Konsequent überzeugen!. Antje Barmeyer
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Sie fühlten sich jedoch in der Situation überrumpelt, als Ihr Kollege Sie so verbal angegriffen hat. Deshalb konnten Sie Ihr Handlungsmuster nicht überdenken und haben mit einer Rechtfertigung reagiert, obwohl dies gar nicht nötig gewesen wäre.
Das Negative an einer Rechtfertigung ist ihre Wirkung bei den Gesprächspartnern. Etwas flapsig kann man sagen: Wer sich rechtfertigt, hat es nötig. Eine Rechtfertigung beinhaltet immer eine Erklärung des eigenen Verhaltens in bestimmten Situationen. Die Frage ist jedoch, ob Sie sich wirklich so erklären wollen und müssen. Bei genauerer Betrachtung stellen wir fest, dass in der Rechtfertigung oft die Aufforderung zur Diskussion liegt.
Auf das Beispiel des Grüßens bezogen bedeutet es Folgendes: Die Rechtfertigung, mit der Sie Ihr Verhalten erklären, könnte so lauten: „Oh, ich war in Eile, ich musste für Frau Meier schnell 20 Kopien machen und der Kopierer in unserer Abteilung war mal wieder kaputt. Immer wenn man den braucht, funktioniert er nicht. Deshalb habe ich Sie wohl nicht gesehen und habe Sie nicht gegrüßt. Das tut mir leid.“ Wenn Ihr Kollege Sie nun provozieren möchte oder Lust auf ein Streitgespräch hat, könnte der antworten: „War ja klar, dass Sie den Kopierer nicht bedienen können. Dabei sind die Dinger doch so einfach zu handhaben. Ich weiß gar nicht, was Sie immer haben.“ Oder: „Ja, Sie sind ja immer so in Eile, offensichtlich haben Sie so viel zu tun, dass Sie Ihre Arbeit nicht schaffen. Oder sind Sie so unflexibel?“ Sie sehen, in der Rechtfertigung bieten Sie viele Möglichkeiten zum Angriff und zur Provokation, falls Ihr Gegenüber darauf aus ist.
Mit einem einfachen: „Tut mir leid“ hätten Sie keine weitere Plattform für eine Diskussion gegeben.
Kommen wir zurück zu dem Eisbergmodell und den Handlungsmustern. Im Positiven haben wir nämlich die Chance, durch neue Erfahrungen unsere Handlungsmuster aktiv zu verändern. Nehmen wir ein weiteres Mal die Situation des Grüßens und der Rechtfertigung wie oben geschildert. Stellen Sie sich vor, Sie haben sich tatsächlich gerechtfertigt und ärgern sich nun über sich selbst, dass Sie dem Kollegen lang und breit erklärt haben, warum Sie ihn nicht gegrüßt haben. Der Kollege reagiert, indem er Sie provoziert. Wenn Sie nun immer wieder über Ihre Reaktion nachdenken und sich ärgern, dass Sie sich gerechtfertigt haben, verstärken Sie in Gedanken die reale Erfahrung. Ihr Unterbewusstsein speichert diese Erfahrung nun jedes Mal aufs Neue ab. Dies führt im schlimmsten Fall dazu, dass Sie sich ärgern, wenn Sie den Kollegen das nächste Mal nur schon von Weitem sehen.
Es geht auch anders: Stellen Sie sich wie bei einem inneren Film die real erlebte Situation mit dem Kollegen vor und sehen Sie sich diesmal zu, wie Sie sagen: „Tut mir leid“. Spielen Sie sich diesen „Film“ mehrmals im Kopf ab. Das Positive an unseren Erfahrungen und Handlungsmustern ist die Möglichkeit, in Gedanken neue Erfahrungen zu machen und dadurch unsere Handlungsmuster aktiv in bessere Reaktionen umzuwandeln. Das können wir als „Kopf-Kino“ bezeichnen.
Von der Sachebene und von der Beziehungsebene
Eine weitere Erklärung für unser Kommunikationsverhalten hält ebenfalls das Eisbergmodell für uns parat: Es erklärt den Unterschied zwischen Sachebene und Beziehungsebene.
Wenn Sie in einer Situation rational reagieren, dann tun Sie dies mit dem Verstand. In der Kommunikation befinden Sie sich nach dem Eisbergmodell damit auf der Sachebene. Reagieren Sie in Situationen unbewusst und emotional, dann sind Sie auf der Beziehungsebene. Diese Tatsache erlaubt uns, auf vielfältige Weise zu kommunizieren.
In vielen Alltagssituationen agieren und reagieren Sie automatisch auf der Sachebene und damit über den Verstand gesteuert:
Sie beschreiben einer Person den Weg von A nach B,
Sie informieren Ihre Kollegin über das neue Speisenangebot Ihres Lieblingsitalieners,
Sie erklären dem neuen Auszubildenden, wie der Drucker funktioniert,
Sie stellen dar, welche Filme diese Woche im Kino gezeigt werden,
Sie berichten über die Weihnachtsdekorationen im Blumenladen nebenan,
Sie erläutern die vielfältigen Möglichkeiten, die eine Ferienwohnung bietet
usw.
Über alle diese Dinge werden Sie sachlich sprechen.
Noch viel häufiger agieren und reagieren Sie automatisch auf der Beziehungsebene und damit über das Gefühl gesteuert:
Sie beschreiben, wie wunderschön der Spazierweg von A nach B ist,
Sie informieren Ihre Kollegin über all die neuen leckeren Pizza- und Pasta-Sorten, die Ihr Lieblingsitaliener anbietet,
Sie erklären dem neuen Auszubildenden, dass es gar nicht so schwer ist, den Drucker zu bedienen, und zeigen ihm, wie es geht,
Sie berichten über die bunte und glitzernde Weihnachtsdekoration im Blumenladen, wo Sie am liebsten alles kaufen würden,
Sie erläutern die tolle Lage der Ferienwohnung und wohin man von dort aus wunderbar wandern kann
usw.
Erkennen Sie den Unterschied? Auf der Sachebene agieren wir eher neutral und ohne Wertungen. Auf der Beziehungsebene kommen immer Emotionen mit ins Spiel. Sie können einen Sachverhalt sachlich oder emotional darstellen. Wie Sie dies tun, hängt entweder davon ab, wie wichtig Ihnen das Thema ist, wie tief Sie davon berührt sind, oder ob Sie eher emotional distanziert sind und das Thema neutral betrachten. In der Regel entscheidet allerdings Ihr Unterbewusstsein, welche Ebene Sie im Gespräch wählen. Selbstverständlich hängt dies ganz wesentlich von Ihren Gesprächspartnern ab. Sie haben es sicher schon erlebt, dass Sie mit manchen Menschen sachlich sprechen und andere Menschen wiederum sofort Ihre positiven oder negativen Emotionen ansprechen.
Je besser Sie eine Person kennen und je häufiger Sie mit ihr zu tun haben, desto emotionaler werden Sie mit ihr kommunizieren. Mit Personen, denen Sie nur selten oder noch nie begegnet sind, werden Sie eher sachlich kommunizieren.
Mit vier Ohren hören
Wie Sie gerade gelesen haben, kommunizieren wir eher aus unserer Gefühlswelt heraus, nämlich auf der Beziehungsebene. Dort sind die meisten unserer Handlungsmuster abgespeichert. Daher stellt sich die Frage: Wie können wir unsere Kommunikation so steuern, dass wir mehr über den Verstand agieren und dementsprechend auf der Sachebene im Gespräch bleiben?
Die Lösung liegt in dem Kommunikationsmodell des „Vier-ohrigen-Hörens“ von Friedemann Schulz von Thun. Er ist deutscher Psychologe und Kommunikationswissenschaftler sowie Gründer des Schulz von Thun Instituts für Kommunikation in Hamburg.
In diesem Kommunikationsmodell wird beschrieben, dass wir nicht nur mit zwei Ohren hören, sondern mit vier Ohren. Daraus folgt, dass jede Nachricht, die wir senden und die wir empfangen, vier Seiten hat.
Schauen wir uns zunächst dieses Modell aus der Empfängerperspektive an. Sobald Sie eine Botschaft erhalten, haben Sie als Empfängerin die Wahl zwischen vier Möglichkeiten, auf welcher