Das Science Fiction Jahr 2020. Группа авторов

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Das Science Fiction Jahr 2020 - Группа авторов

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beschäftigt. Wie seid ihr auf die Idee gekommen bzw. was war der Auslöser dafür, dass ihr das Magazin herausgeben wolltet?

      LUKAS: Als wir mit KAPSEL angefangen haben, gab es keine einzige der vielen Science-Fiction-Erzählungen, die gerade in China geschrieben werden, auf Deutsch. Erst ein halbes Jahr bevor die erste Ausgabe erschien, veröffentlichte der Heyne Verlag Die drei Sonnen von Liu Cixin. Dabei gibt es dort so viel mehr gute Stoffe.

      FELIX: Aber wir wollten die Geschichten nicht einfach nur übersetzen, sondern auch Leser für sie begeistern, die noch nie SF gelesen haben oder wenig über China wissen. Deshalb widmen wir eine Ausgabe je einer Erzählung und geben der Diskussion darüber viel Platz. Es gibt also den Gossip gleich dazu.

      Die ersten beiden Ausgaben des Magazins im Frühwerk Verlag. Covergestaltung: Marius Wenker

      Wie habt ihr den Kontakt zu den Autoren hergestellt?

      LUKAS: Für die erste Ausgabe haben wir im Internet einen Hilferuf abgesetzt. Damals waren wir auf der Suche nach einer Utopie. Gemeldet hat sich ein Science-Fiction-Fan aus Schanghai. Sie gab uns Chi Huis Chat-Namen. Inzwischen sind wir mit vielen der Autorinnen und Autoren befreundet. Felix ist regelmäßig in China.

      FELIX: Ja, genau, ich bin jedes Jahr mehrmals dort, treffe dann viele Autoren, Verleger und engagierte Fans und besuche alle möglichen Veranstaltungen. Mittlerweile weiß ich genau, wen ich wo antreffen kann, und plane die Etappen meiner Reisen entsprechend. So konnte ich in den vergangenen Jahren mit vielen Autoren und Größen der Szene über KAPSEL sprechen. Ich bin jedes Mal wieder überrascht, wenn ich auf Veranstaltungen in China mit Autoren ins Gespräch komme, die ich vorher noch nie persönlich getroffen habe, und sie dann plötzlich sagen: »Ach, du bist der von der Zeitung aus Deutschland!«

      LUKAS: Im Kunsthaus Acud in Berlin veranstalten wir eine Reihe, zu der wir die Autoren, die wir in dem Magazin präsentiert haben, nach Berlin einladen. Dort diskutieren sie mit Künstlern und Wissenschaftlern aus der Stadt über Zukunftsfragen. Was können wir tun, um unsere Welt besser zu machen? Welche Chancen birgt künstliche Intelligenz? Auch Chi Hui holten wir nach Deutschland und waren mit ihr auf der Frankfurter Buchmesse. Es war ein toller Moment, als sie auf einmal in der riesigen Messehalle vor uns stand. Schließlich hatte damals alles im Chatroom begonnen. Super war auch der lange Spaziergang mit Jiang Bo durch Berlin!

      Wie umfangreich ist der chinesische SF-Markt?

      FELIX: In China gibt es im Moment um die fünfzig Verlage, die Science Fiction veröffentlichen. Ihr Output variiert allerdings stark. Insgesamt kommen jedes Jahr einige Hundert Publikationen auf den Markt – Romane, Reihen, Anthologien, Kinderbücher und wissenschaftliche Auseinandersetzungen. In den vergangenen Jahren sind die SF-Abteilungen in den Buchhandlungen immer weiter gewachsen. Seit dem Erfolg von Liu Cixin habe ich in den Eingangshallen zahlreicher Buchhandlungen ganze Büchertische zur SF gesehen. Der sticht dort am meisten heraus. Neben seinen Romanen, die in China enorm erfolgreich sind, gibt es Anthologien, Analysebände, Interpretationen, Adaptionen, Kinderbücher und auch Comics. Bisher habe ich nur ein paar Bilder von den Comics gesehen, freue mich aber schon sehr darauf, sie zu lesen.

      Welche SF-Magazine gibt es dort?

      LUKAS: Das einzige Magazin, das wirklich wichtig ist, ist die SCIENCE FICTION WORLD. Mit der Redaktion haben wir im Rahmen unserer Diskussionsreihe im Acud gearbeitet. Felix, erzähl mal von deinem ersten Besuch bei ihnen in Chengdu!

      FELIX: Das war super! Gleich am Eingang stapelten sich Kartons mit Liu-Cixin-Büchern. Es gibt aber nicht nur die SCIENCE FICTION WORLD. In den späten 70er- und frühen 80er-Jahren tauchten die ersten Magazine auf dem chinesischen Markt auf. Die meisten hielten sich nur wenige Jahre oder hatten kleine Auflagen. SCIENCE FICTION WORLD ist zurzeit vermutlich das größte SF-Magazin in China. Das Magazin erscheint monatlich mit einer Auflage von ungefähr 150.000 Exemplaren.

      LUKAS: Um das Jahr 2000 war die Auflage noch höher: Fast eine halbe Million Hefte sollen da jeden Monat gedruckt worden sein!

      FELIX: SCIENCE FICTION WORLD veröffentlicht auch noch eine Ausgabe mit Übersetzungen von Science Fiction und Fantasy aus dem Ausland. Seit 2016 gibt es den SCIENCE FICTION CUBE und der ist ein großer Hit: Von den ersten Ausgaben gingen um die 50.000 Exemplare über den Ladentisch, berichtet Regina Kanyu Wang in ihrem Essay über die chinesische SF-Szene, der in dem gerade erschienenen Sammelband Zerbrochene Sterne von Ken Liu abgedruckt wurde.

      Wie verbreitet ist die Wahrnehmung der SF in der allgemeinen chinesischen Leserschaft?

      LUKAS: Liu Cixin und Hao Jingfang haben jeweils einen Hugo Award gewonnen; Barack Obama und Mark Zuckerberg sind selbsterklärte Fans. Hat das auch in China das Genre beliebter gemacht? Aber einige Autoren selbst sind da eher skeptisch.

      FELIX: Mit den internationalen Preisen stieg auf jeden Fall die Aufmerksamkeit. Als ich vor einigen Jahren, kurz nachdem ich bei KAPSEL eingestiegen bin, meiner ehemaligen Chinesischlehrerin in Xi’an stolz ein Heft in die Hand drückte und ihr begeistert von Science Fiction und Liu Cixin erzählte, war ihre Reaktion sehr verhalten: »Mein Sohn liest so etwas auch gern«, sagte sie nur. Damit war das Thema beendet. Erst jetzt, einige Jahre später, sprach sie mich wieder auf Liu Cixin an. Sie habe Die drei Sonnen nun endlich gelesen und sei absolut begeistert. »Was gibt es noch? Was liest du gerade?« Wir tauschen uns nun regelmäßig aus und wollen bei meinem nächsten Besuch Trips zu den kleineren Buchhandlungen der Stadt machen. Meine Bekannte ist sicherlich kein Einzelfall.

      LUKAS: Derjenige, der maßgeblich zur internationalen Bekanntheit beigetragen hat, ist Autor und Übersetzer Ken Liu, der seit seiner Jugend in Kalifornien lebt. Er ist zufällig in das Thema gerutscht. Auf der Liste seiner Übersetzungen finden sich alle großen Namen der chinesischen SF – das ist sehr beeindruckend. Wir finden es toll, was er mit den Texten macht. Liu Cixin meinte in einem Interview, er finde die Übersetzung von Die drei Sonnen besser als das Original. Wir hatten ihn im März nach Berlin eingeladen, doch dann begann die Corona-Krise. Ich hoffe, dass wir das noch nachholen können!

      FELIX: In China sind diese Autoren aber auch sehr angesagt! Ich kenne viele Schüler und Studenten, die begeistert alle neuen Publikationen verschlingen und sehnsüchtig auf die neueste Ausgabe von SCIENCE FICTION WORLD warten. In meiner Lieblingsbuchhandlung kam mir einmal ein Schüler mit einem Stapel der Zeitung entgegen. Als ich ihn fragte, was er denn mit so vielen Heften wolle, sagte er nur, dass die für all seine Freunde seien. Eine Stunde später saß er zusammen mit fast zwanzig weiteren Schülern auf einer Treppe vor dem Laden. Alle lasen gebannt das Magazin. Viele dieser jungen Leser entwickeln sich zu eingefleischten Fans, die auch Jahre später sehnsüchtig auf Neuerscheinungen warten.

      Gibt es ein mit Europa oder den USA vergleichbares Fandom mit Conventions, Fanzines und Ähnlichem?

      LUKAS: In Schanghai ist viel los. Besonders aktiv sind da Regina Kanyu Wang und der Club Science Fiction Applecore. Peking und Chengdu sind auch wichtige Zentren des Fandoms. Regina hat das sehr anschaulich in einem Essay zusammengefasst, den wir in der Ausgabe von KAPSEL über Ken Liu veröffentlicht haben.

      FELIX: Neben Schanghai sind unter anderem noch Peking, Chengdu, Nanjing und Xi’an wichtige Städte. In den 80er-Jahren gründeten sich dort erste Fanclubs, wie man erzählt. In den frühen 90er-Jahren kamen zahlreiche Lese- und Fan-Clubs dazu. Häufig waren Studierende vorn mit dabei. Die Gruppen organisierten eigene Events. Heute ist das tatsächlich auch noch so.

      LUKAS: Viele der Autoren waren zuerst Fans. Regina Kanyu Wang zum Beispiel. Jetzt schreibt sie selbst und reist zugleich durch die Welt, um das Genre im Ausland bekannt zu machen. Generell sind die Leute dort mit viel Leidenschaft bei der Sache. Es macht

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