Rulantica (Bd. 2). Michaela Hanauer
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Das ist es! Nicht nur Venns Größe ist schuld an dem Dilemma!
»Wir zappeln zu viel«, stellt Mats fest. »Das bringt die Stängel überhaupt erst in Schwung.«
Venn schnaubt verächtlich einige Tangblätter von sich weg, prompt schwappen sie zurück und versuchen, sich um sein Maul zu ranken.
Mats entknotet seinen Freund vorsichtig und beobachtet dabei wieder ein paar der kleinen Fische. Ein leichter Anschub mit ihrem Fischschwanz und schon gleiten sie geschmeidig durch den Wald.
»So versuchen wir das jetzt auch!«, fordert er von Venn. »Du machst dich so lang und dünn wie möglich und ich bringe uns da durch!«
Behutsam lässt Mats sich von Venns Rücken gleiten. Venn brummelt zwar unwillig, legt dann aber die Vorderbeine an seinen mächtigen Körper, streckt den Kopf und den Fischschwanz und bewegt sich nicht weiter. Mats hält sich mit den Armen an Venn fest und stößt sich mit den Beinen ganz sacht ab. Der Tang streift an Mats’ Armen und Beinen entlang, aber verwickelt sie nicht mehr. Auf diese Weise kommen sie zwar nur im Seeschneckentempo voran, bleiben aber wenigstens nicht stecken. Erst nach einer endlosen Weile verlassen sie den Kelpwald.
»Wenn das so weitergeht, werden wir nicht Erste, sondern Letzte«, seufzt Mats.
Eine Spur von Odins Augen liegt wieder direkt unter ihnen, ein gutes Stück vor ihnen schwimmen mindestens drei Reiter dicht hintereinander. Soweit Mats es erkennen kann, sind es keine Veteranen, sondern seine ehemaligen Verfolger, unter ihnen Zwart.
Mist, dann hat ihn wahrscheinlich das halbe Feld überholt. Rasch blickt er sich um. Etwas höher, aber noch hinter ihm, nähern sich ebenfalls Reiter. Ein Kelpie zieht eine blaue Blutspur durchs Wasser, vermutlich wurde es von den Eisblumen getroffen, was seinem Reiter allerdings völlig egal ist, er treibt es mit dem Zweizack an.
»Jetzt aber schnell!«, ruft Mats.
Er zieht sich zurück auf Venns Rücken, klammert sich mit den Beinen und Armen fest und überlässt ihm das Rennen. Venn fliegt förmlich durch das Wasser und wäre beinahe ungebremst dem nächsten Hindernis in die Seite gerast. Gerade noch rechtzeitig zieht Mats an seiner Mähne und bringt ihn zum Halten. Ein riesiger Eishai versperrt mit seinem massigen Körper der Länge nach den Weg. Aus der Ferne hätte man ihn für einen Teil der Felsen halten können. Seine Haut ist genauso grau und zerklüftet. Leider ist er aber sehr viel gefährlicher mit seinem Maul voller spitzer Zähne, mit denen er Mats problemlos beide Beine oder gleich den ganzen Kopf abbeißen könnte.
»Eishaie sind Exenas Lieblinge«, murmelt Mats. »Aber wie kommen wir an ihm vorbei, ohne dass er uns in Stücke reißt?«
Wie zum Beweis seiner Bösartigkeit lässt der Hai seine Zahnreihe blitzen, kommt aber nicht näher. Noch nicht.
Venn schnaubt. Es klingt wie: »Unberechenbar!«
Und damit hat er völlig recht! Exenas Haie sind unberechenbar und können extrem schnell zubeißen.
»Dann sind wir eben auch unberechenbar!«, beschließt Mats.
Doch womit würde der Hai nicht rechnen? Oder im Gegenteil, womit rechnet er? Flucht oder Angriff!
»Wir machen keines von beiden!« Mats flüstert Venn seine Strategie ins Ohr.
»Vollstoff voraus!«, ruft er dann und sie halten im gestreckten Wassergalopp auf den Eishai zu. Der Hai wendet sich ihnen zu. Er erwartet den Angriff! Aber der kommt nicht. Kurz bevor der Hai zuschnappen kann, legt Venn eine Vollbremsung hin, und sie drehen sich blitzschnell in die Richtung, aus der sie gerade gekommen sind. Mats schielt über die Schulter. Der Hai glotzt ihnen kurz mit seinen trüben Augen hinterher, will sich gerade wieder umdrehen, als Venn mit seinem Fischschwanz ausholt. Mit voller Wucht klatscht er dem Hai auf die Nase, erst von der einen, dann von der anderen Seite und schließlich noch einmal kräftig in die Mitte. Bevor der Eishai kapiert, wie ihm geschieht, macht Venn erneut eine Kehrtwende und taucht unter ihm durch. Mats hält den Atem an. Wenn der Hai sie jetzt verfolgt, wird es eng. Diesmal traut er sich kaum nachzusehen. Als er es doch wagt, hat der Eishai sich in eine Felsspalte zurückgezogen, den Kopf hält er leicht gesenkt, wahrscheinlich brummt er ordentlich. Er macht keinerlei Anstalten, sie zu jagen.
»Joho, wir haben einen Hai geohrfeigt«, freut sich Mats, »der hat für heute mehr als genug!«
Hinter dem Felsenriff taucht die Silhouette der Eisstadt auf. Die letzten Meter des Løp warten auf sie. Mats’ Herz klopft bis zum Hals. Wie gut liegt er noch im Rennen? Haben sie zu lange im Kelpwald festgesteckt? Wie viele seiner Gegner hat der Hai aufgehalten? Nach ihm sicher keinen mehr! Aber wo sind die anderen?
Als ob sich durch Mats’ Gedanken eine Schleuse geöffnet hätte, kommt Bewegung in das Meer um ihn herum. Erst jetzt bemerkt er die Steinaugen, die sternförmig zum Eingang der Eisstadt führen.
Hinter ihm, neben ihm und vor ihm – überall erscheinen andere Reiter.
»Gå, gå, gå«, treiben sie ihre Kelpies an.
Besonders lautstark ist Halvor zu vernehmen, der sein Kelpie Kleng anfeuert. Sowohl um Klengs als auch um Halvors Hals hängen einige Tangblätter.
Mats schöpft neuen Mut. Wenn selbst der erfahrene Quellwächter im Kelpwald aufgehalten wurde und nicht bereits am Ziel ist, dann ist es noch nicht zu spät! Er beugt sich vor zu Venns Ohr und flüstert: »Vielleicht können wir das Rennen gewinnen!«
Er lässt seinem Kelpie freien Lauf. Ohne Tritte und ohne Geschrei, er weiß, dass Venn den Sieg genauso will wie er. Je näher sie dem Tor kommen, desto enger wird es. Zwei Reiter kommen nahezu zeitgleich von beiden Seiten auf Mats und Venn zugeschossen. Wenn sie nicht ausweichen, werden Mats und Venn eingequetscht, und genau das scheint die Absicht der zwei Reiter zu sein.
Die lange sehnige Quellwächterin zu Mats’ Rechter zückt bereits ihren Zweizack, der Reiter auf seiner Linken brüllt: »Aus dem Weg, Anfänger! Oder du wirst es bereuen!«
Aber Mats will ihnen den Vorsprung nicht überlassen, nicht so kurz vor dem Ziel. Wenn er sie jetzt vorbeilässt, hat er seine Chance verzockt. Oder … Mats hat eine Blitzidee. Er drückt seine Arme um Venns Hals und drosselt seinen Galopp. Venn wölbt den Hals und bockt.
»Verlange nicht von mir, mich dem Sturm zu beugen!«
»Vertraue mir«, erwidert Mats. »Und sieh, was passiert!«
Mats und Venn bleiben zurück, die beiden Konkurrenten rasen weiter voran, jetzt aber nicht mehr mit Mats in der Mitte, sondern direkt aufeinander zu. Unweigerlich prallen sie zusammen. Die Quellwächterin wird aus dem Sattel gehebelt, kann aber im selben Moment noch ihre Waffe werfen, sie landet im Oberschenkel ihres Widersachers. Der brüllt wieder, diesmal vor Schmerzen.
»Puh, das war knapp!«
Viel Zeit hat Mats nicht, um sich zu freuen. Durch den Crash wittern alle die Gelegenheit, hauchdünn liegt Mats vorne. Venn schlägt mit seinem Fischschwanz und holt so weit und kraftvoll mit den Vorderbeinen aus, wie er kann. Er schnellt auf das Tor zu, sodass Mats beinahe schwindlig wird. Sie werden es schaffen! Direkt hinter ihnen schnaubt ein