Weil du mich wärmst. Elle Brownlee

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Weil du mich wärmst - Elle Brownlee BELOVED

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ebenso wie mehrere leere Schrankfächer –, aber schon seit einer Weile keinen mehr zugeteilt bekommen. Dank einer Kombination günstiger Umstände hatte er Glück gehabt: Es war eine kleine Station und Karl war lange genug dabei, um übergangen zu werden, wenn jemand Neues einzog.

      Der Junge würde auf keinen Fall hier wohnen, hier schlafen und so dicht neben ihm leben.

      Dan starrte ihn angespannt an und wartete darauf, dass Karl noch etwas sagte. Irgendetwas an Dan beunruhigte ihn noch über diesen Irrsinn hinaus. Er konnte es nicht genau benennen, aber da lauerte unterdrückte Angst oder sogar Wut in Dans Blick. Wahrscheinlich war er nur nervös, weil er an einem neuen Ort war und gefallen wollte.

      Gefallen wollte hallte in Karls Kopf wider und er rammte beinahe die Faust gegen seinen Tisch.

      Gottverdammt. Karl griff sich an die Nasenwurzel, wirbelte herum, um wahllos irgendwelche Gegenstände zu packen, und schlüpfte an Dan vorbei auf den Gang. Er mochte keine Komplikationen, also würde Dan einfach keine werden. Ende.

      »Ich wollte gerade duschen. Fühl dich wie zu Hause.«

      Er erspähte Scobey, die sich am anderen Ende des Gangs herumdrückte, und knurrte in ihre Richtung. Ein Blitz zuckte, erhellte einen Moment lang den Gang und das Bild von Dan erschien vor seinem inneren Auge. Er ließ Dan mit einem buchstäblichen Donnerschlag hinter sich und nahm eine kochend heiße Dusche, um sich selbst zu bestrafen. Sein Körper war taub und seine Gedanken liefen wild durcheinander.

      ***

      Dan schloss die Tür, die Karl offen gelassen hatte, und lehnte die Stirn dagegen. Er stieß einen langen Seufzer aus und lauschte dem schnellen Hämmern seines Herzschlags.

      Radin, sein neu zugeteilter Mitbewohner, der Mensch, den er am meisten kennenlernen und am wenigsten treffen wollte. In seinem Zimmer zu stehen – durch und durch Radins – , hatte sich angefühlt, als hätte er Feindesland betreten.

      Radins Sachen durchzugehen, ohne etwas gegen ihn in der Hand zu haben, war eine schlechte Idee gewesen, aber seine Ungeduld hatte gegen die Vernunft gewonnen. Wenigstens war er nur dabei erwischt worden, wie er die Pinnwand betrachtete. Dort hing eine ausgeschnittene Schlagzeile, die ihn erschüttert hatte, ebenso wie der anhaltende Schock und die Abneigung, die er gespürt hatte, als Radin ihn berührt hatte.

      Eine Menge Abneigung. Er hatte zwar erwartet, dass Radin ihn nicht mögen würde, aber nicht, dass ihn das so stören würde.

      Dan streckte die Finger und stieß sich von der Tür ab. Es war eine schlechte Entscheidung, herumzuschnüffeln, aber er beschloss, Radins Abwesenheit zu nutzen und den Rest hinter sich zu bringen.

      Drei Poster von Ansel Adams dominierten die Wand auf Radins Seite: schlichte, schwarz weiße Landschaften von Bergen, Eis und Flüssen. Sie gefielen Dan und es gefiel ihm auch, dass Radin den Raum ziemlich spartanisch gehalten hatte. Doch das bedeutete nur, dass sie beide Schnickschnack ablehnten und die Natur mochten. An den hohen, schmalen Fenstern hingen keine Vorhänge, aber die dunkelgraue Wandfarbe war nicht schlecht.

      Regen prasselte gegen die Metallfassade, ließ die Aussicht verschwimmen und der Donner war so mächtig, dass das Gebäude darunter erbebte. Dan schaltete das Deckenlicht ein, als der Sturm den Raum verdüsterte. Was für ein Start für eine ohnehin düstere Aufgabe.

      Er sah die Kommode und dann den Kleiderschrank durch und fand wie erwartet Socken, Thermowäsche und perfekt gebügelte Uniformen. Dann hockte er sich vor das Schließfach. Eine Wolke Zedernduft stieg von den an den Deckel geklebten Säckchen und den großen Holzkugeln in den Ecken auf. Dan klopfte den Inhalt des Schließfachs ab – Wolldecken, ein Parka, ein leerer Rucksack – und genoss den kribbeligen, sauberen Geruch. Aber nichts davon nützte ihm etwas, also schloss er das Fach wieder und lugte unter das Bett. Zwei durchsichtige Plastikboxen und Schuhe. In den Boxen waren Notizbücher und Papiere über verschiedene Vorfälle, die datiert und archiviert waren, aber keine von dem Tag, den Dan suchte.

      Er brummte und kam vorsichtig auf die Füße, um das perfekt gemachte Bett nicht durcheinanderzubringen.

      Bestimmungsbücher und ein Glossar für Signalflaggen füllten das kleine Bücherregal auf dem Schreibtisch. Er fuhr mit einem Finger über die abgenutzten Buchrücken und seufzte. Nicht ein Krimi oder Science-Fiction-Roman war darunter. Die Schubladen im Tisch stellten sich als interessanter heraus. Die untere war voll mit Schokoladenriegel-Familienpackungen, aber Dan hielt sich davon ab, einen Riegel zu nehmen. In der obersten Lade waren neuere Akten und in der mittleren ein überraschendes Chaos aus Bleistiften, Kulis, leeren Riegelverpackungen, einem E-Reader mitsamt verdrehtem Kabel und einem handgroßen, schlichten schwarzen Notizbuch.

      Dan setzte sich, zog das Gummiband vom Notizbuch und blätterte es durch. Radin machte sich knappe Notizen zu jedem Tag sowie den Wetterbedingungen und fügte winzige Illustrationen hinzu wie eine Sonne, die hinter den Wolken hervorlugte, oder ein Blitz mit Regentropfen. Es gab einige andere Symbole, die er nicht deuten konnte. Sie variierten von Tag zu Tag, wiederholten sich aber im Lauf der Wochen.

      Er las mehrere Seiten, ohne nachzudenken, und hielt dann inne. Es war lächerlich, sich zu fühlen, als würde er herumschnüffeln, denn genau das war ja sein Ziel, aber er schloss trotzdem das Buch, zog das Gummiband wieder darum und legte es in die Lade zurück.

      Vielleicht hatte Radin irgendwo einen Lagerraum, aber Dan fand keine Schlüssel oder Rechnungen dafür. Er würde heute ohnehin keine Zeit für einen Ausflug haben.

      Er seufzte und schob die Lade zu, bevor er aufstand. Die Schlagzeile fiel ihm wieder ins Auge und dröhnte in seinem Kopf wie ein Signalhorn oder ein geflüsterter Fluch.

      Rettungsschwimmer auf See verschollen, tot geglaubt.

      Dan legte eine Hand auf die Überschrift, schloss die Augen und schwor sich erneut, herauszufinden, warum.

      Kapitel 2

      Karl erwachte zu dem beruhigenden, stetigen Geräusch des Meeres. Der Sturm war vorbei und das andere Bett war leer. Er rieb sich die Augen und setzte sich auf. Dann schwang er die Füße auf den Boden und lehnte sich vor, bevor er ins Bett zurücksinken konnte. Es war wenige Minuten nach fünf, der Himmel noch kaum hell und seine Gedanken krochen widerwillig dahin.

      Er hasste frühe Morgen.

      Er blinzelte in den Gang, schaltete dort das Licht ein und zog sich in seinem halbdunklen Zimmer an. Wenn nicht die ordentlich ausgepackten Habseligkeiten gewesen wären, wäre er überzeugt gewesen, dass Farnsworth – Dan, dachte er ungebeten, Dan gefiel ihm besser – lediglich seiner Vorstellungskraft entsprungen war.

      Nach seinem hastigen Rückzug in die Dusche hatten sie nicht viel voneinander gesehen. Karl war in ein stilles Zimmer zurückgekehrt. Er hatte sich angezogen, seine restlichen Aufgaben des Tages erledigt und zum Abschluss mit Lang und Scobey zu Abend gegessen. Von Dan hatte jede Spur gefehlt, offenbar hatte er eine umfangreiche Führung durch die Station bekommen. Karl war ins Bett gegangen und eingeschlafen, bevor Dan zurück gewesen war, und danach hatte er nichts mehr gehört, was untypisch für ihn war.

      Sein Blick huschte über den Zeitungsausschnitt, der an der Pinnwand hing, und er runzelte die Stirn. Für ihn war er eine Warnung und er fragte sich, warum Dan ihn gestern so eingehend angestarrt hatte.

      In der Station herrschte rege Betriebsamkeit und er mied Blickkontakt und Begrüßungen, während er durch den Gang zur Messe schlurfte. Er konnte in seinem Zimmer Kaffee kochen, aber wozu sich die Mühe machen? Irgendjemand hatte bestimmt eine Kanne aufgesetzt

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