Heimat?. Группа авторов

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Luftschnappen zugesehen und

       den ruhigen Bewegungen des

       Herbstes auf den Teichen

       Blätter wirbelten wie kleine Galaxienleichen

       umher ein Angler deutschte Polnisch

       in sein Handy hinein Libellen

       bewegten sich zahm neben seinem

       Bein kaum in Sorge sie könnten

       erschreckt werden

       in der Ferne zeichneten sich die Gipfel

       des Riesengebirges ab vor polnischer

       Hochhaussilhouette

       auf den Kämmen lag

       schon etwas Schnee oder war es nur

       ein Abglanz der Sonne? ein Mädchen

       summte gaga Lady und sagte wie gerne

       es hier sei daheim zwischen dem

       Görlitzer Sonnenschein und den

       anderen Welten und trotzdem

       komme es so selten

       hier her hier her

       so selten so selten hierher

       zwischen den Welten

       sagte es als sei

       es eine Kunst

       davon zu sprechen

       so selten so selten

       zwischen den Welten

       hier her

       In Städten glaubt man, es gehöre zum guten Tone, nicht einmal zu wissen, wer in demselben Hause wohnt.

       Adolph Freiherr Knigge

      Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge (1752–1796), deutscher Schriftsteller.

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       Heimat ist ein Tomatenbrotschnittchen

       von Isobel Markus

      Ich sitze an meinem Schreibtisch und mein Blick fällt auf eine Postkarte an der Wand.

       Heimat ist da, wo dein Laptop steht.

      Ich blicke unentschieden auf meinen Laptop und denke an meine alten Heimaten. Mir fällt auf, dass der Plural in diesem Zusammenhang wohl eher unüblich ist. Heimat verlangt nach einem Singular. Heimat will monogam geliebt werden, mit Sehnsucht und exklusiv. Heimat, oh du mein einziger BFF.

      Heimat ist ein schwieriger Begriff. Ist Heimat ein Ort oder ein Gefühl, ein Geruch oder Geschmack oder eben alles zusammengenommen, ein sehr individueller Sehnsuchtsort? Ein Begriff zumindest, der bereits historisch missbraucht und derzeit wieder ideologisch aufgeladen ist.

      Ich denke an die Spielplätze meiner Heimaten. Mir fallen eine Kiesgrube, ein Parkplatz und die Bahntrasse im Wald ein. Das war im Dorf meiner Kindheit, in dem mein liebster Freund ein paar Jahre später an der Bahntrasse starb. Ansonsten war das Dorf pittoresk mit roten Ziegeldächern und Jägerzäunen, die Vorgärten eher einrahmten als abschirmten. Ich erinnere mich an den Wind in den mannshohen Maisfeldern, an Straßen mit Kopfsteinpflaster oder wiederum an Bürgersteige, die so neu wirkten, als wäre noch nie jemand auf ihnen gelaufen. Einmal wurde in großen grünen Buchstaben PLO auf eine Straßenkreuzung gesprüht und die Gerüchteküche brodelte. Ich erinnere mich an die Straße, auf der ich mit nackten Füßen nach Hause lief, weil ich einmal meine Schuhe im Wald verloren hatte. Ich erinnere mich an das Gesicht meiner Mutter, als sie meine absonderliche Erklärung dazu hörte. Die Schuhe fanden wir nie wieder.

      Heimat ist wahrscheinlich eine sehr fürsorgliche Geschichte.

      Etwa, wenn man jetzt bei der Oma ins Haus kommt, wo es wie früher nach Holz, Honig und Klosterfrau Melissengeist riecht, man sofort wieder acht Jahre alt ist und auf die besten Bratkartoffeln der Welt wartet. Nur dass jetzt die Möbel geschrumpft wirken.

      Heimat ist auch sehr intensiv, wenn sich jemand freut, dich wiederzusehen, und man spürt, dass man zu Hause ist. Oder wenn jemand sagt: „Fahr vorsichtig.“

      Oder: „Bist du gut angekommen?“

      Heimat ist, selbst im Dunkeln zu wissen, wo die Lichtschalter sind.

      Ich denke an die Zeitabschnitte, an die mein heimatliches Gefühl gebunden war, an die Menschen und an mein Vertrauen. Mein unbedingtes Vertrauen.

      Wir zogen aus dem Dorf weg und fortan häufig um, meine Eltern, meine Geschwister und ich. Nach meinem Auszug bei den Eltern machte ich das Umziehen dann zu meiner eigenen Gewohnheit. Es war mir wohl selbst ein Stück Heimat geworden, spätestens alle zwei bis drei Jahre die Bleibe zu wechseln. Und es gab immer einen guten Grund, weiterzuziehen, wobei das Wort weiter ja womöglich ein Ziel implizieren könnte, und das hatte ich nicht. Kein endgültiges zumindest. Ich wollte neu anfangen. Egal wie. Allein oder zu zweit mit meinem Freund. Zu zweit wollten er und ich nach Neuseeland auswandern, da waren wir etwa Anfang 20. Es war alles vorbereitet. Das Visum, die Arbeitserlaubnis, wir waren bereit. Aber dann wog bei ihm die alte Heimat doch plötzlich schwerer als meine Sehnsucht nach einem Neubeginn. Und damals war er meine Heimat.

      Ich überlege, ob mein Umherziehen all die Jahre auch an den vielen Fluchterlebnissen in der Geschichte meiner Familie liegen könnte. Viel wurde davon erzählt. Flucht war ein großes Thema in unserer Familie. Man hatte alles zurücklassen müssen, nicht weil man sich wie ich freiwillig dazu entschied, sich voller Enthusiasmus auf zu neuen Ufern zu machen, sondern weil man vor Angst dazu gezwungen worden war, sein Leben und das seiner Lieben zu retten. Der Krieg machte meine Familie heimatlos. So lässt sich Heimat von vielen Seiten betrachten. Von der schmerzhaften Seite, die den Verlust beinhaltet oder der anderen, die geborgen heimatliche Gefühle hervorbringt.

      Allerdings war mir Heimattümelndes stets unangenehm. Und damit meine ich weniger Bierzelte voller Lederhosen und Dirndl, Schlagerabende mit Betten in Kornfeldern oder schunkelnde Volksmusiksendungen. Mit diesen hatte ich keine Berührungspunkte.

      Mir fielen eher Erlebnisse unangenehm auf, die, wie ich verwundert

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