große alte Sikomore, unter welcher die heil. Familie auf ihrer Flucht der Ruhe genoß, und eine Viertelstunde hiervon entfernt, befindet sich der Garten des Boghos Bey, in dessen Mitte einer der größten und schönsten Obelisken Ober-Egyptens, noch ganz gut erhalten und mit Hieroglyphen bedeckt, steht. Der Garten ist übrigens unbedeutend. In der Nähe soll Heliopolis gestanden seyn; gegenwärtig sieht man nicht die geringste Spur davon.
Diese Partie liegt zum Theil schon in der Wüste. Anfangs zieht sich wohl die Straße durch Alleen und an Gärten vorüber, dann aber dehnt sich, während man sich links noch immer an schöne Orangen- und Citronenhaine hält, rechts die unübersehbare Wüste aus. Hier begegnete man fortwahrend ganzen Karavanen von Kameelen; Dromedare sind dagegen eine höchst seltene Erscheinung.
Ausflug zu den Pyramiden von Giseh.
25. August 1842.
Um 4 Uhr Nachmittags verließ ich Kairo, fuhr über zwei Arme des Nils, und