Das Science Fiction Jahr 2020. Группа авторов

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Das Science Fiction Jahr 2020 - Группа авторов

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nur sozial vollzogen hat. McLemore weiß offensichtlich sehr genau, mit welchen Problemen sich Transmenschen konfrontiert sehen, was kaum überrascht, da sie mit einem Transmann verheiratet ist. Das und die schiere Qualität ihres Schreibens machen es wahrscheinlich, dass es sich bei diesem Buch für lange Zeit um einen der Texte zu Transthemen handeln wird.

      Das andere Jugendbuch, auf das ich hinweisen möchte, ist Dreadnought (2017) von April Daniels. Auch hier taucht eine Transperson auf, der eine magische Verwandlung zugute kommt. Allerdings hat die Verwandlung in ihrem Fall die Nebenwirkung, dass sie gleichzeitig zur mächtigsten Superheldin der Welt wird. Daniels verwendet diese Ausgangslage, um viele der gesellschaftlichen Nachteile hervorzuheben, denen Transmenschen sich gegenübersehen. Die Eltern der Heldin beispielsweise, die nicht wissen, dass sie die Verwandlung gutheißt, fangen an, sich über Geschlechtsumwandlungsoperationen zu informieren, in der Hoffnung, ihren »Sohn« zurückzubekommen; dabei hätten sie genau das rundheraus abgelehnt, wenn sie sie für Umwandlung in Richtung des weiblichen Geschlechts benötigt hätte. Das Buch ist ziemlich lustig und ein gut konstruierter Superheldenroman. Ich wünsche ihm Erfolg.

      Das letzte Buch, auf das ich hinweisen möchte, ist Full Fathom Five (2014) von Max Gladstone. Es gehört zu den sehr wenigen hier genannten Büchern, in denen die Transfigur zugleich die Hauptfigur ist, aus deren Sicht die Romanhandlung erzählt wird. Kai hat ihren Übergang schon viele Jahre hinter sich, als die Romanereignisse sich entfalten, und da sie in den Genuss einer magischen Umwandlung gekommen ist, hat sie es nicht mit den gesellschaftlichen Problemen zu tun, denen sich Transmenschen in der wirklichen Welt gegenübersehen. Oberflächlich betrachtet hat man den Eindruck, dass es überhaupt keinen Grund dafür gibt, dass sie trans sein sollte. Und trotzdem ist sie es.

      Wahrscheinlich hatte Gladstone durchaus einen Grund dafür, Kai trans zu machen. Vielleicht ging es ihm lediglich um Diversität und die Entscheidung dafür war nicht wichtiger als die, sie zu einer Frau zu machen, oder nicht-weiß. Wenn das der Fall ist, ist das allein schon bemerkenswert. Als ich das Buch aber nach dem Lesen noch einmal Revue passieren lassen habe, fiel mir auf, dass Gladstone vielleicht sogar noch mehr getan hat. Kais Arbeit für eine Organisation, die mit Spiritualität und Glauben handelt, verlangt ein großes Maß an Selbstvertrauen und Willenskraft. Von beidem brauchen auch Transmenschen sehr viel, wenn sie in einer Welt aufwachsen, die immer wieder von ihnen verlangt, dass sie sich selbst verleugnen und als jemand anders ausgeben.

      Was wir mit Full Fathom Five vielleicht vor uns haben, ist ein Buch, dessen Autor nicht nur beschlossen hat, eine Transheldin zu verwenden, sondern der noch dazu eine Heldin erschaffen hat, deren Trans-Sein bei der Arbeit, die sie macht, und dabei, die Herausforderungen zu meistern, denen sie sich in dem Roman gegenübersieht, ein echter Vorteil für sie ist. Wenn das der Fall ist – Gladstone selbst hat sich zu dieser Frage nicht geäußert –, dann haben wir es mit etwas Bemerkenswertem zu tun.

      Was lässt sich aus all dem schließen? Hat die Speculative Fiction ein Trans-Problem? Ich hoffe, mit diesem Text verdeutlicht zu haben, dass die Lage sich verbessert hat und sich weiter verbessert. Ich glaube, dass wir insgesamt sehr viel besser dastehen als vor 20 Jahren. Das bedeutet allerdings nicht, dass es keinen Raum für weitere Verbesserungen gäbe.

      Wie ich weiter oben festgestellt habe, erscheint ein Großteil der Speculative Fiction mit Transfiguren und fast alle Speculative Fiction von Transautor*innen bei Kleinverlagen und nicht bei den großen Mainstream-Verlagen. Zwar haben alle, die sich der Vielfalt und Qualität der Kleinverlage innerhalb der Speculative-Fiction-Szene bewusst sind, Zugriff auf diese Bücher, aber für diejenigen, die nicht Teil dieser Gemeinschaft sind, bleiben sie praktisch unsichtbar. Dabei ist es nicht besonders hilfreich, dass das Werbematerial für diese Bücher ebenso wie die Rezensionen das Trans-Element oft übergehen. Das war sogar bei Brasyl der Fall, einem Buch, dessen Hauptfigur ihre Bisexualität und ihre Gender-Fluidität deutlich nach außen trägt.

      Bei verschiedenen Gelegenheiten habe ich beobachtet, wie junge Menschen in den sozialen Medien den Mangel an spezifischen Trans-Inhalten beklagen. Ich weiß, dass sie sich irren, aber ich verstehe durchaus, wie Leser*innen zu einem solchen Schluss kommen. In jedem Fall haben von den obengenannten Büchern nur Brasyl, Dreadnought und Full Fathom Five eine Transfigur als Hauptprotagonisten.

      Hätte ich diesen Essay vor einem Jahr geschrieben, dann wäre ich zu dem Schluss gekommen, dass Transfiguren im Jugendbuch praktisch gar nicht auftauchen. Dankenswerterweise hat sich das geändert, aber es ist noch zu früh, um zu wissen, ob das von Dauer sein wird.

      Ebenfalls auffällig ist, dass sich von allen oben genannten Transautor*innen nur K. M. Szpara als Transmann identifiziert, und er taucht hier als Herausgeber auf (obwohl er auch eine Reihe von Kurzgeschichten als professioneller Autor verkauft hat). Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der erwähnten Transfiguren Transfrauen sind.

      An diesem Punkt könnte ich natürlich auf Billy Martin verweisen. Allerdings hat er nach seiner Umwandlung mehr oder weniger aufgehört zu schreiben und im Jahre 2010 seinen Rückzug angekündigt.

      Wir haben also noch ein ganzes Stück des Weges vor uns. Wie dem auch sei, ich bin recht zuversichtlich, dass die Lage sich weiter verbessern wird. Insbesondere habe ich dabei drei Jugendbuchautor*innen im Blick: Juno Dawson, Fox Benwell und Elliot Wake. Alle drei waren schon vor ihrer Umwandlung erfolgreich, weshalb ihnen keine andere Wahl bleibt, als ihr Trans-Sein offen zu zeigen. Und dass sie bereits einiges an Erfolgen vorzuweisen haben, dürfte es leichter für sie machen, zu schreiben, was sie wollen. Niemand von diesen dreien ist explizit ein*e Speculative-Fiction-Autor*in, aber da junge Menschen heutzutage in einer von Speculative Fiction durchtränkten Medienwelt aufgewachsen sind, würde es mich nicht überraschen, wenn eine*r dieser drei Autor*innen ein nicht-realistisches Buch veröffentlicht.

      Bibliographie:

      Anders, C. J.: All the Birds in the Sky, New York: Tor, 2016. Dt.: Alle Vögel unter dem Himmel, Berlin: FISCHER Tor, 2017.

      Banks, I. M.: Excession, London: Orbit, 1996. Dt.: Exzession, München: Heyne, 2002.

      Barnett, D. M.: Gideon Smith and the Mask of the Ripper, London: Snowbooks, 2015.

      Bear, E.: Dust, New York: Spectra, 2007.

      Bear, E.: Chill, New York: Spectra, 2010.

      Bear, E.: Grail, New York: Spectra, 2011.

      Bear, E.: Karen Memory, New York: Tor, 2015.

      Bowen, L.: Wake of Vultures, London: Orbit, 2016.

      Bujold, L. McMaster: A Civil Campaign, Wake Forest, NC: Baen, 1999. Dt.: Botschafter des Imperiums, in: Der Botschafter, München: Heyne, 2006.

      Burgis, S.: Masks and Shadows, New York: Pyr, 2016.

      Cornell, P.: Who Killed Sherlock Holmes, London: Pan Macmillan, 2016.

      Daniels, A.: Dreadnought, New York: Diversion Publishing, 2017.

      Downing, A.: The Bone Palace, London: Orbit, 2010.

      Fausto-Sterling, A.: »The Five Sexes: Why male and female are not enough«, THE SCIENCES, March/April 1993, S. 20–24.

      Gentle,

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