Fettnäpfchenführer Norwegen. Julia Fellinger
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Fettnäpfchenführer Norwegen - Julia Fellinger страница 7
Noch etwas: Tips, also Trinkgeld, ist eigentlich nur in Restaurants üblich, dann so etwa 10 Prozent vom Gesamtpreis. Überall sonst ist es den Servierstätten durchaus klar, dass ihre Preise saftig genug sind. Ein Trinkgeld ist hier kein Muss und sollte schon gar nicht auf dem Tisch hinterlassen werden. Manche Bars und Cafés haben dafür an der Kasse Gläser aufgestellt, in die die Kunden ein paar Münzen hineinwerfen können. Wenn sie denn wollen.
Wo wir gerade bei den Preisen sind: In Norwegen hat man als Deutscher schnell das Gefühl, dass das Maß für eine akzeptable Preisgestaltung sehr oft außer Kontrolle geraten ist. Viele Dinge sind einfach teurer als in Deutschland. Nachfolgend ein paar Landmarken, die es Ihnen erleichtern sollen, sich in der »Teueroase« Norwegen orientieren zu können.
Doppelzimmer im 3-Sterne-Hotel (ohne Frühstück): ab 100 Euro
Hütte auf einem Campingplatz: circa 170 Euro pro Wochenende
Deutsche Zeitungen/Magazine: Während der Saison von Mai bis September sind folgende Titel in jedem größeren Kiosk (Narvesen) erhältlich: Bild, Die Zeit, FAZ, Stern, Spiegel, Brigitte, TV Spielfilm, Freundin: ab 4 Euro
Kinobesuch: ab 13 Euro
3-Gänge-Menü mit einem Glas Wein: circa 60 Euro
Sandwich in einem Café: 5,70 Euro
Busfahrt von Oslo nach Trondheim: 110 Euro für Erwachsene
Fährüberfahrt: ab 12 Euro
Skipass: ab 46 Euro
Eine Angel mit Schnelle und Schnur (fiskestang): ab 64 Euro
Ein paar Langlaufski mit Bindung und Schuhen (langrennpakke): ab 125 Euro
3
HÜBSCH HIER
NEUE DEFINITION VON HÖFLICHKEIT
Kilometer 50
Cecilie hat sich für ihren Gast aus Deutschland heute extra freigenommen. Sie will mit ihm einen Ausflug in die Marka machen, in die unberührte Natur oberhalb von Oslo, um ihm dort die Schönheit ihrer Heimat zu zeigen. Stefan hatte sich ein paar Tage zuvor bei seinem Chef gemeldet und ist mit ihm eine To-do-Liste von Kontakten und Adressen durchgegangen, die er auf der Suche nach dem kostbaren Gemälde nun eigentlich abklappern soll. Aber die Idee, diese Liste erst einmal ruhen zu lassen und ein bisschen spazieren zu gehen, gefällt ihm besser.
Sie lassen das Auto stehen und nehmen die T-bane (U-Bahn) Nummer 1 Richtung Holmenkollen. An der Haltestelle Majorstuen warten sie auf die Bahn, und als diese endlich kommt, wundert sich Stefan, dass es Leute überhaupt schaffen, dort einzusteigen, geschweige denn, dass bei diesem Gedränge die Leute einen Weg nach draußen finden. Die Faustregel »Erst aussteigen lassen, dann selbst einsteigen« würde hier auch mal Wunder bewirken. In der Bahn selbst sind die meisten Sitzplätze von Kindern besetzt, ein paar ältere Herrschaften stehen und halten sich mit Mühe und Not an der Stange fest, obwohl ihnen der Schwerbehindertenausweis fast schon sichtbar um den Hals baumelt.
Als in Stefans Nähe endlich ein Sitzplatz frei wird und er ihn der älteren Dame neben ihm anbietet, muss er sie leicht antippen, um beachtet zu werden. Die Dame setzt sich schließlich hin, wobei sie ihm dabei kurz auf den Fuß tritt. Aber anstatt sich zu entschuldigen, schaut sie schnell wieder hinaus aus dem Fenster.
Nach ein paar Stationen machen sich Stefan und Cecilie bereit zum Aussteigen. Neben ihnen steht eine Mutter mit einem Kinderwagen, und wie selbstverständlich packt Stefan am Wagen mit an, um ihr aus der Bahn zu helfen. Als er sich wieder aufrichtet und ihr kleines Dankeschön entgegennehmen möchte, hat sich die Frau schon Richtung Ausgang abgedreht. Auch gut. ›Andere Länder, andere Sitten eben‹, denkt sich Stefan. Die sind halt unhöflich, diese Norweger, das wurde ihm schon vor seiner Reise gesagt. Ist nur komisch, wenn man das am eigenen Leib mal mitbekommt.
Er folgt Cecilie zum Holmenkollen, der sich mit seinem Stahlgerüst von der Sonne angefunkelt über die Stadt schwingt. Stefan ist von dem phänomenalen Ausblick schwer beeindruckt, ihm reicht dieser kleine Spaziergang vollkommen, mehr Bewegung bräuchte er eigentlich nicht. Cecilie aber will weiter, schultert ihren Rucksack und macht sich auf den Weg. Stefan hinterher. Die Wanderung ist alles andere als ein kleiner Spaziergang, und Stefan ärgert sich, dass er seine neuen Wanderschuhe nicht angezogen hat, noch dazu, weil hier oben sogar noch Schnee liegt. Nach zwei Stunden erreichen sie endlich einen kleinen See, und Cecilie macht alles bereit für ein kleines Picknick. Das Wasser liegt dunkel und still zwischen den Bäumen. Die Frühlingssonne spielt mit den Schatten und spiegelt kleine Lichtpunkte auf das Wasser. So viel Stille hat Stefan noch nie erlebt. Er glaubt fast, sein eigenes Blut rauschen zu hören.
Stolz stellt sich Cecilie neben ihn. »Na, was sagst du? Ist das nicht einfach wunderschön?«
»Hübsch, ja, aber warum sind wir eigentlich hier?«, fragt Stefan.
Schleudergefahr
»Nordmenn er uhøflige!« (Norweger sind unhöflich) überschrieb im April 2010 eine Osloer Stadtteilzeitung ihre Titelgeschichte und präsentierte damit die neue Kampagne der Osloer Verkehrsbetriebe für einen höflicheren Umgang ihrer Fahrgäste untereinander. Die Strahlkraft von Medienberichten hätte man hier am lebenden Objekt studieren können, denn schon am nächsten Tag sah man Leute an der Bushaltestelle, die geduldig warteten, bis auch der letzte Aussteigewillige den Bus verlassen hatte. Sitzplätze wurden angeboten, und insgesamt war es in den öffentlichen Verkehrsmitteln an diesem Tag ein bisschen ruhiger als sonst. Aber eben nur an diesem Tag, denn – so weit reicht die Strahlkraft der Medien dann eben doch nicht – schneller als erwartet versiegte die Wirkung dieses Artikels, und die Norweger kehrten zurück zu ihrer alten, in den Augen von Ausländern oft als unhöflich empfundenen Gangart.
Das zeigt sich im Alltag vor allem beim Benutzen der öffentlichen Verkehrsmittel, im Straßenverkehr und beim Einkaufen. Da werden Türen vor der Nase zugeschlagen, kein »Bitte«, »Danke« oder »Entschuldigung« geht über die Lippen, und entweder ist man für die Leute Luft oder sie starren einen unverhohlen an. Kein Einzelphänomen von Jüngeren, dieses Verhalten zieht sich durch alle Generationen. Dass das eben so die Art der Norweger ist, kann man allerdings nicht direkt sagen, denn auch viele Norweger finden ein solches Verhalten störend und vermissen die einfachsten Freundlichkeitsrituale, die das Miteinander harmonischer machen