Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei
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Der Dialog rief eine große Zahl von Gegenschriften hervor. Zunächst erhob der schriftgewandte Chiaramonti, der es seit 1628 zum Professor in Pisa gebracht hatte, Protest gegen die ihm widerfahrene niederschmetternde Kritik. Seine Schrift führt den Titel: Difesa di Scipione Chiaramonti da Cesena al suo Antiticone e Libro delle tre nuove Stelle dall’ Opposizioni dell’ Autore de’ Due massimi Sistemi Tolemaico, e Copernicano. In Firenze appresso il Landini 1633. Die Antwort ist betreffs der meisten Punkte ungemein schwach, in manchen Fällen geradezu komisch. Indessen ist auch einiges Richtige darin; namentlich hebt Ch. hervor, dass sein erstes Argument gegen die kopernikanische Lehre in dem liber de tribus novis stellis von Galilei nicht beantwortet worden sei. Es war dies der Einwurf, dass Kopernikus nicht, wie er es in Aussicht stelle, alle Bewegungen der Himmelskörper aus gleichförmigen Kreisbewegungen zusammensetze. Dieser Einwurf gehörte freilich zu jenen, die »das Haus niederreißen, weil der Ofen raucht«, und mit diesen beschäftigte sich Galilei im Dialoge überhaupt nicht.
Scheiner ließ zwar gleich nach dem Erscheinen des galileischen Buches, in welchem er so heftig angegriffen wurde, eine Gegenschrift ankündigen. Dieselbe erschien aber erst nach seinem Tode; sie führt den Titel Christophori Scheineri Prodromus pro Sole mobili et Terra stabili contra Galilaeum a Galilaeis (Pragae 1651). Er scheint es vorgezogen zu haben, den Angriffen Galileis mit fühlbareren Waffen als der Feder entgegen zu treten. – Weitere Gegenschriften wurden von Antonio Rocco, Giovanni Barenghi, dem obengenannten Melchior Inchofer und anderen verfasst; bis in unser Jahrhundert hinein reichen die letzten Spuren des Kampfes gegen die kopernikanische Lehre.
Galileis letzte Lebensjahre waren von Bitterkeit und Leiden vergiftet. Man behandelte ihn auch nach seiner Verurteilung hart; sein Gesuch, wegen körperlicher Leiden von Arcetri nach Florenz ziehen zu dürfen, wurde abgelehnt; der Inquisitor von Florenz musste Galilei bedeuten, er solle sich solcher Gesuche in Zukunft enthalten, sonst werde man ihn in den Kerker der Inquisition zurückbringen müssen. Dieser Bescheid ging ihm in dem Augenblicke zu, wo er von seiner mit dem Tode kämpfenden Tochter zurückkehrte, die denn auch kurz darauf verstarb. Seine sehr ausgebreitete Korrespondenz wurde überwacht, und was uns davon erhalten ist, ist unsäglich rührend. Schon längst war sein Augenlicht geschwächt, im Dezember 1637 erblindete er gänzlich. Da endlich im März 1638 wurde ihm gestattet, sein Haus in Florenz wieder zu beziehen; unter Androhung jedoch von schweren Strafen, wenn er in die Stadt ginge oder mit irgendjemand über die kopernikanische Lehre spräche. Meist zog indessen Galilei selbst den Aufenthalt in Arcetri vor. – Aber trotz aller niederschmetternden Erlebnisse gab er sich nicht müßigen Klagen hin; er führte vielmehr, wie gesagt, einen lebhaften wissenschaftlichen Briefwechsel und vollendete in unverwüstlicher Geistesfrische sein herrlichstes Werk, die Discorsi delle nuove scienze, durch welche er der Begründer der theoretischen Physik geworden ist; diese Geistesschöpfung ohne gleichen musste sich auf Schleichwegen in die Literatur stehlen. Nach mancherlei Schwierigkeiten nämlich wurden die Discorsi durch Vermittlung des Grafen Noailles 1638 im Elzevirschen Verlage gedruckt. Da man aber Galilei verboten hatte, irgendwelche Schriften zu veröffentlichen, so war er genötigt, sich den Anschein zu geben, als sei die Drucklegung ohne sein Wissen erfolgt. – Ähnlich war es mit der lateinischen Übersetzung des Dialogs von Bernegger144 und der des Briefes an Christina von Elia Diodati (unter dem Pseudonym Robertus Robertinus) gegangen. Auch eine flämische Übersetzung des Dialogs von de Weerdt sollte bei den Elzevir erscheinen, es ist dieser Plan aber nicht zur Ausführung gekommen (Op. X, 252). Hingegen wurde wirklich eine Übertragung ins Englische vorgenommen; ob es dieselbe ist, die 1661–1665 von Thomas Salusbury in London veröffentlicht wurde, ist zweifelhaft. (Vgl. Favaro, Sopra una traduzione inglese di alcune opere di Galileo in der Rivista delle Biblioteche num. 18 und 19, sowie Op. VII, 140.) Viviani erwähnt in seiner Biographie Galileis außerdem eine französische und eine deutsche Übersetzung; indessen ist diese Angabe aller Wahrscheinlichkeit nach irrig, wenigstens ist es mir nicht gelungen, irgendwelche Spur von ihnen zu entdecken.
Bis in die letzten Lebensjahre blieb Galilei wissenschaftlich tätig. Da er nicht mehr schreiben konnte, diktierte er oder machte mündliche Mitteilungen. Namentlich war es der junge Viviani, der ihm bis zuletzt treu zur Seite stand, dem wir seine erste Biographie verdanken, und der noch manchen bedeutsamen Gedanken des großen Mannes der Vergessenheit entriss. Am 8. Januar 1642, in dem Jahre, wo Newton geboren wurde, starb Galilei in Gegenwart seines Sohnes Vincenzo, seiner Schwiegertochter, seiner Schüler Viviani und Torricelli, des Pfarrers und zweier Vertreter des h. Officiums. Auch über seine Bestattung entspann sich noch ein hässlicher Streit; schließlich wurde er in aller Stille in einer Nebenkapelle der Kirche Santa Croce zu Florenz beigesetzt. Im Jahre 1737 wurden seine Gebeine in das linke Seitenschiff der Kirche übergeführt, wo sie neben denen Vivianis ruhen; ein prächtiges Denkmal entschädigt den Toten für die grausame Verfolgung, die er als Lebender erlitten.
1Vgl. Favaro, Galileo Galilei e lo studio di Padova. (Firenze 1883). Vol. I. p. 5.
2Op. XV, 332.
3Wir besitzen über diesen Apparat eine kleine Abhandlung Galileis, die erst nach seinem Tode gedruckt wurde: La bilancetta, nella quale, ad imitazione d’Archimede nel problema della corona, s’insegna a trovare la proporzione del misto di due metalli, e la fabbrica dello strumento. Op. XIV, 199–205.
4Op. XV, 15.
5Christoph Clavius, geboren 1537 zu Bamberg, ist am bekanntesten durch seine Wirksamkeit zu Gunsten der gregorianischen Kalenderreform, die in Italien im Jahre 1582 eingeführt wurde.
6Der Titel der mir vorliegenden 3. Auflage lautet: Christophori Clavii Bambergensis ex societate Jesu in sphaeram Ioannis de Sacro Bosco Commentarius. Nunc tertio ab ipso auctore recognitus, plerisque in locis locupletatus. Romae, ex officina Dominici Basae MDLXXXV.
7Giovanni Battista Benedetti (1530–1590), Venetianer von Geburt, war in wichtigen Fragen der Mechanik ein Vorläufer Galileis. Auch er war leidenschaftlicher Gegner der Peripatetiker. Sein Hauptwerk: Diversarum speculationum math. et physicarum liber. Taurini 1585.
8Darauf hatW o h l w i l laufmerksam gemacht (Die Entdeckung des Beharrungsgesetzes, Weimar 1884. p. 31 ff.), dem wir uns in unserer Darstellung auch sonst bisweilen anschließen.
9Op. XI, 11.
10Op. XI, 18.
11Dagegen