Fettnäpfchenführer Brasilien. Nina Büttner

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Fettnäpfchenführer Brasilien - Nina Büttner Fettnäpfchenführer

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du mir erklären, wie man das Wasser warm bekommt?«

      Er nickt ein bisschen beschämt, geht durch ihr Zimmer und erklärt eifrig: »Das ist eine lebensgefährliche Angelegenheit! Damit ist nicht zu scherzen. Also: Du ziehst dir Schuhe an, die nicht nass sein dürfen. Du musst auch trocken sein und der Boden der Dusche am besten auch, sonst bekommst du womöglich einen elektrischen Schlag.«

      Schon geschehen, denkt Linda. Marcelo ist inzwischen in ihrem Bad angekommen und greift nach dem großen befestigten Duschkopf aus Plastik, an dem ein Schalter angebracht ist. Da Marcelo nicht besonders groß ist und der Duschkopf sehr hoch hängt, schwankt er dabei gefährlich auf den Zehenspitzen.

      »Da gibt es verão, das heißt Sommer, und bei dieser Einstellung ist das Wasser kalt. Ich schalte jetzt auf inverno. Das heißt Winter und dann kommt warmes Wasser«, erläutert er mit – durch die Körperstreckung – erstickter Stimme.

      »Verrückt.« Linda ist fasziniert.

      Wohl damit sich nicht der Eindruck eines Domizils voller Gefahrenquellen bei Linda festsetzt, führt Marcelo sie noch weiter herum. Am Schlafzimmer von ihm und Patrícia vorbei – sie haben natürlich auch ein separates Badezimmer – geht es die Treppen hinunter in das mit Marmor ausgekleidete Wohnzimmer. Dahinter ist die Küche, die Linda ebenfalls kennt, und ein Verschlag, wo zwei kleine Hunde in der Morgensonne dösen. Vom Verschlag aus führt ein Ausgang zur Straße, den sie wortlos passieren. Auf der Terrasse sehen sie die Angestellte, die Linda die Tür geöffnet hatte. Sie schrubbt den Boden und summt dabei vor sich hin. Als Linda sie mit bom dia grüßt, erwidert sie den Gruß mit einem breiten Lächeln. Nun passieren sie zwei Autos, Marcelo erklärt den großen Van als seinen und den kleinen VW als den Wagen seiner Frau. Da wird der Blick auf den Pool hinter dem Hof frei.

      »Maravilhoso!« – Wunderbar!, kommentiert Linda und ist froh, dass heute nicht wieder alle lachen, wenn sie versucht, Portugiesisch zu sprechen. Marcelo verabschiedet sich nun und springt in sein Auto. Die Ausfahrt öffnet sich auf Knopfdruck, die Türen bleiben allerdings auf der Hälfte klemmen. Die Angestellte ist schon auf dem Weg und hilft nach – die Szene scheint routiniert.

      Nach all den Eindrücken braucht Linda ein bisschen Zeit für sich und geht erst einmal auf ihre Toilette. Das erhoffte Gefühl der Erleichterung hält aber nicht lange an. Denn als sie auf die Spülung drückt, nimmt diese noch nicht einmal das einlagige Toilettenpapier mit. Oh Schreck! Was soll das denn? In leichter Panik überlegt Linda, was sie jetzt tun soll. Was für ein Glück, dass sie das Badezimmer für sich alleine hat. Ob sie wohl ihre Gastgeber fragen soll, wieso die Toilette nicht richtig funktioniert? Erst die Dusche, dann die Toilette – gibt es hier auch einen Trick?

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Aus Deutschland ist Linda es gewohnt, dass man Klopapier in die Toilette wirft – und um Himmels Willen keine anderen Hygieneartikel, wie das immer so schön in allen öffentlichen Toiletten steht. Genauso hat sie das hier auch gemacht. Dass hier nicht einmal schnödes Toilettenpapier durch die Rohre geht, damit hätte sie wirklich nicht gerechnet. Vor allem dachte sie, dass ihr nach einer Nacht neben einem übereifrigen Ventilator – den ihr wahrscheinlich Patrícia mit der gleichen Fürsorglichkeit hingestellt hat, wie sie Linda eiskaltes Wasser zu trinken gegeben hat – und einem Morgen mit Stromschlag und kalter Dusche nicht mehr viel passieren konnte.

       Was können Sie besser machen?

      Auf öffentlichen Toiletten werden Sie stets auf Schildern erinnert: »Não jogar papel no vaso« – Toilettenpapier nicht in die Toilette werfen. Zwar führt ein Verstoß des Gebots nur bei älteren sanitären Anlagen zu einer Verstopfung, die Gewohnheit, das Toilettenpapier im Mülleimer zu entsorgen, hat sich jedoch bis heute gehalten. Es gibt noch einen praktischen Grund dafür: Viele Haushalte entsorgen ihr Abwasser in einer Klärgrube (nur 63 Prozent der Haushalte sind an die zentrale Kanalisation angeschlossen) und die muss mit zusätzlichem Toilettenpapier häufiger abgesaugt werden. Auch folgendes Szenario dürfte politischen Druck für ein Beibehalten der Gewohnheit sorgen: Toilettenpapier im Abwasser würde die Verschmutzung zahlreicher Flüsse und Strände sichtbarer machen, da es sich nicht so schnell zersetzt. Machen Sie es im Zweifel also auch wie die allermeisten Brasilianer und werfen Sie Toilettenpapier in den Mülleimer. Den finden Sie neben jeder Toilette, oft mit einem Deckel, teils aber auch offen. Dort werden nicht nur Hygieneartikel, sondern auch das gebrauchte Toilettenpapier – egal nach welcher Sitzung – entsorgt. Auch wenn das möglicherweise anfangs etwas ungewohnt ist und unhygienisch erscheint, sollten Sie niemals Klopapier in die Toilettenschüssel werfen. Das ist wohl eines der ersten Dinge, an die man sich in Brasilien gewöhnen sollte, ohne sie zu hinterfragen. Denn hier kann das richtige Verhalten leicht peinlichen Situationen vorbeugen, wenn Sie z. B. Ihrem Gastgeber erklären müssen, dass die Toilette verstopft ist.

      Die Duschen sind derart abenteuerlich, da das Wasser elektronisch im Duschkopf erhitzt wird. Warmwasser per Gastherme oder gar warmes Wasser zum Spülen und Wäschewaschen bleiben Luxus. Um der Gefahr eines Stromschlags zu entgehen, sollten Sie Marcelos Empfehlung folgen und stets nur mit chinelos (Plastik-Flipflops) den Temperaturregler betätigen (dazu sollte das Wasser allerdings aus sein) und bei Duschen mit einem Metallhahn diesen mit einem Handtuch um die Hand aufdrehen, so wie Linda es gemacht hat. Das ist bei neuen und gut funktionierenden Duschen, die es auch hier und da gibt, nicht mehr nötig.

      5

       LINDA ISST RINDFLEISCH, BOHNENUND REIS

       WARUM MAN MANCHMAL BESSERKURZ VERSCHWINDEN SOLLTE

      Pünktlich um zwölf wird Linda gerufen, um mit Patrícia und Marcelo zu Mittag zu essen. Es gibt Rindfleisch, Reis und Bohnen. So wie bisher jeden Tag. Am ersten Tag dachte sich Linda noch nichts dabei. Am zweiten Tag ging sie davon aus, dass das Essen vom Vortag aufgewärmt wurde. Aber nach über einer Woche Einheitsmahlzeit wundert sie sich doch, traut sich und fragt nach: »Patrícia, a comida é muito boa ...« – ich mag das Essen sehr gerne, »aber: Warum gibt es eigentlich jeden Tag Rindfleisch, Reis und Bohnen?«

      Patrícia ist erst etwas verwundert über die Frage, erklärt Linda aber dann, dass dieses Gericht überall jeden Mittag auf den Tisch komme – wenn auch in Variationen –, es sei ein sehr traditionelles Essen. Und sie fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: »Marcelo würde wahrscheinlich sofort ins Restaurant um die Ecke gehen, wenn er nicht sein gewohntes Mittagessen bekäme!«

       BOHNEN, REIS UND RINDFLEISCH

      Bohnen und Reis sind nicht nur fester Bestandteil der brasilianischen Küche, sie werden auch in vielen anderen lateinamerikanischen Ländern regelmäßig gegessen. Es gibt verschiedene Bohnensorten, die generell als feijão bezeichnet werden; ob rote, weiße, schwarze oder braune bevorzugt werden, hängt von der jeweiligen Region ab. Am gängigsten sind zwei Sorten: feijão-preto und feijão-carioca. Feijão-preto ist eine schwarze Sorte und wird im Nationalgericht feijoada verwendet (siehe Infokasten zur feijoada in Kapitel 26). Feijão-carioca ist eine bräunliche Bohne, die für das alltägliche Mittagessen verwendet wird. Die Bohnen (bzw. ihre Samen – was wir unter grünen Bohnen verstehen, wird in Brasilien vagem genannt) werden so lange gekocht, bis sie aufspringen und zu einer dickflüssigen Pampe werden.

      Reis macht satt und ist dabei nicht ungesund, d.h. er macht nicht dick und bietet sich auch als Diätnahrung an; Bohnen sind außerdem reich an Nährstoffen,

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