Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei
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Читать онлайн книгу Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme - Galileio Galilei страница 25
Inzwischen aber hatten die Verhältnisse sich in der Weise geändert, dass es Galilei wünschenswert erschien, sein Buch in Florenz statt in Rom drucken zu lassen. Angeblich und zum Teil auch wirklich war es die mittlerweile ausgebrochene, allen Verkehr zwischen Florenz und Rom erschwerende Pest, welche die Übersendung des Manuskripts oder gar eine abermalige Reise Galileis verhinderte. Noch mehr aber mag der Tod des allezeit für Galilei tätig gewesenen Fürsten Cesi, des Begründers der Accademia dei Lincei, sowie die in Rom beginnende Verfolgung der Astrologen, mit welchen die Astronomen vielfach in einen Topf geworfen wurden, zu jenem Entschlusse beigetragen haben. Dadurch aber entstanden fernere Weiterungen. Galilei fand zwar in Landini mit Leichtigkeit einen florentinischen Verleger, auch die Approbation der geistlichen und weltlichen Zensur für Florenz scheint ohne Schwierigkeit erlangt worden zu sein; denn bereits am 11. September 1630 erteilten der Generalvikar des Erzbischofs von Florenz, Pietro Nicolino, und der Generalinquisitor von Florenz, Clemente Egidio, am Tage darauf auch der großherzogliche Zensor Niccolò Antella das Imprimatur.122 Galilei und sein Verleger wären damit rechtlich befugt gewesen, den Druck in Florenz vorzunehmen. Indessen schien es rücksichtsvoller und sicherer, von dem veränderten Vorhaben dem römischen Oberzensor, der sich so eingehend mit der Sache beschäftigt hatte, Kenntnis zu geben; ein zwingender Grund zu diesem Verhalten lag aber durchaus nicht vor, und die Folge lehrte, dass eine solche Rücksicht im Interesse Riccardis besser unterblieben wäre. Wenn Riccardi jetzt streng korrekt verfahren wollte, musste er es ablehnen, sich mit der Zensur eines in Florenz erscheinenden Buches zu befassen; es fehlte ihm dazu an jeder Kompetenz; dass Galilei anfänglich das Werk in Rom wollte drucken lassen, konnte ihm doch unmöglich eine solche verleihen. Ging er also gleichwohl auf Unterhandlungen ein, so konnte dabei nur die Absicht ausschlaggebend sein, durch Abdruck seiner besonders wertvollen Anerkennung der Ungefährlichkeit des Buches diesem den Weg zu erleichtern. Es ist daher schwer begreiflich, wie man aus dem Abdruck dieser Approbation Galilei später einen Vorwurf machen konnte, wiewohl man ja zugeben muss, dass dieselbe rechtlich wertlos war.123 Irrig ist es also, wenn man sagt, Galilei sei nicht befugt gewesen, das Imprimatur Riccardis dem Dialog beizufügen; vielmehr war Riccardi nicht befugt, den Druck in Florenz zu begutachten. Wenn er dies dennoch tat, und wenn der römische Oberzensor das Zensurrecht selbst nicht kannte oder es nicht strenge handhabte, so brauchte Galilei gewiss nicht ihn an Korrektheit zu überbieten. Riccardi also lehnte die Einmischung in die Sache nicht ab, sondern stellte verschiedene Forderungen auf; namentlich handelte es sich um Einleitung und Schluss, die nochmals zur Begutachtung nach Rom geschickt werden mussten. Im Übrigen wurde nach etlichem Hin- und Widerreden auf Verwendung Nicolinis, des großherzoglichen Gesandten in Rom, und seiner Gattin Caterina die erneute Durchsicht des Dialogs dem Dominikanerpater Giacinto Stefani übertragen. Gab dieser seine Zustimmung und war der Padre Maestro mit Einleitung und Schluss zufrieden, so trat damit, vom Standpunkte Galileis betrachtet, das schon früher erteilte Imprimatur des römischen Oberzensors in Kraft. Denn an Stelle der oben erwähnten Klausel, von welcher die Gültigkeit des römischen Imprimatur abhängig gemacht worden war, trat nunmehr die Approbation Stefanis und die Billigung von Vorrede und Schluss durch den Magister Sacri Palatii. Was konnten alle diese Förmlichkeiten, die an und für sich überflüssig waren, anderes bedeuten, als dass durch ihre Erfüllung Galilei das Recht erhielt, auch die Druckerlaubnis Riccardis dem Dialoge beizufügen? Trostlos ist es freilich, die Konfusion des armen Paters zu sehen, der in einer Zeile schreibt, er sei nicht kompetent, die Druckerlaubnis zu erteilen und gleichwohl in der nächsten verspricht, ein Zeugnis darüber auszustellen, dass er das Buch approbiere, wofern er nur Einleitung und Schluss zugeschickt erhalte124; dabei hatte er diese Stücke auf seinen Wunsch mindestens seit einem Vierteljahre in Händen.125 Am 24. Mai 1631 endlich setzte sich Riccardi in Verbindung mit dem florentinischen Inquisitor Clemente Egidio, der in Wahrheit schon vor drei Vierteljahren das Imprimatur erteilt hatte. Er schreibt126: »Da der Verfasser dort [in Florenz] die Sache zu erledigen wünscht, so kann Euer Hochwürden von Ihrer Autorität Gebrauch machen und das Buch unabhängig von meiner Revision approbieren oder nicht approbieren; wobei ich jedoch in Erinnerung bringe, dass es die Meinung unseres Herrn [des Papstes] ist, dass als Titel und Gegenstand des Buches nicht Ebbe und Flut gelten soll, sondern unbedingt nur die mathematische Erörterung der kopernikanischen Lehre von der Erdbewegung; diese soll den Zweck haben zu beweisen, dass abgesehen von der göttlichen Offenbarung und der Kirchenlehre die Erscheinungen von jenem Standpunkte aus sich erklären lassen, unter Widerlegung aller gegenteiligen Überzeugungen, welche die Erfahrung und die peripatetische Philosophie an die Hand geben: in der Art, dass niemals jener Meinung die absolute Wahrheit, sondern nur die hypothetische, und zwar ohne Bezugnahme auf die Heilige Schrift, zugestanden werden darf. Auch muss darauf hingewiesen werden, dass das Buch bloß geschrieben wird, um zu zeigen, dass man alle Gründe kenne, die für diesen Standpunkt sich anführen lassen, und dass man nicht aus mangelnder Kenntnis derselben diese Ansicht verurteilt habe, entsprechend dem Anfang und Schluss des Buches, welche ich später korrigiert übersenden werde. Unter diesen Vorsichtsmaßregeln wird dem Buche hier in Rom niemand etwas in den Weg legen.«
Nachdem der Inquisitor Egidio am 31. Mai auf dieses Schreiben erwidert hatte, Galilei gehe mit voller Bereitwilligkeit auf alle Korrekturen ein127, schickte Riccardi endlich am 19. Juli die fertiggestellte Vorrede aus Rom. In dem Begleitschreiben gestattet er zwar, stilistische Änderungen daran vorzunehmen, nicht aber sachliche. »Am Schlusse«, heißt es sodann, »muss die Peroration des Werkes (delle opere?) dieser Vorrede entsprechen, indem Signore Galilei die ihm von unserem Herrn [dem Papste] mitgeteilten Gründe bezüglich der göttlichen Allmacht hinzufügt, die den Geist beruhigen sollen, wenngleich man den pythagoreischen Gründen sich nicht entwinden könnte.«128
Die Entstehungsgeschichte dieser nun endlich eingetroffenen Vorrede lässt nichts Günstiges von ihr erwarten; sie bietet denn in der Tat ein überaus klägliches Schauspiel. Man sieht Galilei sich drehen und winden, um einerseits alles kirchlich Anstößige zu vermeiden und andererseits nicht geradezu zu lügen. Er nennt das gegen die kopernikanische Lehre gerichtete Dekret zwar nützlich und opportun, aber ob es sachlich gerechtfertigt sei, darüber muss er vermeiden sich zu äußern. Er nennt die Gegner des Edikts zwar leichtfertig, aber wiederum bekennt er sich sachlich weder für noch gegen sie. Das Edikt sei nicht ohne sein Vorwissen veröffentlicht worden; man sollte danach beinahe glauben, es sei auf seinen Rat geschehen. Er fügt hinzu, man habe seine eigenen Untersuchungen seiner Zeit sehr wohl gekannt, keineswegs also habe, wie behauptet worden sei, mangelhafte Kenntnis das Zustandekommen des Edikts verschuldet. Der Zweck des Buches sei, den fremden Nationen gerade das Falsche dieser