Fettnäpfchenführer Finnland. Gudrun Söffker

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Fettnäpfchenführer Finnland - Gudrun Söffker Fettnäpfchenführer

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zu verknüpfen, sind nicht nur in Finnland, sondern beispielsweise auch in Wolfsburg, Essen und Berlin zu erleben.

      »Doch, aber meistens benutzt es jemand, bevor es dazu kommt.« Lauri grinst und öffnet die Schranktür nebenan. »Hier müsste es eigentlich rein. Oh, da wohnen jetzt deine Nudeln. Kein Problem, aber eigentlich könntest du sie dort drüben unterbringen.« Er zeigt nach links neben das Fenster auf einen weiteren Schrank.

      »Entschuldigung, ich hab’s nicht mehr im Kopf gehabt.« Schnell räumt Greta alles richtig ein.

      »Du hast guten Kaffee gekauft«, nickt Lauri anerkennend.

      Greta stellt ihre frisch erworbene Packung Presidentti-kahvi neben die geblümte Kaffeedose. »Bitte schön. Prost! Auf den finnischen Kaffee!«

      Lauri ist amüsiert. »Kippis! Mit Kaffee hab ich noch nie angestoßen.«

      »Na, wenn ihr ihn schon Präsident nennt. Oder hab ich das falsch verstanden?«

      »Nein, ist schon ganz richtig. Das ist die traditionsreichste Kaffeemarke in Finnland. Und Kaffee gibt es überall, der gehört einfach dazu.«

      »Ich trinke mindestens fünf Tassen am Tag. Da ist Finnland wohl das richtige Land für mich. Ohne Kaffee kann ich gar nicht aufstehen.«

      »Wie wär’s, wenn wir die frische Energie für einen kleinen Spaziergang nutzen? Einmal zum Markt und zurück?«

      Die Adresse Katajanokanranta verspricht zwar ein bisschen viel, nämlich ranta, einen Strand, der sich nur als Küstenstreifen entpuppt, aber das Wasser ist in Helsinki nie weit, und Greta genießt die frische Luft, die zu ihnen herüberweht.

      Direkt vor dem Haus liegt ein kleiner Park, wie überhaupt viele Stadtbereiche Helsinkis recht grün wirken. Auf dem Spielplatz sind einige Kinder am Schaukeln, viel Autoverkehr gibt es hier nicht, nur Anwohner und ein paar Berufstätige sind unterwegs auf Katajanokka. Um den Nordosten ihrer Halbinsel zieht sich ein schöner Radund Fußweg.

      Lauri erzählt ein bisschen von der Geschichte Helsinkis, die erst 1550 begann.

      »Helsinki liegt nah an Russland, und das ist immer noch in der Stadt sichtbar.«

      »Inwiefern?«

      »Wir haben zum Beispiel eine russisch-orthodoxe Kirche, siehst du die Zwiebeltürme dort links?«

      »Da drüben? Gibt es immer noch eine Gemeinde?«

      »Oh ja, die ist sehr aktiv. Wenn du magst, sieh dir doch mal einen Gottesdienst an, das ist schon ein Erlebnis. Und überhaupt wirst du in der Stadt einige Monumente aus russischer Zeit entdecken.«

       IN SCHWEDENS OSTEN UND RUSSLANDS WESTEN – HELSINKI HISTORISCH

      Schwedens berühmter König Gustav Vasa hatte 1550 die Idee, Bewohner umliegender Orte in die neu gegründete Stadt Helsinki umzusiedeln, als Konkurrenz zu den baltischen Häfen, besonders Tallinn im heutigen Estland. 1640 wurde Helsinki an die heutige Stelle verlegt. Finnlands Hauptstadt innerhalb des schwedischen Reiches war aber damals noch Turku (schwedisch Åbo), das von Stockholm aus sehr viel schneller zu erreichen ist.

      Die Schweden bauten die Schäreninseln vor Helsinki zu burgähnlichen Schanzanlagen aus, Sveaborg, schwedische Burg, genannt. 1808 haben die Russen dennoch die Stadt erobert und großflächig zerstört. Die Befestigungen vor der Stadt wurden in Suomenlinna, Finnlands Burg, umbenannt und sind heute ein beliebtes Erholungsgebiet (siehe »Ist das Frauenpower?«). Kurz darauf, 1812, beschloss der Zar, Helsinki zur Hauptstadt seines neuen Großfürstentums zu machen und wiederaufzubauen. Die ganze Innenstadt wurde aufwendig geplant und neu errichtet.

      Die Uspenski-Kathedrale wurde 1868 geweiht. Benannt ist sie nach der Entschlafung Mariens, die am 15. August gefeiert wird (in der katholischen Kirche Mariä Himmelfahrt). Zunächst ein Gotteshaus für die zahlreichen Russen, die seit dem 19. Jahrhundert in Helsinki lebten und arbeiteten, ist die Hauptkirche der orthodoxen Gemeinde in Helsinki inzwischen lange finnischsprachig. Etwa 1,1 Prozent aller Finnen gehören der orthodoxen Kirche an, etwa 76 Prozent der evangelisch-lutherischen. Neben Karelien liegt ein weiteres orthodoxes Zentrum am nordwestlichen Ufer des Inarisees in Lappland, wo die kleine Gruppe der Skoltsamen lebt (siehe »Wo beginnt Lappland?«).

      »Und die Schiffe hier, haben die auch etwas mit Russland zu tun?« Greta zeigt auf mehrere monströse Fahrzeuge.

      »Die? Nein.«

      »Die sehen ziemlich merkwürdig aus, so klobig und irgendwie unmodern.«

      »Das sind finnische Schiffe, alle hier gebaut. Und die Technologie ist Weltspitze.«

      Greta verstummt. Lauris scharfe Redeweise überrascht sie. Er fängt ihren unsicheren Seitenblick auf, zuckt einmal kurz mit den Augenbrauen und ergänzt: »Das sind Eisbrecher, längst nicht unsere ganze Flotte und auch nicht die allerneuesten, aber hier liegen sie im Sommer. Sieh mal dort links das Gebäude!« Ein gelber klassizistischer Bau mit angedeuteten Säulen. »Das ist das Außenministerium.«

      »Und was hat das mit den Eisbrechern zu tun?«

      »Streng genommen gar nichts. Hier auf Katajanokka war früher auch die Marine stationiert, seit 1989 ist das ganze Außenministerium in den Gebäuden untergebracht. Über die Hälfte aller Eisbrecher, die auf der Welt fahren, wurden in Helsinki gebaut.«

      »Aha. Ich ... ich kenne mich nicht so aus mit Schiffen. Und ich hab auch noch nie einen Eisbrecher gesehen.«

      Nun ist es Lauri, der sie erstaunt ansieht. »Die braucht ihr doch in Deutschland auch?! Stell dir mal vor, ihr wärt auf andere Länder angewiesen, die euch die Häfen freihalten müssen. Was ist, wenn die sich weigern?«

      Darüber hat Greta noch nie nachgedacht. »Bestimmt gibt es Eisbrecher, aber ich kann mich nicht erinnern, dass das in der Politik eine große Rolle spielt.«

      »Hier schon. Die Ostsee friert jeden Winter zu. Und Finnland sorgt für eisfreie Fahrrinnen. Nach längerer Pause ist 2016 wieder ein neuer Eisbrecher hier gebaut worden, die Polaris, die auch mit Flüssigerdgas angetrieben werden kann, der erste Eisbrecher dieser Art weltweit! Genial sind auch die um 360 Grad schwenkbaren Propellergondeln, die sowohl schieben als auch ziehen können. Außerdem ist dieser Eisbrecher auch im Sommer einsetzbar, z. B. als Rettungsschiff bei Unglücken allgemein und speziell bei Ölkatastrophen. Stell dir mal vor, wie bedeutend das erst wird, wenn die Nordostpassage regelmäßig befahrbar ist!« Lauri kennt die Länge, die Breite, die Firma, ja, fast schon jeden Mitarbeiter mit Namen. Noch nie hat er so lange am Stück gesprochen.

      »Technisch mag das beeindruckend sein, aber brauchen wir Eisbrecher heute noch als Sicherheitsgarantie für ein Land?« Greta ist skeptisch. »Es gibt auch bei uns Menschen, denen kann man gar nicht genug nationale Sicherheit bieten. Aber das mit Eisbrechern oder anderen einfachen Lösungen zu verbinden, halten die meisten zum Glück immer noch für Quatsch.«

      Lauri schaut kurz zu Greta hinüber. »Wie bei uns auch«, stimmt er zu. »Immer mehr Menschen behaupten, dass man schärfere Gesetze im Sinne nationaler Interessen braucht. Aber mit Abgrenzung hat man Kommunikation bisher immer erschwert und Annäherung verhindert.« Lauri grinst. »Wenn man dem Gedanken folgt, sind Eisbrecher ja geradezu Integrationshelfer: Sie schneiden

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