Magische Verbindung. Egon Krause
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N.: So solltest du die Leute nicht auf den Arm nehmen, du Simpel!
E.: Nach der Erzählung ist es nicht ganz klar, wie Siegfried für Gunther Brunhild endgültig gewann. Hatte Siegfried Kriemhild in einer schwachen Stunde die Wahrheit erzählt, so musste man annehmen, dass er es war, der Brunhild zum ersten Mal nicht nur besiegte, oder hatte er gelogen. Brunhild büßte hiernach all ihre Kraft ein. Gunther war wohl nichts anderes übrig geblieben, denn Brunhild hatte sich in der Hochzeitsnacht mehrmals erfolgreich gewehrt, ihn gefesselt und mit ihrem Gürtel über Nacht an einen Nagel gehängt. Die Sage lässt viel Spielraum für die Fantasie.
N.: Eine erotische Hintergründigkeit passt nicht zu Teutonen.
E.: Vielleicht interessiert sie dich doch.
Wie war es wirklich? Kein Augenzeuge, die Augen, die dann ihre Lust haben könnten, die Tarnkappe fehlte. »Was schad das, was du lernest, was dich deine Augen lernen, was dich die Expierienz lernet, müssen nicht solche Ding also gelernet werden durch die Augen? Und die Augen, die dann in der Erfahrenheit ihre Lust haben. Dieselbichen seint deine Professoren, denn dein eigen Fantasieren und dein eigen Speculieren mag dich dahin nicht bringen.« Paracelsus, kluger Bombast.
Wie war es wirklich? Nach dem Hochzeitsgelage waren Gunther und Brunhild kaum in ihrer Kammer, als Gunther natürlich seine Braut, die sich ins Bett geflüchtet hatte, auch besitzen wollte. Er zog schnell seine Kleider aus und legte sich zu ihr. Geübt war er schon im Verführen und Zwingen von Mägden, aber anstatt willfährig zu sein, begann die jungfräuliche Brunhilde, die stärker war, einen Ringkampf. Seine geschickten Finger und die strotzende Auferstehung an seinem Leib, die die Jungfrau zum ersten Mal wahrnahm, ließen sie im Gerangel kurz nachgeben, Gunther meinte schon gesiegt zu haben, doch er hatte sich verrechnet. Es gelang ihr, ihn mit ihrem Gürtel zu fesseln und an einen Haken zu hängen. Sie betrachtete den Wehrlosen und verstohlen das nun auch Machtlose. Er hatte natürlich ihr Interesse bemerkt und ermunterte sie, trotz seiner misslichen Lage, es näher zu erkunden. Spöttelnd »Ich will sehn, wie kräftig es ist!«, fasste sie es und konnte sich von seiner Härte überzeugen. Doch auch dies half ihm nicht, sie gelüstig zu machen. Er erzählte dies Siegfried, der sich erbot, ihm am nächsten Abend zu helfen. Die Tarnkappe war schnell herbeigebracht und so gingen beide in die Kammer, in der Brunhilde vor ihrem Spiegel saß. Sie drehte sich um und sagte spöttisch: Soll ich dich noch mal an den Haken hängen? Gunther näherte sich ihr unterwürfig und bat: Sei doch nicht so grausam, lass uns doch nur zusammen schlafen, ich will weiter nichts von dir, was sollen sonst die anderen denken. Nahe genug bei ihr streifte er ihr das Gewand von den Schultern, dass ihre prallen spitzen Brüste heraussprangen. Jetzt wollte sie ihn wieder fassen, doch Siegfried hielt ihre Hände so fest, dass sie Gunther nicht abwehren konnte, der sie ganz entkleidete. Siegfried drängte sie ans Bett, sie ließ sich nicht auf den Rücken zwingen und wehrte sich, wand sich hin und her, er fasste sie mit aller Kraft, sie strauchelte, bot das unbeschützte Ziel dar und so wurde die kampfeslustige Jungfrau mit seiner Lanze durchbohrt. Ein Schrei, wieder wollte sie entkommen, doch das hohe Bett verhinderte es, er hielt sie an den Hüften, die weiteren heftig geführten Stöße erschütterten den kräftigen Körper, es dauerte lange, bis ihre Abwehr ganz erlahmte; als die kräftigen Salven ihr Innerstes trafen, gab sie ermattet nach. Beim zweiten Ansturm überwältigte sie der Kitzel vollends und danach hatte es Gunther leicht, das Spiel fortzuführen, bis sie sich nicht mehr rührte. Kaum hatte sie sich erholt, wurde sie wieder geschwächt. So erstürmten viele kleine Recken ihre Festung. Am nächsten Morgen war ihre Kraft gebrochen. Seit dieser Zeit war Brunhilde ihrem Gatten untertan. Am Ende hatte Siegfried als Beute Gürtel und Ring Brunhildes mitgenommen, was später zu den unseligen Morden führte.
E.: Haben denn deine Augen keine Lust beim Zusehen? Das Herz aber reicht ja aus nach Saint-Exupery.
Eine andere Erinnerung, sommersonntagfrühnachmittags war alles still, auch auf der Hauptstraße. Ich saß auf der Treppe vor unserem Haus in der hellen Sonne und träumte vor mich hin, die weißen Tauben des Nachbarn pickten auf der Straße, da kam ein großer, offener schwarzer Mercedes mit unverminderter Geschwindigkeit daher, ich höre noch die klatschenden Töne der Reifen auf dem Blaubasalt, weiße Federn flogen plötzlich umher, ich meinte, die Insassen des Autos jubelten auch noch, vielleicht aber auch nicht, ich lief schreiend ins Haus, seitdem kann ich keinen Mercedes mehr leiden.
N.: Du bemühst dich als Psychoanalytiker, Dilettant!
E.: Das hat mit Psychologie nichts zu tun.
Du musst mir mit der Psychologie kommen, der Wissenschaft, die beansprucht, therapeutisch tätig sein zu können mit ihrem Geschwätz. Was für Versprechungen kann sie denn machen, um zu trösten – keine! Christentum dagegen ist als Psychotherapeutikum vertretbar. Es verspricht mit seiner infamen Lüge wenigstens die Wiederauferstehung und das Wiedersehen mit den Lieben, der Islam das Paradies. Dagegen ist die Psychotherapie wirkungslos.
Wann habe ich überlegend gehandelt, so mit sechs, sieben Jahren? Das kindliche Versteckspielen, immer noch ein beliebter Sport heute, wie ich merke, war auch für uns lange Zeit eine nimmermüde Beschäftigung, einer hielt sich die Augen zu und zählte bis zehn, der andere rannte, so schnell er konnte, sich zu verstecken. Die Begrenzung war ein Häuserblock. Start vor unserem Haus. Anstatt mich aber statisch zu verbergen, lief ich mit höchster Geschwindigkeit um den Block, sodass ich den Sucher bald von hinten sah, der mich immer vorn suchte. So war ich meistens der Gewinner.
N.: Du warst doch nur bauernschlau, Kerlchen!
E.: Ansonsten war das sogenannte »Köppen« ein beliebter Sport, welche Größe von Ball uns auch in die Hände fiel, er wurde benutzt. Das Tor, die Bürgersteigbreite, der Abstand circa drei Meter. Der Ball wurde nicht sehr hoch geworfen und mit einer seitlichen Schleuderbewegung des Kopfes mit möglichst großer Beschleunigung ins gegnerische Tor gestoßen, natürlich meist in die unteren Ecken. Ich brachte es hier auch zur Meisterschaft und verlor selten.
Im Winter kamen die Schlitten zur Geltung, man konnte selbst auf der Straße fahren, denn Autos gab es wenig. Die Großen gingen abends auf den Pf. Berg und wenn die Straße glatt war, fuhren sie bis zum unteren Bahnhof, es war für sie ein Riesenspaß, denn sie saßen immer sehr eng. Um nicht durch Bremsen, was zum Steuern einzelner Schlitten nötig war, Geschwindigkeit zu verlieren, wurden die Schlitten miteinander beweglich verbunden, sodass zuweilen eine lange Schlange entstand. Wehe, wenn ein Schlitten kippte, alle anderen fielen dann auch um. Wir, die Kleineren, hatten andere Strecken, kürzer und steiler, zum Beispiel die Hohle oder das Möllwerchen runter. Während andere gemeine Davosschlitten oder »Jippen« hatten (es waren einfache, aber stabile, kastenförmige Gebilde mit Eisenkufen, auf denen man meist liegend fahren musste) hatte ich einen Rennschlitten, wohl noch von meinem Vater gekauft, mit trapezförmig ausgestellten Kufen, oben schmaler vorn höher als hinten, mit Gurtsitzen, hinten nur zwanzig Zentimeter hoch, und zwei Hörnern, an denen man hinter sich greifend lenken und sich festhalten konnte. Am unteren Ende der steilen Strecke stand quer ein Hindernis in Form einer natursteinernen Scheunenwand, die umfahren werden musste, um über die Hauptstraße den Kirchrain wieder hinaufzukommen. Die Schnelligkeit konnte man daran ermessen, wie weit der Fahrer den Kirchrain heraufgekommen war. Nicht wenige scheiterten an der Mauer oder ließen sich vorher vom Schlitten