Das Science Fiction Jahr 2020. Группа авторов

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Das Science Fiction Jahr 2020 - Группа авторов

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Zwei der wichtigsten Science-Fiction-Preise sind der Galaxy und der Nebula Award. Zeitgleich zu den jährlichen Verleihungen finden in China informelle Veranstaltungen für die Fans statt, die US-amerikanischen und europäischen Conventions sehr ähnlich sind. Im vergangenen Jahr war ich zum Nebula Award eingeladen, konnte aber leider nicht teilnehmen. Ich hoffe, dass es dieses Jahr klappt.

      Gibt es eine längere Tradition chinesischer SF bzw. »klassische« SF in China?

      LUKAS: Das geht ziemlich weit zurück. Felix, kannst du ein paar Autoren zur Geschichte der chinesischen SF empfehlen, die man auf Deutsch oder Englisch lesen kann? In der ersten KAPSEL hatten wir einen sehr schönen Artikel zu dem Thema, aber die ist schon vergriffen.

      FELIX: Song Mingwei, Nathaniel Isaacson, Regina Kanyu Wang, Ken Liu und Xia Jia haben hierzu interessante Essays geschrieben, die es teils auch online gibt!

      LUKAS: Die Forschung ist sich einig darüber, dass das Genre Anfang des 20. Jahrhunderts den Weg nach China über Übersetzungen fand. Damals ging es vor allem darum, die Entwicklung des Landes zu fördern.

      FELIX: Auch einige chinesische Autoren versuchten sich in dem Genre und brachten einige utopische Geschichten und idealisierte Vorstellungen zu Papier. So richtig blühte das Genre aber erst ab 1949 auf. Mehrere Autoren, darunter Zhang Ran und Zheng Wenguang, widmeten sich der SF und publizierten einige sehr enthusiastische, utopische Entwürfe nach sowjetischem Vorbild, die sich mit dem Ziel der Vermittlung von Wissen – viele Autoren waren tatsächlich Wissenschaftler – verstärkt an eine junge Leserschaft richteten. Diese erste Blütephase klang Ende der 60er-Jahre mit der aufkommenden Kulturrevolution aus, in der das Genre nahezu vollständig verschwand.

      LUKAS: Das Golden Age startete dann in den 80er-Jahren.

      FELIX: Genau! Mit dem Ende der 70er-Jahre und dem Ende der Kulturrevolution begann ein goldenes Zeitalter für die chinesische Science Fiction. Zahlreiche Werke und aufkommende Magazine konnten mehr und mehr Leser für das Genre begeistern. Der kürzlich verstorbene Ye Yonglie war in dieser Zeit besonders erfolgreich. Eine seiner Geschichten verkaufte sich mehr als eine Million Mal. Aber schon kurz danach fand der Aufschwung ein jähes Ende: Science Fiction verbreite Pseudowissenschaft und sei politisch inakzeptabel, hieß es.

      Ende der 80er-Jahre erholte sich das Genre wieder: Die chinesische New Wave begann. Die SF konnte sich als literarisches Genre behaupten und etablieren. Die drei »Generäle« Liu Cixin, Wang Jinkang und Han Song, aber auch viele andere publizieren seither ihre Bücher, die nicht mehr ausschließlich utopische, sondern vermehrt dystopische bis düstere Züge haben.

      Einige Namen chinesischer Autorinnen und Autoren sind in Europa inzwischen bekannt, wie zum Beispiel Liu Cixin und Hao Jingfang. Wer ist darüber hinaus aber noch maßgeblich für die gegenwärtige chinesische SF?

      FELIX: Wer ein paar Klassiker lesen will, der sollte sich als Secondhand den Sammelband SF aus China von Ye Yonglie und Charlotte Dunsing aus den 80ern besorgen! Die frühen Romane und Erzählungen aus den 90er-Jahren von Wang Jinkang, Han Song und natürlich von Liu Cixin sowie deren aktuellere Texte kann ich auch sehr empfehlen. Und na klar, die Texte der jüngsten Generation: Xia Jia, Chen Qiufan, Jiang Bo, Chi Hui, Anna Wu, Mo Xiong, Zhang Ran, A Que, Baoshu und so weiter und so weiter.

      LUKAS: Oh, das ist eine schwierige Frage. Es gibt so viele gute Texte! Jiang Bo, der in erster Linie für seine Space Operas bekannt ist, schreibt Krimis über künstliche Intelligenz und Big Data. Xia Jia und Chi Hui erwähnten wir bereits – Chi Hui hat eine tolle Coming-of-Age-Story geschrieben mit Riesenkäfern und Raumtoren. Ken Liu schreibt auch unglaublich gute Geschichten, auch wenn er in den USA lebt und veröffentlicht und deshalb streng genommen nicht zur chinesischen Science Fiction zählt. Es gibt zwei tolle Erzählungsbände: The Paper Menagerie und The Hidden Girl.

      Worin unterscheidet sich chinesische SF grundsätzlich von der US-amerikanischen und europäischen? Welche zentralen Themen werden behandelt?

      LUKAS: Als ich Regina Kanyu Wang im Januar im Central Congress in Hamburg interviewt habe, sagte sie, dass die Geschichten immer eine sehr persönliche Seite haben. Ich kann ihr da nur zustimmen: Es gibt so eine Energie zwischen den Zeilen, die mich an den Geschichten, die ich bis jetzt gelesen habe, sehr reizt.

      FELIX: Nach einer Lesung in Peking sagte ein Autor einmal zu mir, dass genau diese Frage nahezu auf jeder Veranstaltung gestellt wird. Und es sei eine schwierige ohne eindeutige Antwort. Selbstverständlich gibt es Themen, die für chinesische Autoren besonders bedeutend sind, oder eine Poetik, die sich gegebenenfalls von Science-Fiction-Autoren aus anderen Ländern unterscheidet.

      Gibt es neben der Literatur auch SF in anderen Medien, wie Film und Comic und so weiter?

      FELIX: Die Verfilmung von Die wandernde Erde von Liu Cixin war in China ein großer Erfolg. Die Branche möchte mit Sicherheit an diesen Erfolg anknüpfen. Ich weiß von einigen Autoren, die auch in der Filmbranche arbeiten, und höre immer mal wieder etwas von neuen Filmprojekten. Nach wie vor hoffe ich, dass Die drei Sonnen verfilmt wird und auch außerhalb von China in die Kinos kommt. Film und Literatur sind aber nur der Anfang. Weitere Medien folgen bestimmt. Comics und illustrierte Bände sind bereits auf dem Weg. Ich bin gespannt, was noch alles publiziert wird!

      Wie ist das Geschlechterverhältnis bei den chinesischen Autorinnen und Autoren?

      FELIX: Charakteristisch für die derzeitige Phase ist, dass viele Frauen als Autorinnen aktiv sind und publiziert werden. Und es werden immer mehr! Viele Debüts in den vergangenen Jahren waren von jungen Frauen. Einige der etablierten Autorinnen sind auch außerhalb Chinas bekannt. Die Texte von Xia Jia, Chi Hui und Anna Wu wurden bereits in mehrere Sprachen übersetzt, unter anderem von Ken Liu und von uns. Fortsetzung folgt.

      LUKAS: Wir mögen sehr an der Szene in China, dass so viele Frauen schreiben – und so erfolgreich sind! Xia Jia gehört definitiv zu den Stars der jungen SF-Szene Chinas. Ihre Storys sind fast schon meditativ. Es spricht auch für sich selbst, dass Hao Jingfang ein Jahr nach Liu Cixin ebenfalls mit dem Hugo-Award ausgezeichnet wurde.

      Worin seht ihr den Grund für das zunehmende Interesse an chinesischer SF in den USA und Europa?

      LUKAS: Das haben wir ja oben bereits angerissen. Es gibt unglaublich engagierte Leute wie Ken Liu, Song Mingwei und Regina Kanyu Wang. Die haben eine tolle Vorarbeit geleistet! Die Empfehlungen von Obama und Zuckerberg haben ihr Übriges getan. Aber wir können vor allem für uns sprechen: Als wir vor fünf Jahren angefangen haben, gab es hierzulande kaum Genre-Literatur aus China. Das meiste, was bis dahin publiziert worden war, waren sehr ernste Texte, so wie die von Mo Yan, der für seine Erzählungen den Nobelpreis erhalten hat. Darüber hinaus erreichte von den Hunderttausenden Büchern, die Jahr für Jahr in China erscheinen, nur ein Bruchteil den deutschen Markt.

      FELIX: China entwickelt sich derzeit rasant. Und das bekommt man auch außerhalb des Landes mit. Ich finde vor allem technische Neuerungen, zum Beispiel im Bereich der KI, spannend und denke, dass es vielen anderen auch so geht. Science Fiction ist im Umkehrschluss das literarische Genre, das genau derartige Prozesse aufgreift und sich auf künstlerische Weise damit auseinandersetzt. Möglicherweise auch ein Grund für den Erfolg des Genres in dieser Zeit.

      Was plant ihr für die Zukunft für euer Magazin?

      LUKAS: Gerade arbeiten wir an zwei neuen Ausgaben. Die eine erscheint diesen Herbst. Dafür haben wir eine Geschichte von Jiang Bo übersetzt, in der es um ein Big-Data-Experiment geht, das aus den Fugen gerät. Im kommenden Jahr

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