Heimat?. Группа авторов

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Sie sagte mir: Welcome to Lagos. Ich sei jetzt ein richtiger Lagosian. Ich wurde ruhiger, vorsichtiger. Ich fing an mich anzuziehen wie ein Yoruba-Mann. Ich wurde dunkler. Ging langsamer. Lachte lauter und länger. Über Korruption und so. Steal your watch. And tell you what time it is. Ich buchte einen früheren Flug zurück. Meine Ankara-Stoffe zu dünn für das kalte Wetter hier. Ich zog mich wärmer an, wurde wieder heller. Ich packte die Stoffe weg. Mit einem Lavendelsäckchen gegen Motten. Konnte Europäisches nicht mehr wirklich ernst nehmen. Alles Hunde. Whack. Verwöhnt. Egozentrisch. Ich war nicht beeindruckt von Kultur. Sie begeisterte mich nicht. Sie war für mich genauso natürlich wie Natur. Auch sie begeisterte mich nicht. Dem Regen ausgesetzt zu sein, ist genauso nervig und oder schön, wie Worten ausgesetzt zu sein. Ich brauche einen Regenschirm. Gerne auch saurerregenresistent. Greta nervte mich. Wie über Klima geredet wurde, nervte mich. Man hatte wieder eine kollektive Moral in diesem Land. Man war sich einig. Gruselig. Heimat. Trap.

      Ich steige aus der Tram. Atme durch. Eine mittelgroße deutsche Universitätsstadt um mich herum.

      Ich schreie: „Was wir hier haben, ist ein Kommunikationsproblem!“

      Vollkommen drüber. Unangenehm. Kitschkrieg.

      Ich schreie natürlich nicht.

      Ich lese nicht.

      Ich schreibe nicht.

      Warum nicht?

      Ich habe keine Zeit zum Schreiben.

      Keine Zeit für Heimat.

      Ich setze mich in ein Café, unterhalte mich über Heimat. Mein Gesprächspartner sagt mir:

      „Heimat ist mehr als Infrastruktur, mehr als Deutschlandfunk, Dusche, Kaffee, Tram. Heimat ist mehr als Deutschland.“

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      1 Es gab eine Zeit, da war es mir peinlich, dass ich Hip-Hop höre. Ich fand mich in einem Klischee wieder, das dem weißen Otto Normallaberer perfekt zuspielte. Dunkle Hautfarbe, sportlich (ich bin sogar sehr sportlich) und Hip-Hop-Fan? Check. Next. Gegen diese Scham- und Schutzkultur, die keinen Spaß macht und einen lähmt, half in meinem Fall Miles Davis („So What?“) und der performative Überexzess (eigenes Mixtape droppen.)

       Görlitz I

       von Roman Israel

       die Straße ist ein hartes Pflaster

       in Görlitzer Höfen findet ein hartes

       Wettrüsten statt

       wer hat den dicksten den längsten

       den deepesten Docht mit dem niederfrequentesten

       Brummen der

       Sportauspuffwummen

       das ist

       angesagt wie warme Semmeln aber keine

       warmen Semmeln

       die holt man aus dem Froster

       denn die Löhne sind niedrig im Vergleich

       mit irgendwo (irgendwo darbt immer einer

       muss ja aber doch nicht hier!) das nimmt mancher

       sehr ernst und zum Anlass beim Wählen zu wählen

       denn das Görlitzer Leben ist hard und behaart wovon

       sich nur längere dickere Auspuffe leisten? das

       wissen nur die Toten die dreisten

       wäre es nur fri-er gewesen

       jetzt kommen Fremde

       Idioten die weitgereisten und nehmen den

       Altfremden die Auspuffe weg denken

       die und was bleibt ihnen dann noch

       außer Hummer für den guten Zweck?

       im Fernsehen kommt TV

       tagsüber ficken Hunde

       oder machen Fondue oben wohnen Polen

       ebenfalls Auspuffjünger

       allerdings anders in Klang und Design

       ümmer weint ein Chinese an

       Jakob Böhmes Grab und ein greiser Knab

       Achselbehaart steht am

       MacGeiz in einer Schlange

       erstmal anstellen denkt er sich

       dann weiter nicht umgekehrt

       vllt. gibt’s ’nen Sack Auspuffhalter hier

       oder Bier

       in der Stadt ist es nicht still

       auf dem Land ist es nicht laut

       hier lebt es sich nicht schlecht

       und dennoch weiden sich viele

       am Leiden so erzählt man sich so

       erzählt man sich wär’s doch nur

       früher ein bisschen wieder früher

       beizeiten

       Görlitz II

       von Roman Israel

       ich habe den Fischen beim

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