Weil du mich wärmst. Elle Brownlee
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Читать онлайн книгу Weil du mich wärmst - Elle Brownlee страница 6
»Wolltest du schon immer in die Küstenwache?«
»Hmm?« Dan schloss die Hand um das Stück Papier und schob beide Hände in die Taschen des Pullis. Als er aufsah, standen Fragen und vielleicht eine Erinnerung in seinen Augen.
»Ich hab nach deiner Geschichte gefragt. Small Talk, weißt du?«
»Oh—oh. Ja, mehr oder weniger. Eine Weile lang dachte ich, ich werde Profi-Surfer.« Dan zuckte mit den Schultern. »Ich bin gut, aber nicht so gut. Ich bin einer von denen, die schon schwimmen konnten, bevor sie laufen gelernt hatten, bin mit… jemandem, der mich in die Richtung gedrängt hat, an der Küste aufgewachsen.«
»In den Job gedrängt?«
Dans Mundwinkel hoben sich. »Irgendwie schon. Es hat sich einfach natürlich angefühlt. Ich bin ein besserer Schwimmer als Surfer und ich liebe den Rausch und die Herausforderung bei den Rettungsmissionen. Also bin ich hier.«
Dans Antwort ließ eine Menge ungesagt, aber Karl fragte nicht weiter.
»Ich bin hier aufgewachsen.«
»Ach ja?« Dans Stimme erwärmte sich interessiert und er sah auf die wunderschöne, raue Landschaft hinaus.
Karl konnte seine Gedanken beinahe hören, während Dan sich vorstellte, wie diese Kindheit wohl ausgesehen hatte. Im Großen und Ganzen war sie gut gewesen und Karl konnte sich nicht darüber beschweren, wo er gelandet war.
»Ja. Gibt nicht viele von uns, die hier geboren sind. Du hast Glück, Junge – genieß es, solange du hier bist.«
»Zeigst du mir, wie der Hase läuft?«
»Oder ich ziehe ihm das Fell über die Ohren, wenn du mir Ärger machst.« Karl schaltete herunter und schluckte, als Dan sich mit konzentriert verengten Pupillen zu ihm umdrehte.
Unbehagliches Schweigen senkte sich über sie. Hitze breitete sich von Karls Schritt bis in seine Brust aus, machte seine Arme schwach und brachte seine Gedanken durcheinander.
»Na, hier sind wir.« Seine Stimme brach vor Erleichterung, als sie das abgenutzte Schild passierten, das sie im Ort willkommen hieß. »Gibt es eine bestimmte Stelle, wo ich dich absetzen kann?«
»Egal, wo.« Dans Arm zuckte in der Tasche des Pullis, aber er zog die Hand nicht heraus. »Ich wollte mir Eider nur ansehen. Mich damit vertraut machen.«
Karl fuhr weiter ins Zentrum und hielt vor EiderUp, Postamt/Lebensmittel/Armeeladen in einem. »Das ist fast ganz Eider, aber nur zu.« Er drehte sich zu Dan um und stützte den Arm auf dem Lenkrad ab. Er konnte sehen, dass Dan keine Gesellschaft wollte, aber er würde ihn nicht hier zurücklassen, vor allem nicht kurz vor dem Nachmittagsdienst. »Ich treffe dich hier in einer Stunde.«
»Du musst nicht—«
»Ich werde da sein. Hast du den Hasen schon vergessen?«
Röte stieg in Dans Wangen und Karl blinzelte, beugte sich vor und würgte dabei den Motor ab.
Dan stieg aus dem Jeep und blieb in der Tür stehen. Er mied Karls Blick, während er in der Tasche seines Pullis herumfummelte. Karl dachte an das Stück Papier. Er würde den Jungen davon abhalten müssen, je bei den Pokernächten auf der Station mitzumachen.
Dann begann der Regen, den er vorhergesagt hatte, auf das Stoffdach zu tropfen.
»Okay. Ich werde da sein.« Dan zog die Kapuze hoch, knallte die Tür zu und ging davon.
Karl lauschte dem Regen und zwang sich, Dan nicht nachzusehen. Er besorgte sich im Laden für alles einen Kaffee, hörte sich den neuesten Klatsch an und saß dann lesend im Jeep. Die meiste Zeit starrte er auf die Zeitung, ohne die Worte zu verarbeiten, und fragte sich, was Dan verbarg und wofür er wirklich in den Ort gekommen war.
***
Dan zog die Schultern hoch und den Kragen des Kapuzenpullis über die Nase. Er roch angenehm – frisch und würzig, wie das Zimmer, das er bewohnte. Wie Karl.
Er brummte und stellte sich unter das Dach des nächsten Eckgebäudes. Die Mitfahrgelegenheit hierher und zur Station zurück gab ihm viel mehr Zeit. Er war dankbar dafür und auch für den Pulli und die trockenen Socken. Er beobachtete, wie Karl ins Postamt schlüpfte, und hasste es, wie sehr er ihn mögen könnte, wenn er Gelegenheit dazu hätte.
Dan prüfte den Kompass auf seiner Uhr, um sich zu orientieren, und begann, in westlicher Richtung aus dem Ort hinauszujoggen.
Eider war nicht mehr als eine kleine Ansammlung von Wohngebäuden an einer Kreuzung. Bald hatte er den Ort hinter sich gelassen und rannte an größeren, weiter auseinanderliegenden und überwucherten Grundstücken mit alten Wohnmobilen, Anhängern, Blockhütten und einigen Ferienhäusern vorbei. Am Fuß eines Hügels fand er das beschriebene Kühlhaus neben der Straße, wandte sich nach Norden und erklomm eine Steigung.
Er übersah die Hütte und rannte eine Viertelmeile weiter in eine Sackgasse, bevor er etwas merkte. Er bremste ab, rannte zurück und suchte nach der Einfahrt. Schließlich fiel ihm das verzogene Sperrholz, das aus dem Unkraut am Straßenrand herausragte, auf und dahinter versteckte sich etwas unter dem Dornengestrüpp und Efeu, das wie ein Haus aussah.
Die Sperrholzplatte führte über einen Metallabzugskanal auf einen schmalen Pfad. Dan arbeitete sich durch eine dornige Stelle, testete das freiliegende Holz der Veranda mit einem Fuß, um sicherzugehen, dass es ihn trug, und versuchte, den Schlüssel in das Vorhängeschloss an der Tür zu stecken. Er passte nicht. Der Schock erschütterte ihn körperlich und er trat zurück. Er musterte die Hütte, kehrte zur Straße zurück, um sie von oben bis unten zu betrachten, und prüfte seine Koordinaten.
Es war die richtige Hütte. Sie musste es sein.
Dan dachte über seine Optionen nach, schob sich erneut durch die Dornen und stieg wieder auf die Veranda. Er nahm Anlauf und trat die Tür ein. Das Vorhängeschloss hielt, aber der klapprige Türrahmen gab nach. Stickige, faulige Luft wehte ihm entgegen – Tiergeruch, moderndes Holz und irgendetwas Chemisches – und er würgte. Er blieb auf der Veranda stehen, um wieder zu Atem zu kommen, dann zog er den Pulli über die Nase hoch und trat ein.
Ich habe eine Hütte im Wald. Du würdest es hier lieben.
Mit Axes Stimme im Ohr ging Dan einmal durch den Innenraum. Nachdem Axe von zu Hause ausgezogen war, hatten sie nicht mehr viel geredet und noch weniger, als Axe nach Alaska versetzt worden war, aber die Hütte war eine so große Sache für ihn gewesen, dass er sie früh erwähnt hatte. Er hatte Dan die Koordinaten geschickt und gesagt, er sollte sie sich über Satellit ansehen, hatte mit der Aussicht und dem nahen Fluss geprahlt und damit, dass er von der Veranda aus Bären und Wölfe beobachten konnte. Dieser schäbige und armselige Ort war nicht gerade das, was Dan erwartet hatte.
Hatte Axe sie in diesem Zustand gekauft, aber nie Gelegenheit gehabt, sie zu renovieren? Konnte sie in den wenigen Wochen seit Axes Tod verfallen sein? Hatte Axe ein solches Leben gewählt? Dan wusste es nicht. Hier in der Wildnis schien alles möglich.
Er aktivierte die Taschenlampe seines Handys und leuchtete durch den Raum, ignorierte jedoch das leise Rascheln. Abgesehen davon, wie verfallen es war, sprang ihm