Diversität in der Sozialen Arbeit. Beate Aschenbrenner-Wellmann

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Diversität in der Sozialen Arbeit - Beate Aschenbrenner-Wellmann

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      Mit Blick auf das Schaubild wird deutlich, dass Verschiedenheit aus Perspektive des_der Beobachter_in als Unterschiedlichkeit, Ungleichheit oder Vielfalt wahrgenommen werden kann. Daraufhin erfolgt eine weitere Differenzierung in die verschiedenen Bedeutungsdimensionen von Diversität, auf die im Einzelnen unter Punkt 2 eingegangen wird. So können der Unterschiedlichkeit die Dimensionen ›Deskriptiv-klassifizierend‹ und ›Integrationspolitisch‹, der Vielfalt die Dimensionen ›Evaluativ‹ und ›Didaktik‹ und der Ungleichheit die Dimensionen ›Normativ-regulierend‹ und ›Ungleichheitskritisch‹ zugeordnet werden. Diese verschiedenen Arten von Diversität, die auf den Ebenen des Individuums, der Gruppe, Organisationen, dem Sozialraum als auch der Gesellschaft beobachtbar sind, führen zu diversen Handlungsanforderungen und -möglichkeiten in den vielfältigen Arbeitsbereichen der Sozialen Arbeit (in Anlehnung an Aschenbrenner-Wellmann 2009b: 65).

      »Eine gute Praxis braucht eine gute Theorie«, so Otto auf dem Bundeskongress Soziale Arbeit 2005. Für die theoretische Fundierung zieht Aschenbrenner-Wellmann (2009: 65) die Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession, Soziale Teilhabe und globale Soziale Arbeit heran. »Erstere beschreibt Menschenrechte als common sense der sich bildenden Weltgesellschaft, der als einziger Normenkatalog global anerkannt wird […], [die zweite] verweist auf Solidarität, Inklusion und die Herstellung sozialer Gerechtigkeit, auf ein Recht zur Teilhabe« (ebd.). Anstelle einer globalen Sozialen Arbeit wird im neuen Modell der Begriff ›resonanzorientierte Soziale Arbeit‹ in Anlehnung an die aus der Soziologie stammenden Resonanztheorie nach Hartmut Rosa (2016) aufgenommen. Im Kern geht es dabei um eine über Kompetenzen hinausreichende Soziale Arbeit, die Resonanzerfahrungen als Beziehungsmodi versteht und den Fokus auf Selbstwirksamkeitserfahrungen und gelingende Weltbeziehungen legt und als Antwort bzw. Lösung auf die heutige beschleunigte Welt gesehen wird. Auf diese Theorie wird in Teil III im Hinblick auf NPOs vertiefend eingegangen (image Teil III).

      Diese theoretischen Ansätze lassen sich mit den Ausprägungsformen von Verschiedenheit in Form von Kombinationspaaren verbinden:

      • Ungleichheit – soziale Teilhabe;

      • Vielfalt – Menschenrechtsprofession;

      • Unterschiedlichkeit – resonanzorientierte Soziale Arbeit.

      Diese Verhältnisse werden nachfolgend skizziert.

      In der Kombination Ungleichheit – Soziale Teilhabe geht es »einerseits um Teilhabe der Profession an den aktuellen Veränderungen des Sozialstaats, andererseits um die Partizipation der KlientInnen in der Sozialen Arbeit« (Aschenbrenner-Wellmann 2009b: 66). Daher braucht es

      • soziale Gerechtigkeit als übergreifenden Wert sowie eine angemessene Diskussions- und Aktionsbasis für die Soziale Arbeit;

      • die Einsicht, dass eine Verpflichtung zur Teilnahme keinen Ersatz für das Recht auf Teilhabe sein kann;

      • die Einsicht, dass soziale Teilhabe Solidarität und soziale Inklusion bedeutet (ebd.).

      Innerhalb der Verbindung zwischen Vielfalt und Menschenrechtsprofession steht zum einen die Toleranz, die gewährt oder auch entzogen werden kann, und zum anderen die Anerkennung im Mittelpunkt. Unter Anerkennung ist eine Beziehung zu verstehen, die auf Gleichwertigkeit und wechselseitiger Akzeptanz beruht, um Menschenrechte zu verwirklichen (ebd.).

      Das Kombinationspaar Unterschiedlichkeit und resonanzorientierte Soziale Arbeit berührt folgende Aspekte (in Anlehnung an ebd. und Rosa 2016):

      • Durch Globalisierung, Individualisierung und Pluralisierung entsteht eine Gesellschaft mit unterschiedlichsten Milieus und Lebensentwürfen. Somit entwickeln sich unzählige Optionen für Individuen, was die Welt unbestimmter, unübersichtlicher und widersprüchlicher macht, das Leben beschleunigt und Beziehungen erschwert.

      • Soziale Arbeit muss daher ihren Fokus erweitern: Der Blick darf nicht ausschließlich auf Ressourcen ruhen, sondern muss auf Beziehungen zur Welt und Selbstwirksamkeitserfahrungen – resonanzorientiert – ausgerichtet werden.

      • So können strukturelle Analysen der Weltzusammenhänge und Weltbeziehungen mit der Alltagswelt Einzelner verknüpft werden.

      Diversität bedeuten in diesem Sinne »eine Verabschiedung von der Eindeutigkeit bzw. die Akzeptanz der unaufhebbaren Zwei- oder Mehrdeutigkeit. Diversity ist verbunden mit der Bereitschaft loszulassen, sich auf Neues einzustellen und damit die Chance und das Risiko des Übergangs und der Transformation« (Aschenbrenner-Wellmann 2009b: 67) zu nutzen. Diese Sichtweise ist zentral, denn »Überleben ist in der Welt der Kontingenz und Diversität nur möglich, wenn jede Differenz die andere Differenz als notwendige Bedingung für die Bewahrung der eigenen anerkennt« (Baumann 1999: 312).

      Dieser geforderte Paradigmenwechsel ist in der Praxis allerdings schwer umsetzbar, beurteilen doch Menschen ihr Umfeld immer noch gerne danach, was ihnen vertraut ist. Sie suchen sich möglichst ähnliche Personen und gehen Veränderungen nur zögerlich an. Daher gehört in den Mittelpunkt einer zukunftsorientierten Praxis und Ausbildung der Sozialen Arbeit die Kompetenz im Umgang mit Verschiedenheit in den Ausprägungen: Ungleichheit, Vielfalt und Unterschiedlichkeit – auch wenn Diversität in ihrer Gesamtheit wahrzunehmen einzelne Menschen wie auch Systeme überfordert. Deshalb »ist für jede Situation, jede Organisation etc. jeweils zu klären, welche Aspekte von Diversity wann fokussiert werden und wie das Gesamtkonzept zur besseren Handbarkeit reduziert werden kann« (Aschenbrenner-Wellmann 2009: 214).

      Neben der Sicht von Professionellen und Organisationen ist für die Soziale Arbeit die Sicht der Klient_innen von großer Bedeutung. Auch diese muss in den Blick genommen werden – vor allem, wenn Lebensweltorientierung ernstgenommen werden soll. Für die Adressat_innen ist es wichtig innerhalb der Sozialen Arbeit und bei ihren Angeboten ein Gefühl von Akzeptanz und Zutrauen zu spüren. Daher muss von Seiten der Sozialarbeiter_innen erwartet werden, dass sie ihrem Gegenüber respektvoll begegnen – unabhängig von Handlungsweisen, Hintergründen, Denk- und Lebensentwürfen. Akzeptanz kann als vierstufiger Prozess dargestellt werden (vgl. Löcherbach/Puhl 2016: 121):

      1. Stufe: Orientierung – das Interesse an anderen Menschen. Dies bedeutet die Auseinandersetzung mit ihnen und damit, dass sie anders sind als wir selbst.

      2. Stufe: Kenntnis – die generelle Kenntnis der Lebenswirklichkeit der Adressat_innen.

      3. Stufe: Akzeptanz – das Anderssein von Menschen akzeptieren und nicht als Widerspruch zu sich selbst und den eigenen Lebensvorstellungen zu interpretieren.

      4. Stufe: Toleranz – Anderssein und die Vielfalt als wichtig erachten und nicht verändern wollen.

      Innerhalb dieses Prozesses spiegelt sich die Anerkennung einer vielfältigen Gesellschaft mit unterschiedlichen Lebenswelten wider. Diese Stufen müssen laut Löcherbach und Puhl auf Seiten der Professionellen bereits durchlaufen sein, bevor sie ihre Adressat_innen in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit treffen (ebd.). Daher ist der Umgang und die Auseinandersetzung mit Diversität in unterschiedlichen Bedeutungsdimensionen für eine professionelle, zeitgemäße Soziale Arbeit bereits innerhalb des Studiums unerlässlich.

      Um der angestrebten komplexen vielfältigen Sichtweise von Diversität gerecht werden zu können, sollen in Kapitel 2 verschiedene Lesearten und Dimensionen von Diversität betrachtet werden (

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