Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
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Da kam ein Kerl herbei, und reichte mein Kofferchen auf den Esel. Ich gab ihm für diesen kleinen Dienst einen Piaster; weil er mich aber allein sah, dachte er vermuthlich, mit mir leicht fertig zu werden, und zu bekommen, was er fordere. Er gab mir den Piaster zurück und verlangte vier. Ich nahm das Geld, und sagte ihm (zum Glücke verstand er ein wenig Italienisch), wenn er mit dieser Gabe nicht zufrieden sei, möge er mit mir auf das Konsulat kommen, dort würde ich ihm die vier Piaster geben, sobald man fände, daß er sie verdient habe. Das wollte er nicht, weil er wohl wußte, daß er für dieß unverschämte Begehren einen tüchtigen Verweis bekommen würde. Er schrie und lärmte, wie der Barken-Kapitän; allein ich war taub dafür, und ritt gegen die Douane. Da wollte er sich mit drei Piaster, dann mit zweien und zum Schluß sogar mit dem Einen begnügen, welchen ich ihm auch hinwarf. An der Douane angekommen, streckte man mir die Hände von allen Seiten entgegen; der Hauptperson gab ich Etwas, die andern ließ ich schreien. Nun ging es, nach all diesen Quälereien, der Stadt zu. Da stellte sich mir wieder eine neue Schwierigkeit entgegen. Mein Führer, ein Araber, frug mich, wo er mich hinbringen sollte? Vergebens bemühte ich mich, es ihm zu erklären — er verstand mich nicht. Nun blieb mir nichts anderes übrig, als jeden wohlgekleideten Orientalen, dem ich begegnete, italienisch oder französisch anzureden, bis einer käme der mich verstände. Zum Glücke durfte ich nicht mehr als drei ansprechen; der Letzte verstand italienisch. Ich bat ihn also, meinem Führer zu sagen, er solle mich auf's österr. Konsulat bringen; dieß geschah, und nun hatten alle Unannehmlichkeiten ein Ende.
Nach einem Ritte von drei Viertelstunden auf einer sehr breiten, schönen Straße, die an beiden Seiten mit großen, für mich ganz fremdartigen Akazien bepflanzt war, unter einem Gewühle von Menschen, Kameelen, Eseln u.s.w. gelangte ich in die Stadt, deren Gassen meist enge sind, und wo überall ein solcher Lärm und ein solches Gedränge herrscht, daß man glauben sollte, Alles wäre in Aufruhr. Aber wunderbar theilte sich immer der unendliche Haufe, und unaufgehalten setzte ich meinen Weg nach dem Konsulate fort, das in einem schmalen, kleinen Sackgäßchen verborgen liegt.
Ich ging sogleich in die Kanzlei, und stellte mich dem Herrn Konsul mit der Bitte vor, mir ein solides Gasthaus zweiten Ranges anzuweisen. Herr Konsul Chamgion nahm sich mit wahrer Güte und Herzlichkeit meiner an; er sandte gleich seinen Kavas zu einem ihm bekannten Wirthe, zahlte meinen Führer aus, bot dem Wirthe streng auf, für mich gehörig zu sorgen - kurz, er benahm sich menschenfreundlich, wie ein wahrer Christ. Zu jeder Zeit stand mir sein Haus offen, und mit jedem Anliegen durfte ich mich an ihn wenden. Mit wahrem Vergnügen sage ich diesem würdigen Manne hier nochmals meinen herzlichsten Dank.
Ich hatte einen Empfehlungsbrief an einen Herrn Palme abzugeben; der Herr Konsul war so gütig, gleich nach ihm zu schicken. Herr P. kam sehr bald und begleitete mich in den Gasthof.
Ich ersuchte Herrn P., mir vor allem Andern einen Diener zu verschaffen, der entweder italienisch oder französisch spreche, und mir dann eine Eintheilung von dem zu machen, was ich in Kairo zu besehen hätte. Herr P. erfüllte meine Wünsche mit der größten Bereitwilligkeit, und nach Verlauf einer Stunde war schon der Dragoman gefunden, und zwei Esel standen vor dem Hause, bereit, mich und meinen Diener in der ganzen Stadt herum zu tragen.
Das Gewühl, die Lebhaftigkeit und Geschäftigkeit in den Straßen Kairo's ist unerhört, ja, was doch gewiß sehr viel sagen will, die belebtesten Städte Italiens halten keinen Vergleich damit aus.
Dazu sind viele Straßen so enge, daß, wenn sich beladene Kameele begegnen, die einen immer in ein Seitengäßchen geführt werden müssen, um die andern vorbei zu lassen. In diesen engen Gassen begegnet man stets einem Schwall von Menschen, daß man wirklich bei jedem Schritt in großer Angst schwebt, und gar nicht begreifen kann, wie man da durchzudringen vermag. Aus diesem Menschenknäuel ragen Reiter zu Pferde und Esel allenthalben heraus, und Letztere erscheinen abermals als Pygmäen gegen die hohen, stolzen Kameele, die selbst unter ihrer schweren Bürde die stolze Haltung nicht verlieren. Die Menschen schlüpfen oft unter den Köpfen dieser Thiere durch, und die Reiter drängen sich knapp an die Häuser, und durch dieses Gewirre windet sich wunderbar die Masse der vielen Fußgeher, die Wasserträger, die Verkäufer, die vielen Blinden, welche ihren Weg mit einem Stock suchen, und einen Korb mit Obst, Brot und andern Lebensmitteln zum Verkaufe auf dem Kopfe tragen; die zahllosen Kinder, die theils in den Gassen umher laufen, theils an den Häusern sitzen und spielen, und endlich die egyptischen Damen, welche hier ebenfalls alle Besuche zu Esel abmachen, und mit ihren Kindern und Negerinnen im Zuge daher kommen. Hierzu denke man sich noch das Ausrufen der Verkäufer, das Geschrei der Treiber und der Ausweichenden, das Geheul der ängstlich fliehenden Weiber und Kinder, das Gezanke, das sich oft dazwischen erhebt, und die ohnehin außerordentliche Lebhaftigkeit und laute Geschwätzigkeit dieses Volkes, und man kann sich einen Begriff davon machen, wie einem Fremden dabei zu Muthe ist. Bei jedem Schritte war ich in Todesangst, und wenn ich des Abends nach Hause kam, fühlte ich mich ordentlich unwohl; da ich aber sah, daß doch nie ein Unfall geschah, gewöhnte ich mich endlich auch daran und folgte meinem Führer unbesorgt durch das ärgste Gewühl.
Die Straßen, oder besser gesagt, die Gassen Kairo's werden täglich einige Mal mit Wasser begossen; auch sind überall Brunnen und große Gefässe mit Wasser zum Gebrauche für die Vorübergehenden angebracht. Die breiten Gassen sind mit Strohmatten überdeckt, um die Sonnenstrahlen aufzuhalten.
Die Tracht der Vornehmen ist die orientalische, nur haben die reichen Frauen den Kopf und das Gesicht in ein weißes, leichtes Musselin-Tuch gehüllt; den Körper umgibt eine Art Mantille von schwarzem Seidenstoffe. Dieß verschafft ihnen ein sonderbares Aussehen. Wenn sie so daher ritten, der Wind sich in dem Kleide fing und es auseinander theilte, da sahen sie gerade aus wie — Fledermäuse mit ausgespannten Flügeln.
Von den Franken tragen sich viele orientalisch, — die Fellahs gehen beynahe nackt, und ihre Weiber haben nichts als das blaue Hemd an.
Die Vornehmen und Reichen sieht man wie im ganzen Morgenlande, immer nur zu Pferde; doch gefielen mir die egyptischen Pferde nicht so gut wie die syrischen, sie kamen mir nicht so schlank und fein gebaut vor.
Die Einwohner, deren Zahl bei 200,000 betragen soll, bestehen aus Arabern, Mameluken, Türken, Berbern, Negern, Beduinen, Christen, Griechen, Juden u.s.f. Alle — Dank sei es dem mächtigen Arme Mehemed Ali's! wohnen friedlich unter einander.
Häuser zählt Kairo 25,000; sie sind aber eben so garstig und unregelmäßig wie die Gassen. Meist aus Lehm, ungebrannten Ziegeln oder Steinen erbaut, sie haben enge, kleine Einlaßpförtchen und unregelmäßig angebrachte Fenster, die mit hölzernen, dem Auge undurchdringlichen Gittern versehen sind. Im Innern aber herrscht wie zu Damask, Pracht und Luxus, nur nicht in so hohem Grade; auch fehlt der Reichthum an frischem Wasser.
Am häßlichsten ist das Judenviertel, die Häuser sind schmutzig, die Gassen so schmal, daß sich gerade nur eine Person an der andern vorbei drängen kann.
Die ganze Stadt ist mit Mauern und Thürmen umgeben, von einem Kastelle beschützt, und in viele Quartiere getheilt, die durch Thore, welche nach Sonnenuntergang geschlossen werden, von einander abgesondert sind. Auf den Höhen um Kairo liegen einige Schlösser aus der Zeit der Sarazenen.
Als ich kreuz und quer in der Stadt herum ritt, hielt mein Führer plötzlich an, kaufte eine Menge Brot und bedeutete mir, ihm zu folgen. Ich dachte in eine Menagerie geführt zu werden, in welcher er dieses Brot den Thieren Vorwerfen würde.
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