Das Prinzip Uli Hoeneß. Christoph Bausenwein

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Das Prinzip Uli Hoeneß - Christoph Bausenwein

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anderer Verein dauerhaft zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten werden. Er selbst freilich, erwähnte er immer wieder mal nebenbei, hätte natürlich auch was anderes machen können. In der Wirtschaft hätte er sich alles Mögliche zugetraut, und dort hätte er auch besser dotierte Stellungen finden können.

      Aus reiner Liebe aber verrichtete er seine Tätigkeit beim FC Bayern denn doch nicht. Obwohl er mit seinen Geschäften genügend Geld zur Sicherung seiner Unabhängigkeit auf die Seite gebracht hatte, wollte er auf das Zubrot, das er von den Bayern erhielt, natürlich nicht verzichten. Aber was heißt da »Zubrot«? Sein Verdienst bei den Bayern war erstaunlich üppig. Als Basis gab es 10.000 DM als monatliches Grundgehalt, dazu kamen Prämien für Titel, die er in derselben Höhe wie die Spieler erhielt, und vor allem stattliche Provisionen. Von jeder Mark Werbeeinnahmen, die über 600.000 DM jährlich hinausgingen, sollte er 50 Prozent bekommen. Das schien für den Verein nicht riskant, denn damals lagen die Jahreseinnahmen in diesem Bereich bei nur etwa 300.000 DM. Dank Hoeneß stiegen die freilich rapide. »Heute haben wir Werbeeinnahmen von rund 70 Millionen Euro«, verriet er im Januar 2009 dem »Spiegel«, »da können Sie sich ausrechnen, was ich verdienen würde.« Für sein Empfinden war es schon 1980 geradezu peinlich viel. Nach einem Jahr sei er zum Präsidenten Willi O. Hoffmann gegangen und habe ihm eine freiwillige Kürzung seiner Provision vorgeschlagen: »Das geht so nicht weiter, ich kriege zu viel Geld.« Man einigte sich auf ein höheres Grundgehalt und nur noch fünf Prozent Provision. Mitte der achtziger Jahre lag sein Jahresgehalt bei etwa 300.000 DM brutto plus Erfolgsprämien. Nur wenige Jahre später, als sein Festgehalt auf über 400.000 DM gestiegen war, setzte er eine Erhöhung seiner Provision auf sechs Prozent durch. Es könne nicht sein, begründete er kühl, dass er den Fanartikel-Verkauf von null auf sechs Millionen Mark aus dem Boden stampfe und davon nicht profitiere. Später erzielte Uli Hoeneß unter der Berufsbezeichnung »Stellvertretender Vorstand der Bayern München AG« einen Jahresverdienst von angeblich rund einer Million Euro. Ein Feilschen um Provisionen, möchte man meinen, sollte sich da erübrigt haben.

      Uli Hoeneß bildete nicht nur eine perfekte Symbiose aus Fußballund Wirtschaftskompetenz, sondern auch aus mittelständischer Bodenständigkeit und innovativem Geschäftssinn. Deswegen ging die Erfolgsgeschichte der Bayern nicht sprunghaft vonstatten, sondern kontinuierlich und nachhaltig. Als Hoeneß 1979 mit dem Managen anfing, hatte der FC Bayern insgesamt gerade einmal 12 Mio. DM Umsatz. Im Eiltempo machte er sich daran, den Umsatz – und dann natürlich auch den Gewinn – zu steigern. Rasch erkannte er, wie viel es tatsächlich zu tun gab: im Lizenzspielerbereich, bei den Spielertransfers und bei der Talentsuche, in der Werbung und in der Öffentlichkeitsarbeit. Wahrlich kein eintöniger Job, stellte er fest: »Das Aufgabengebiet ist so riesig, dass ich nicht in täglicher Routine ersticke.«

      Auf eine Aufgabe freilich hätte er gerne verzichtet – nämlich auf die Aufgabe, die Schulden abarbeiten zu müssen, die unter Schwan aufgelaufen waren. Zu dem Zeitpunkt, als er Uli Hoeneß verpflichtete, wusste Präsident Wilhelm Neudecker wohl bereits, dass Steuernachzahlungen in Millionenhöhe auf den FC Bayern zukommen würden. »Neudecker hatte vor, mich zu verheizen«, mutmaßte Hoeneß. »Er hat gemerkt, hier geht alles den Bach runter.« Hoeneß wollte alles tun, um den FC Bayern zu retten und zu neuer Größe zu führen. Seinen Ehrgeiz und seinen unbedingten Willen zum Erfolg dokumentierte er vor laufenden Kameras am 9. Juni, als die Bayern, die am Ende dieser ereignisreichen Saison 1978/79 auf dem vierten Tabellenplatz einliefen, im letzten Saisonspiel beim bereits als neuer Meister feststehenden Hamburger SV einen 2:1-Sieg holten. Mitten in den Tumulten, die nach dem Spiel ausbrachen – HSV-Fans stürmten im Meisterschaftsrausch den Rasen und verursachten ein Gedränge, bei dem es 72 Verletzte gab –, antwortete Hoeneß auf die Reporterfrage nach seinen Erwartungen für die nächste Saison: »Wir wollen vielleicht ähnliche Feierlichkeiten haben wie der HSV.«

      Die Aufgaben, die auf dem Weg dorthin bewältigt werden mussten, waren riesig. Es galt, dem Verein neue Einnahmequellen zu erschließen und für die neue Saison eine schlagkräftige Mannschaft aufzubauen. Der Job war Lust und Last zugleich. Einerseits machte es ihm enormen Spaß, seinen Ideen freien Lauf lassen und alle wichtigen Dinge selbst entscheiden zu können. Andererseits hatte er mit der ungeheuren Belastung, die auf ihn zukommen würde, nicht gerechnet. Schon nach drei Monaten fieberhafter Tätigkeit waren ihm erste Verschleißerscheinungen anzumerken. »Wenn er so weitermacht wie jetzt«, meinte ein besorgter Paul Breitner, »wird er keine dreißig.« Auch er, der seinen Freund noch wenige Monate zuvor als überqualifiziert für diesen Posten erachtet hatte, erkannte jetzt, dass die Tätigkeit eines Fußballmanagers hohe Ansprüche stellt. Manager in einem Verein zu sein, sollte Uli Hoeneß Jahre später resümieren, »ist ja mit das Höchste, was man sein kann. Der Präsident, okay«, meinte er mit Blick auf Beckenbauer, der dieses Amt im Jahr 1994 angetreten hatte, »aber der ist ja auch bei uns nicht so aktiv, wie er es in anderen Klubs vielleicht ist. Bei uns ist der Manager schon eine starke und wichtige Persönlichkeit, und auch von der Funktion her sehr wichtig. Insofern war das natürlich eine Sache, die nahe lag, denn ich wollte nicht Trainer werden. Ich wollte beim Fußball bleiben, und dann bleibt ja möglicherweise nicht viel anderes als der Manager.«

      Uli Hoeneß wollte das ihm vertraute Terrain nicht verlassen. Es ist daher fraglich, ob er sich in einem reinen Wirtschaftsunternehmen wohlgefühlt hätte, wie er das immer behauptete. Der Fußball sei für ihn »auch immer ein Fluchtweg aus der Erwachsenenwelt« gewesen, gab er denn einmal sogar selbst zu. Er garantierte ihm eine Erlebniswelt, die er anderswo so nie hätte finden können. Auch wenn er nicht mehr selbst auf dem Rasen stand, sich nicht mehr nach einem Treffer von 80.000 Menschen umjubeln lassen konnte – als Manager war er ja immerhin am Spielfeldrand noch mit dabei und blieb im Zentrum des Interesses.

      Und so ist Uli Hoeneß bis heute beim Fußball geblieben. Seit Freitag, den 27. November 2009, 22.04 Uhr, ist er allerdings nicht mehr in der Funktion des Managers tätig, sondern Präsident des Vereins FC Bayern München und Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG. Die Bayern waren zu diesem Zeitpunkt lediglich auf Rang sieben notiert. Man werde wieder besser werden, versprach er den Fans vor dem ohne Gegenkandidaten vollzogenen Wahlakt, und bald wieder zu Europas Spitze gehören. Es gab Applaus für den scheidenden Manager, dann ein Einspielfilmchen mit den wichtigsten Stationen seiner Karriere, die Schlusseinstellung zeigte ihn mit einem animierten, für die Bayern schlagenden Herz. Nach der Verkündung des Wahlergebnisses – er hatte 99,3 Prozent aller Stimmen der 4.490 anwesenden Bayern-Mitglieder erhalten – gab es stehende Ovationen.

      EXKURS

       Der Würstchen-Millionär

      »Dank der Würste musste ich auch in schwierigen Zeiten beim FC Bayern nie meinen Charakter an der Garderobe abgeben«, brachte Uli Hoeneß einmal das Geheimnis seiner Interpretation des Managerjobs auf den Punkt. Denn eine Bratwurst-Fabrik hatte gegenüber dem Fußball den nicht unerheblichen Vorteil, dass sich die Geschäfte viel leichter kalkulieren ließen. So wurde er also Würstchen-Millionär, hatte finanziell ausgesorgt und konnte im Dienst des FC Bayern völlig frei und ohne alle finanziellen Hintergedanken agieren. Obwohl er natürlich nicht nur mit den Würstchen verdiente. Seriöse Schätzungen gehen für die letzten Jahre von einem Gesamt-Jahreseinkommen (aus Wurstfabrik-Gewinnen, FC-Bayern-Ämtern, Nebentätigkeiten und Anlagen) von mindestens 5 bis zu 11 Mio. Euro aus. Das entspräche dem Verdienstrahmen der großen Bayern-Stars (geschätzter Jahresverdienst von Hoeneß’ Lieblingsspieler Franck Ribéry: 12 Mio. Euro). Über die tatsächliche Höhe seines Einkommens und seines Vermögens, das das »Vermögensmagazin« im Januar 2014 auf 500 Mio. Euro bezifferte, bewahrte Hoeneß freilich stets Stillschweigen. Sehr häufig dagegen hat er davon gesprochen, dass er stets dankbar geblieben sei für das große Glück, das ihm die Würstchen beschert hatten: »Wenn ich zum Beispiel am Ende meiner Karriere nach Hamburg und nicht nach Nürnberg gegangen wäre – wer weiß, ob ich dann Manager geworden wäre. Die Wurstfabrik in Nürnberg hätte ich auf keinen Fall.«

      »HoWe Wurstwaren KG« heißt die 1985 gegründete Firma heute, der Name ist ein Akronym der Partner Hoeneß und Weiß. Während seines kurzen Engagements

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