Menschen, die Geschichte schrieben. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Menschen, die Geschichte schrieben - Группа авторов страница 11

Menschen, die Geschichte schrieben - Группа авторов marixwissen

Скачать книгу

und ihre Translation war indessen, wie einst Karl der Große auf der Synode von Mainz im Jahr 813 selbst hatte verkünden lassen, im früheren Mittelalter eine kaiserliche Aufgabe. So machte auch kein noch so wortgewaltiger Dichter einen Herrscher zum Heiligen. Der Kaiser indessen, der sich Karls annahm, Otto III., erkannte endlich in ihm den Heiligen, der er war, an dessen Seite und in dessen Schutz er, wie wir aus sicherer Quelle wissen, den Tag der Auferstehung und das Jüngste Gericht zu erwarten gedachte – als einer aus der Schar derer, die freudig Karl vor den ewigen Richter folgten. Er ließ Karls Grab suchen, öffnen und die Gebeine, die einst vor den Normannen in Sicherheit gebracht worden waren, in einen neuen Schrein transferieren, somit Akte vornehmen, wie sie jedem neuen Heiligenkult vorausgingen. Es war ein endzeitlich getönter Glaube, dem der Sohn der Byzantinerin Theophanu sich hingab. Doch war es zu früh, Otto starb mit blutjungen 21 Jahren. Die beteiligten Bischöfe, allen voran Heribert von Köln und Bernward von Hildesheim, erschraken und deuteten den vorzeitigen Tod als Strafe Gottes für die nun als Frevel erkannte Störung der Totenruhe. So erstarb mit dem jungen Kaiser der eben einsetzende kaiserliche Kult. Erst anderthalb Jahrhunderte später sollte es sich abermals ändern.

      Zu Kultzwecken bedurfte es einer Heiligen-Vita. Friedrich gab auch sie in Auftrag. Der Aachener Kanoniker, der sich der Sache annahm, mühte sich redlich, der Überlieferung geeignetes Material zu entnehmen. Einhards höchst profanes Karlsleben lieferte bloß einen äußeren Rahmen. Pseudo-Turpin indessen, die legendäre Jerusalemfahrt und die Reliquienbeschreibung aus Saint-Denis boten reichlich Stoff. Aus diesen Schriften komponierte er sein Werk. Es geriet mehr zu einer akademischen Übung denn zu einem Zeugnis literarischer Gestaltungsgabe, königlicher oder volkstümlicher Frömmigkeit. Große Wirkung blieb dieser Biografie versagt. Weite Verbreitung fand sie ebenso wenig. Volkssprachliche Versionen sind unbekannt. Gleichwohl, Karl trat nun nicht nur als Glaubensbringer, sondern als Wundertäter und Heiliger in Erscheinung.

      Allein in Aachen, und in Frankfurt, etablierte sich der Kult rasch und dauerhaft. „Du warst Licht und Edelstein der Kirche Christi, Karl, Blüte der Könige, Zierde des Erdkreises und Gleisspur der Gesetze“ verkündete der Karlsschrein im Aachener Münster zu Beginn des 13. Jahrhunderts:

      ECCLESIE CHRISTI TU LUX TU GEMMA FUISTI KAROLE FLOS REGUM DECUS ORBIS ET ORBITA LEGUM.

      Andernorts bedurfte es des Friedens von Venedig (1177), mit dem sich der Rotbart Papst Alexander III. unterwarf, um Karls Heiligkeit ein wenig heller auf leuchten zu lassen. Der englische König hatte, entgegen den Hoffnungen des Kaisers, den rechtmäßigen Papst weder verlassen noch den Kult des neuen Heiligen, um dessen Erhebung er so eindringlich gebeten haben soll, eigens gefordert.

      Nicht einmal das staufische Königshaus selbst verehrte den hl. Karl den Großen in besonderer Weise, obgleich Friedrich I. Aachen seinetwegen mit reichen Gaben bedachte und sein gleichnamiger Enkel im Jahr 1215 den letzten, noch fehlenden Nagel in den Aachener Karlsschrein trieb und diesen damit seiner Bestimmung übergab. Doch hatte der junge König auffallenderweise an der vorausgegangenen Translation nicht teilgenommen. So hallten diese Hammerschläge als eine weithin schallende Geste der Aneignung des anspruchsschweren Kleinods durch das Aachener Münster. Sie sollten vor allem das Ohr von Friedrichs Gegner, Kaiser Otto IV., treffen, der vom nahen Köln aus ohnmächtig zusehen und den jugendlichen Staufer in Aachen gewähren lassen musste, obwohl Otto den kostbaren Schrein maßgeblich mitfinanziert haben dürfte. Abermals begnügte sich der Staufer mit einer bloßen Propagandaaktion ohne tieferes religiöses Bedürfnis und ohne kultgeschichtliche Konsequenzen.

Скачать книгу