Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei

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Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme - Galileio Galilei

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als er bei seiner Rückkehr von dem Geschehenen Kenntnis erhielt. Am 1. März 1620 starb er, eine der liebenswürdigsten und charakteristischsten Erscheinungen aus Galileis Bekanntenkreis. – Im Dialog steht Sagredo zwischen den Fachmännern Salviati und Simplicio als der gebildete Laie; er ist günstig prädisponiert für die neuen Lehren, und wenn er durch die gepflogenen Erörterungen erst völlig für sie gewonnen ist, so kennt sein Enthusiasmus keine Grenzen. Er rekapituliert öfters die schwerer verständlichen Argumente, um sie in populärere Form zu bringen, greift übrigens auch häufig mit eigenen Gedanken in die Debatte ein; namentlich werden ihm diejenigen Einfälle in den Mund gelegt, für die der Autor nicht die volle Verantwortung übernehmen mag, die er aber doch für bedeutend genug hält, um sie nicht verloren gehen zu lassen.

      Die dritte im Dialoge auftretende Person,S i m p l i c i o ,ist der Repräsentant der konservativen, autoritätengläubigen Wissenschaft, der Büchergelehrsamkeit. Der Name spielt einerseits auf die Einfalt des guten Mannes an, andererseits ist er in Erinnerung an den bekannten, dem sechsten nachchristlichen Jahrhundert angehörigen Kommentator der aristotelischen Schriften gewählt. Dass in ihm eine bestimmte Person porträtiert wird, ist nicht wahrscheinlich. Es werden wohl Züge verschiedener Peripatetiker zu dieser typischen Figur, einem köstlichen Gegenstücke des goetheschen Wagner, verschmolzen worden sein. Dass Simplicio nicht etwa, wie Galileis Gegner vorgaben, Papst Urban VIII. sein solle, wenngleich Galilei notgedrungen ihm auch dasjenige Argument in den Mund legte, welches Urban mit Vorliebe anzuwenden pflegte, bedarf kaum der Widerlegung. Abgesehen davon, dass der Papst im Übrigen durchaus nicht den Standpunkt Simplicios teilte, würde man Galilei wahrlich eine arge Torheit zumuten, wenn man glauben wollte, er habe zu den ohnehin schon zahlreichen äußeren Schwierigkeiten sich mutwillig eine weitere in den Weg gelegt. Simplicio sollte eben alle Gründe der Antikopernikaner ins Gefecht führen, und so musste ihm auch das Argument des Papstes in den Mund gelegt werden. – Die Charakteristik Simplicios im Dialog zeugt von dem wahrhaft genialen dichterischen Vermögen Galileis. S. ist ein Büchermensch ohne Falsch und Tücke, der hierdurch gegen viele seiner realen Gesinnungsgenossen vorteilhaft absticht. Zwar zeigt er hie und da Spuren von Eigensinn und rechthaberischem Wesen, gibt sich aber doch alle erdenkliche Mühe, so sauer es ihm wird, für den Standpunkt seines mit so fremdartigen Mitteln operierenden Gegners Verständnis zu gewinnen. Die neuen Lehren hält er anfänglich für ein unheilvolles, auf die Untergrabung aller Wissenschaft gerichtetes Unterfangen; doch aber möchte er sie kennen lernen, schon um darüber mitsprechen zu können. Schließlich aber kann er sich dem starken Eindruck, den sie auf ihn machen, kaum entziehen, und selbst seine Nachtruhe leidet darunter. Die Hoffnung aber, dass alles doch noch beim Alten bleiben könne, verlässt ihn bis zuletzt nicht und gewährt ihm Trost.

      Welches ist nun die eigentliche Absicht, die Galilei mit dem Dialog zu verwirklichen versuchte? Mancher moderne, vielleicht auch mancher zeitgenössische Leser mag von einem Werke, das über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme zu handeln versprach, ganz etwas anderes erwartet haben, als er tatsächlich vorfindet. Vor allem scheint der Titel einerseits eine ins Detail gehende Auseinandersetzung über die Erklärung der astronomischen Erscheinungen durch die komplizierte Epizykeltheorie des Ptolemäus und seiner Nachfolger zu versprechen, andererseits hofft man im Gegensatze dazu die vereinfachenden, aber noch immer nicht ganz einfachen Annahmen des Kopernikus in ähnlicher Durchführung wie in dessen klassischem Werke, nur vielleicht in anmutigerer Form erörtert zu finden. Man vermutet wohl auch eine lichtvolle Auseinandersetzung über die in den Jahren 1609 und 1619 veröffentlichten keplerschen Gesetze, welche die noch übrig bleibende Komplikation des kopernikanischen Systems auf bewundernswerte Weise beseitigten: Aber von alle dem findet sich im Dialog kaum eine Andeutung. Man kann das Werk gelesen haben und dabei zu der Meinung gelangt sein, Kopernikus lasse die Planeten in exakten Kreisen wandeln, deren Mittelpunkt die Sonne sei, und man kann glauben, dass der Autor diese Ansicht billige. In dieser Beziehung führt das Buch den unvorbereiteten Leser geradezu irre, sodass man nicht umhin kann, darin einen bedeutenden Fehler desselben zu sehen. Ob der ursprüngliche Plan des Werkes de systemate mundi diesen Fehler nicht vielleicht ausgeschlossen hätte, steht dahin.

      Die Aufgabe, die sich Galilei stellte, bestand also darin, die Lehre von der Erdbewegung auf ihre Wahrheit hin zu prüfen; dass sie die scheinbaren Bewegungen der Himmelskörper im Allgemeinen hinreichend zu erklären vermöge, stand bei den einsichtigeren antikopernikanischen Astronomen, wie Magini und anderen, im Großen und Ganzen fest. Diese Seite der Frage erfährt daher keine sehr ausführliche Besprechung. Anders verhielt es sich mit den physikalischen Tatsachen, denen gegenüber das kopernikanische System allerdings absurd erscheinen musste, solange das Beharrungsgesetz nicht bekannt war; und anders stand es auch mit dem Verhältnis jener Lehre zu den herrschenden naturphilosophischen Anschauungen, die von Aristoteles ererbt und durch jahrhundertelange Geistesarbeit assimiliert, mit einer heutzutage fast unvorstellbaren Allgewalt die Geister beherrschten. Ein großer Teil der Anziehungskraft, die der Dialog noch heute unvermindert auf den Leser übt, beruht gerade darauf, dass er uns die Macht der überkommenen Lehren in anschaulichster Weise schildert,

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