Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer страница 61
Das Volk war ungeheuer zahlreich versammelt und drängte sich in großen Massen, und dennoch kamen wir überall mit unsern Eseln durch.
Gegen 3 Uhr suchte mein Diener einen erhöhten Platz für mich, denn nun kam bald das Sehenswürdigste, und das Gedränge und der Lärm erreichten schon den höchsten Punkt. Da sah man endlich einen stattlichen Oberpriester auf einem prächtigen Pferde daher reiten; vor ihm gingen acht bis zehn Derwische mit flatternden Fahnen, und hinter ihm eine Menge Männer, unter welchen ebenfalls wieder viele Derwische waren. In der Mitte des Platzes hielt der Zug an; einige Soldaten drängten sich zwischen das Volk, theilten es auseinander und bildeten eine Straße. Wichen die Zuschauer nicht gleich gutwillig auf die Seite, so wurden sie mit dem Stocke zurecht gewiesen, dieß Verfahren brachte schnell eine treffliche Ordnung zu Stande.
Der Zug setzte sich nun wieder in Bewegung. Die Fahnenträger und die Derwische machten so tolle Geberden, als ob sie eben dem Narrenhause entsprungen wären. Am Orte angelangt, wo die Zuschauer eine Gasse bildeten, legten sich die Derwische und viele der Männer, welche mit ihnen gekommen waren, überquer, mit dem Gesichte zur Erde gewendet, auf den Boden, und zwar so, daß alle ihre Köpfe in gleicher Linie waren. Dann — o Entsetzen! — ritt der Oberpriester Schritt vor Schritt über die Rücken dieser Unglücklichen, wie über eine Brücke. — Darauf sprangen alle wieder auf, als wäre nichts besonders vorgefallen, und mischten sich mit ihren frühern Grimassen und Lärmen unter den forteilenden Zug. Ein Einziger blieb zurück und geberdete sich, als ob ihm der Rücken wäre eingetreten worden, allein nach einigen Augenblicken ging er eben so wohlgemuth weiter, wie seine Kameraden. Jeder der Mitwirkenden schätzt sich außerordentlich glücklich, zu dieser Auszeichnung zugelassen zu werden und dieser Stolz geht sogar auf die Verwandten und Freunde über.
Schubra.
Den schönen Garten mit dem Lustschlosse des Vicekönigs von Egypten besuchte ich ebenfalls eines Nachmittags. Eine breite herrliche Straße zwischen Alleen von lauter großen Sicomoren, führt in anderthalb Stunden dahin. Gleich nach meiner Ankunft führte man mich in ein Nebengebäude, in dessen Hof ein großer schöner Elephant zu sehen war; ich hatte schon mehr dergleichen Thiere gesehen, allein so ein Prachtstück war mir noch nicht vorgekommen. Seine Größe war staunenswerth, sein Körper rein und glatt, die Haut ziemlich dunkelbraun.
Der Park ist wunderschön, die seltensten Gewächse sieht man neben unsern alltäglichen frei in der Natur voll Pracht und Blüthe gedeihen. Im Ganzen gefiel mir aber der Garten von Rodda noch viel besser. Auch der Pallast ist sehr schön. Die Plafonds der Zimmer sind hoch gewölbt und mit Verzierungen, Vergoldungen, Malereien und Marmor reich geschmückt. Die Zimmer der Gemahlin des Vicekönigs sind nicht minder prachtvoll. Von beiden Seiten führen breite schöne Treppen hinauf. Im Erdgeschosse liegt das Lieblingsgemach des Herrschers von Kairo, ganz nach Art der Damasker Empfangssäle ausgestattet. Ein Springbrunnen mit herrlichem Wasser verbreitet eine angenehme Kühle. Im Pallaste sind mehrere große Behälter für Papageien und andere der schönsten Vögel angebracht. Mehr aber, als dieß Alles, gefiel mir der unvergleichlich schöne Kiosk, der 130 Schritte lang und 100 Schritte breit, etwas entfernt vom Pallaste, und von den herrlichsten Säulengängen umgeben, im Garten liegt. Im innern Raum dieses Kiosk ist eine große wunderschöne Fontaine, und an den vier Ecken des Gebäudes sind Terrassen angebracht, über welche hinab das Wasser kleine Fälle bildet, sich mit dem Wasser der Fontaine vereint, und als ein mächtiger Strahl hoch in die Lüfte springt. Alles, der Pavillon, die Säulen, die Fußböden, die Fontaine etc. ist mit weißem und lichtbräunlichen Marmor überkleidet; der Pavillon sogar für die Beleuchtung mit Gas eingerichtet.
Von diesem Göttersitze der Lebenden ritt ich zu den Todten, in die berühmte Gräberwelt, die sich in der Wüste befindet. Man sieht da eine Menge altertümlicher Grabmäler, allein die meisten gleichen Ruinen, und ihre viel gepriesene Schönheit herauszufinden, bleibt der Einbildungskraft jedes Reisenden überlassen. Mir gefiel bloß das Grabmal der beiden Söhne Mehemed Ali's, in welchem auch die Hülle seiner Gemahlin ruht, — ein schönes Gebäude von Stein; fünf Kuppeln decken die Prachtgemächer, welche die Sarkophage enthalten.
Der versteinerte Dattelwald liegt dritthalb Stunden von Kairo entfernt; ich ritt zwar hinaus, allein viel war nicht zu sehen, höchstens hin und wieder Bruchstücke von Stämmen und einzelnen herumliegenden Holzversteinerungen. Man sagt, das Großartige dieses versteinerten Waldes beginne erst 8 oder 9 Stunden weiter, allein dahin kam ich nicht.
Während der Zeit, die ich in Kairo zubrachte, stieg die Hitze ein einziges Mal auf 36 Grad R., und ich hielt sie viel leichter aus, als ich mir vorstellte. Von Insekten oder Ungeziefer litt ich gar nichts. Nur Eßwaaren durfte ich über Nacht nicht in meinem Zimmer stehen lassen. Eine Unzahl kleiner Ameisen bemächtigte sich gleich jeder Art Nahrungsmittel und ganz besonders des Brotes. Ich ließ einst des Abends eine Semmel auf dem Tische liegen, und fand sie am andern Morgen halb ausgehöhlt, von innen und außen von diesen Thieren bedeckt. Jede Hausfrau stellt die Füße der Tische, worauf sie Lebensmitteln bewahrt, in kleine Schüsselchen, die mit Wasser angefüllt sind, wodurch die Ameisen abgehalten werden.
Ausflug nach Suez.
26. August 1842.
Mein ursprünglicher Plan war, höchstens acht Tage in Kairo zuzubringen, und dann wieder zurück nach Alexandrien zu gehen. Allein je mehr ich sah, desto mehr wurde meine Neugierde erregt, und es drängte mich immer weiter und weiter. Beinahe in allen Formen und Arten hatte ich nun das Reisen versucht, nur eine Excursion per Kameel blieb mir noch übrig. Ich erkundigte mich nach der Entfernung, nach der Sicherheit und den Kosten einer Reise nach Suez an dem rothen Meer. Die Entfernung betrug 36 Stunden, die Sicherheit verbürgte man mir, und die Kosten wurden auf 250 Piaster angeschlagen.
Ich miethete also zwei tüchtige Kameele, eines für mich, das andere für den Diener und den Kameeltreiber, und nahm nichts mit, als Brot, Datteln, ein Stückchen gebratenes Fleisch und hart gesottene Eier. Auf beiden Seiten des Kameeles wurden Schläuche mit Wasser gepackt, da wir uns für die Hin- und Rückreise damit versehen mußten.
Diese Partie macht man gewöhnlich, wenn man jeden Tag zwölf Stunden reitet, hin und zurück in sechs Tagen. Allein ich konnte erst am 26. August nach Tisch fort, und mußte, um das Dampfschiff nach Alexandrien nicht zu versäumen, längstens am 30. wieder in Kairo seyn, hatte also nur fünfthalb Tage Zeit, daher war diese Reise die anstrengendste, die ich je unternommen hatte.
Um 4 Uhr Nachmittags ritt ich vor das Stadtthor, wo die Kameele uns bereits erwarteten; wir bestiegen sie und traten unsere Reise an.
Die Wüste beginnt gleich außer dem Stadtthore, allein noch hat man zur Linken durch etwa anderthalb Stunden den Anblick des fruchtbarsten Landes, bis man endlich Stadt und Baum, und alles Grün hinter sich läßt, und auf allen Seiten von einem Sandmeere umgeben ist.
Die ersten vier, fünf Stunden gefiel mir diese Art des Reisens nicht übel. Ich hatte so viel Raum auf meinem Kameele, konnte mich bald vor, bald rückwärts setzen, hatte eine Flasche Wasser und Lebensmittel an meiner Seite, die Hitze war nicht mehr drückend, ich fühlte mich recht behaglich, und sah ordentlich stolz von meinem hohen Throne herab, auf