Genderismus. Birgit Kelle
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Um die Naturphänomene mathematisch zu beschreiben, brauchte man Gott in der Tat nicht. So kommt er in der Physik auch nicht vor. Aber nachdem sich jetzt die Natur sehr gut ohne Gott beschreiben und erklären ließ, wurde aus dem methodischen ein metaphysischer Atheismus. Das macht das Statement eines renommierten Harvard-Professors deutlich: „Wir haben Wissenschaftstheorien geschaffen, die rein materielle Erklärungen produzieren - egal wie sehr diese Erklärungen dem gesunden Menschenverstand widersprechen. Unser Materialismus ist absolut, denn wir können keinen göttlichen Fuß in der Tür zulassen.“ 9 Ein wissenschaftlich bemäntelter Atheismus beherrscht seitdem die Universitäten mit dem Dogma, dass Gott in der Wissenschaft nichts mehr zu suchen hätte.
Die materialistische Interpretation der Natur aus dem 17. Jahrhundert wurde zur „wissenschaftlichen Weltanschauung“ des Materialismus. So wurde die Wissenschaft, ursprünglich eine Befreiung von Weltanschauungen und Autoritäten, selbst zu einer Weltanschauung. Sie nahm immer mehr den Platz einer nicht hinterfragbaren Religion ein, wie es der Informationswissenschaftler Joseph Weizenbaum deutlich macht: „Wir gründeten eine neue, moderne Religion und die dazugehörigen Kathedralen und Bischöfe. Meine eigene Universität, das MIT ist eine solche Kathedrale - ich meine hier die moderne Wissenschaft, die wir zur Religion, ja zum Götzen erhoben haben.“ 10
Unser „modernes“ Weltbild wird immer noch von physikalischen Grundpfeilern gestützt, die längst überholt sind. Das gilt insbesondere auch für die Biologie: „Tonangebende Theoretiker unserer Zeit betrachten Lebewesen noch immer als „Maschinen“. 11 „Das reiche Repertoire an Gedanken, Gefühlen… scheint sich aus elektrochemischen Prozessen zu speisen.“ 12 Daraus entwickelte sich ein Menschenbild, das dem Menschen keinerlei geistige oder gar spirituelle Dimensionen mehr zugesteht. Er hatte nur noch Triebe und elementare Bedürfnisse. Das „Lustprinzip“ war das einzige, was darüber hinausging.
3. Milieutheorie und Konstruktivismus – Irrwege zum „neuen Menschen“
Jede Weltanschauung hat einen Ur-Mythos. Für die Agnostiker steuerte Jean Jaques Rousseau die Idee einer Urgesellschaft bei, die im Einklang mit der Natur und in völliger Harmonie existierte. Erst die Zivilisation, die notwendig geworden war um das Privateigentum zu schützen, habe die Harmonie zerstört und den ursprünglich guten Menschen verdorben. Diese Geschichte war zwar frei erfunden, hatte aber weitreichende Folgen. „Wenn die Unvollkommenheit des Erdenbewohners nicht angeboren ist, sondern sozial bedingt, dann kann der Mensch durch richtige Politik auch wieder werden, was er eigentlich ist: Ein vollkommenes Wesen.“ 13
Seit Rousseau war es denkbar, dass der Mensch den Urzustand wieder herbeiführen konnte. Die daraus abgeleitete Milieutheorie, nach der „das gesellschaftliche Sein das Bewusstsein bestimmte“ 14 führte zur Anthropologie des Sozialismus, die Gerhard Szczesny in seinem Buch „Das sogenannte Gute“ auf den Punkt brachte: „Die Natur ist Natur nur bis zum Menschen. Seine Natur ist es, keine zu haben“. Nachdem der Mensch vollständig durch sein gesellschaftliches Umfeld geprägt wird, bekam die Erziehung eine zentrale Bedeutung. „Wir (die Linken) glauben fest daran, dass alle Phänomene der menschlichen Existenz am Ende auf Erziehung beruhen, auf nichts aber gar nichts anderem.“ 15
Der Konstruktivismus war die logische Folge dieses Menschenbildes. Der Mensch, so Jean-Paul Sartre, muss sich selbst zu dem machen, was er ist. Damit schafft er auch seine soziale Umwelt. Ehe, Familie, Nationen und ethische Normen sind folglich menschengemacht, „konstruiert“, und können genauso gut wieder „de-konstruiert“ werden. Sartres Lebensgefährtin, die Feministin Simone de Beauvoir, weitete den Konstruktivismus auf die Biologie aus. Mit ihrem berühmten Satz: „Man wird nicht als Frau geboren, sondern man wird zur Frau gemacht“ 16 entstand die Idee vom „sozialen“ Geschlecht.
„Wenn aber auch das Geschlecht nur ein Lernprogramm ist, dann kann man es auch umschreiben.“ 17 Damit konnte nun endlich auch die von Friedrich Engels beschriebene Ur-Unterdrückung des weiblichen durch das männliche Geschlecht eliminiert werden. Dazu mussten alle gewohnten Sichtweisen über Frau und Mann als ideologisch aufgelöst werden: „Es gibt kein biologisches Geschlecht (sex), sondern nur noch ein sozial und kulturell zugeschriebenes Geschlecht (gender).18 Das biologische Geschlecht, die Biologie, war irrelevant geworden für den postmodernen Menschen.
Diese Idee, vertreten von der Linguistik-Professorin Judith Butler wurde für die gesamte EU übernommen und wird als „Gender Mainstreaming“ in allen Ländern umgesetzt. So heißt es amtlich: „Gender umschreibt das soziale Geschlecht. Alle tradierten Geschlechterbilder („Gender“) sind demnach eine Rollenzuschreibung von außen.“ 19 Ganz nebenbei wird die seit Jahrtausenden in allen Kulturen selbstverständliche Vorstellung von Mann und Frau als „von außen aufgezwungen“ deklariert. Aus der Sicht von B. F. Skinner war durch moderne Erziehungsmethoden auch eine vollständige „Neuprogrammierung des Menschen“ möglich: „Nach behavioristischer Auffassung kann der Mensch jetzt sein eigenes Schicksal kontrollieren: Er weiß, was getan werden muss, und wie es zu tun ist.“20 Und es wird von der Politik über „modernisierte“ Bildungspläne systematisch umgesetzt.
Wie bei allen sozialistischen Gesellschaftsentwürfen greift das Ziel hoch hinaus: „Es will nicht weniger als den neuen Menschen schaffen, und zwar durch die Zerstörung der „traditionellen“ Geschlechterrollen.“ 21 Für Martine Rothblatt, ursprünglich männlichen Geschlechts, ist die neue Gender-Welt der Inbegriff von Freiheit und Selbstbestimmung: „Wir werden eine Kultur von nie dagewesener Kreativität bezüglich persönlicher Entwicklungsmöglichkeiten schaffen. Aus der Apartheid der Geschlechter entsteht die Freiheit der Gender.“22
Allerdings stehen dieser neuen Welt die Erkenntnisse der empirischen Wissenschaft, insbesondere der Hirnforschung, entgegen. „Es gibt zahlreiche prägende neurophysiologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Diese sind weder durch Erziehung noch durch sozio-kulturelle Veränderungsbestrebungen … beeinflussbar.“23 Selbst die kanadische Feministin und Neuropsychologin Louann Brizendine sieht hier unüberwindliche Probleme: „Wir müssen uns von diesem Unisex-Gedanken verabschieden. Männer und Frauen sind verschieden, das belegen eine Vielzahl von Studien.“ 24 Aber das ficht die Gender-FeministInnen nicht an. Jede Kritik an der Gender-Theorie wird eingeordnet als „Teil der antifeministischen Bewegung. Bis heute wird mit diesem bizarren Argument jeder Einwand gegen die Gender-Theorie zurückgewiesen.“ 25
4. Dekonstruktion der Naturwissenschaft
„Ein kluger Kopf hat mal gesagt: Die Biologie ist das, was man dafür hält.“26 Diese Sicht ist inzwischen amtlich. Diese für jeden Naturwissenschaftler verblüffende Argumentation ergibt sich aber zwingend aus einem Konstruktivismus, der nun auch die Natur einbezieht. „Die Genderbewegung hat (…) kein Interesse an Objektivität. Eine objektive Wirklichkeit, die es zu erforschen gilt, existiert für sie nicht.“27
Aus dieser Sicht nimmt der Konstruktivismus allerdings bizarre Züge an: Als Wissenschaftler nach der Untersuchung der Mumie von Ramses II herausfanden, dass der Pharao wahrscheinlich an Tuberkulose gestorben war, bestritt der französische Konstruktivist Robert Latour, dass das möglich sei, weil Robert Koch das Virus erst 1882 entdeckt hatte: „Vor Koch hatte das Virus keine wirkliche Existenz.“ 28 Noch weiter geht Judith Butler. Als Professorin für Linguistik entsteht Wirklichkeit für sie erst durch Sprache. Somit ist auch Geschlecht semantisch konstruiert: „Es gibt überhaupt keinen „natürlichen“ Körper als solchen, der „vor“ der Sprache und Deutung der Kulturen liege. Radikalisiert bedeutet das, auch „Biologie“ sei Kultur.“ 29 Da aber offensichtlich Lebewesen existierten, bevor es Menschen und Sprache gab, ist diese