Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei
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Читать онлайн книгу Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme - Galileio Galilei страница 28
Da es nun schien, dass du bezüglich deiner Intention nicht ganz die Wahrheit gesagt, erachteten wir es für nötig, das peinliche Verhör mit dir anzustellen. Bei diesem hast du, – jedoch ohne irgendwelches Präjudiz für das, was bezüglich deiner Intention von dir eingestanden oder gegen dich, wie oben erwähnt, erwiesen worden – katholisch geantwortet. Deshalb sind wir, nachdem wir diese deine Sache nach allen Seiten samt deinen oben besagten Geständnissen und Entschuldigungen und allem, was von Rechtswegen einzusehen und zu erwägen war, eingesehen und reiflich erwogen haben, zu dem unten stehenden definitiven Urteile gegen dich gelangt.
Nach Anrufung also des allerheiligsten Namens unseres Herrn Jesu Christi und seiner glorreichen allzeit jungfräulichen Mutter Maria sprechen wir, als Gerichtshof sitzend, nach dem Rate und Gutachten der Hochwürdigen Magister der h. Theologie und der Doktoren beider Rechte, die unsere Konsultoren sind, in dieser Schrift unser definitives Urteil in der Streitsache und den Streitsachen, die uns vorliegen, zwischen Seiner Magnificenz Carlo Sincero, beider Rechte Doktor, Fiskal. Prokurator dieses h. Officiums einerseits, und dir, Galileo Galilei, als hier gegenwärtigem und, wie oben gesagt, prozessiertem und geständigem Angeklagten andererseits, indem wir sagen, aussprechen, urteilen, erklären: dass du, oben besagter Galileo, durch die, wie oben erwähnt, im Prozesse erwiesenen und von dir eingestandenen Dinge dich diesem h. Officium der Ketzerei stark verdächtig gemacht hast, nämlich (verdächtig), dass du die falsche und den heiligen und göttlichen Schriften widersprechende Lehre, die Sonne sei der Mittelpunkt der Welt139 und bewege sich nicht von Osten nach Westen, und die Erde bewege sich und sei nicht der Mittelpunkt der Welt, geglaubt und für wahr gehalten, und (dass du geglaubt und für wahr gehalten), es dürfe eine Meinung, auch nachdem sie als der h. Schrift widersprechend erklärt und definiert worden, als wahrscheinlich festgehalten und verteidigt werden; – und dass du infolgedessen in alle Zensuren und Strafen verfallen bist, welche durch die h. Canones und andere allgemeine und besondere Konstitutionen gegen solche, die sich in ähnlicher Weise verfehlt haben, festgesetzt und promulgiert worden sind. Wir genehmigen, dass du von diesen (Zensuren und Strafen) freigesprochen werdest, vorausgesetzt, dass du zuvor mit aufrichtigem Herzen und ungeheucheltem Glauben die oben besagten Irrtümer und Ketzereien, und alle anderen der katholischen und apostolischen Römischen Kirche zuwiderlaufenden Irrtümer und Ketzereien in der Weise, die dir von uns wird angegeben werden, vor uns abschwörest, verfluchest und verwünschest.
Und damit dieser dein schwerer und verderblicher Irrtum und Fehltritt nicht ganz ungestraft bleibe und du in Zukunft vorsichtiger seiest, und zum Beispiel für die Anderen, dass sie sich vor ähnlichen Vergehen hüten, verordnen wir, dass das Buch Dialoghi di Galileo Galilei durch einen öffentlichen Erlass verboten werde. Dich verurteilen wir zu förmlicher Kerkerhaft in diesem h. Officium für eine nach unserem Ermessen zu bestimmende Zeit, und legen dir als heilsame Buße auf, drei Jahre lang wöchentlich einmal die sieben Bußpsalmen zu beten, indem wir uns das Recht vorbehalten, besagte Strafen und Bußen zu ermäßigen, umzuwandeln oder ganz oder teilweise zu erlassen.
Und so sprechen, verkündigen, verordnen, befehlen, verurteilen und behalten wir uns vor, in dieser und in jeder anderen besseren Weise und Form, wie wir von Rechtswegen können und müssen.« [Folgen die Unterschriften.]
Darauf verlas Galilei knieend die folgende Abschwörungsformel140:
»Ich, Galileo Galilei, Sohn des verstorbenen Vincenzo Galilei aus Florenz, siebzig Jahre alt, persönlich vor Gericht gestellt und knieend vor Euren Eminenzen, den Hochwürdigsten Herren Kardinälen General-Inquisitoren gegen die ketzerische Bosheit in der ganzen christlichen Welt, vor meinen Augen habend die hochheiligen Evangelien, die ich mit meinen Händen berühre, schwöre, dass ich immer geglaubt habe, jetzt glaube und mit Gottes Hilfe in Zukunft glauben werde alles, was die h. katholische und apostolische Römische Kirche für wahr hält, predigt und lehrt. Da ich aber, – nachdem mir von diesem h. Officium der gerichtliche Befehl verkündet worden, ich müsse die falsche Meinung, dass die Sonne der Mittelpunkt der Welt und unbeweglich und die Erde nicht der Mittelpunkt sei und sich bewege, ganz aufgeben und dürfe diese falsche Lehre nicht für wahr halten, verteidigen, noch in irgendwelcher Weise lehren, weder mündlich noch schriftlich, und nachdem mir eröffnet worden, dass diese Lehre der h. Schrift widerspreche, – ein Buch geschrieben und in Druck gegeben, in welchem ich die nämliche bereits verdammte Lehre erörtere und mit vieler Bestimmtheit Gründe für dieselbe anführe, ohne eine Widerlegung derselben beizufügen, – und da ich mich dadurch diesem h. Officium der Ketzerei stark verdächtig gemacht habe, nämlich (verdächtig) für wahr gehalten und geglaubt zu haben, dass die Sonne der Mittelpunkt der Welt und unbeweglich und die Erde nicht der Mittelpunkt sei und sich bewege: – Darum, da ich wünsche, Euren Eminenzen und jedem Christgläubigen diesen gegen mich mit Recht gefassten starken Verdacht zu benehmen, schwöre ich ab, verfluche und verwünsche ich mit aufrichtigem Herzen und ungeheucheltem Glauben besagte Irrtümer und Ketzereien und überhaupt allen und jeden anderen der besagten h. Kirche widersprechenden Irrtum und Sektiererglauben. Und ich schwöre, dass ich in Zukunft niemals mehr etwas sagen oder mündlich oder schriftlich behaupten will, woraus man einen ähnlichen Verdacht gegen mich schöpfen könnte, und dass ich, wenn ich irgendeinen Ketzer oder der Ketzerei Verdächtigen kennen lerne, denselben diesem h. Officium oder dem Inquisitor und Ordinarius des Ortes, wo ich mich befinde, denunzieren will. Ich schwöre auch und verspreche, alle Bußen pünktlich zu erfüllen und zu beobachten, welche mir von diesem h. Officium sind aufgelegt worden oder werden aufgelegt werden. Und sollte ich, was Gott verhüten wolle, irgendeiner meiner besagten Versprechungen, Beteuerungen oder Schwüre zuwiderhandeln, so unterwerfe ich mich allen Strafen und Züchtigungen, welche durch die h. Canones und andere allgemeine und besondere Konstitutionen gegen solche, die sich in solcher Weise vergehen, festgesetzt und promulgiert worden sind. So wahr mir Gott helfe und diese seine h. Evangelien, die ich mit meinen Händen berühre.
Ich, besagter Galileo Galilei, habe abgeschworen, geschworen und versprochen und mich verpflichtet, wie vorstehend, und zur Beglaubigung habe ich diese Urkunde meiner Abschwörung, die ich Wort für Wort verlesen, eigenhändig unterschrieben.
Rom im Kloster der Minerva am 22. Juni 1633.
Ich, Galileo Galilei, habe abgeschworen wie vorstehend, mit eigener Hand.«
Mit diesem erzwungenen Meineide, den Galilei selbstverständlich nicht, wie die Sage erzählt, durch ein »Und sie bewegt sich doch« zurücknahm, erreichte die Szene ein Ende, eine der barbarischsten, welche in der Weltgeschichte aufgeführt wurden. Galilei wurde darauf wieder im Inquisitionsgebäude inhaftiert, wo er sich seit dem Tage des Schlussverhörs aufgehalten hatte. Er verblieb dort bis zum 24. Juni und wurde dann zunächst wieder in den toskanischen Gesandtschaftspalast gebracht. Bald darauf entließ man ihn nach Siena, wo er bei dem Erzbischofe Ascanio Piccolomini, einem seiner früheren Schüler, bis zum Dezember 1633 verblieb, um dann auf eine Villa bei Florenz stets unter Aufsicht der Inquisition überzusiedeln. Diese lag nahe bei dem Kloster S. Matteo in Arcetri, wo Galileis beide Töchter als Nonnen lebten.141
Inzwischen wurde allenthalben inner- und außerhalb Italiens das gegen Galilei ergangene Urteil publiziert; der Dialog wurde auf den Index gesetzt. Als man endlich im Jahre 1757 die Bücher, welche die kopernikanische Theorie lehrten, freigab, hielt man gleichwohl das Verbot des Dialogs aufrecht. Die Index-Ausgabe vom Jahre 1819 enthielt es noch, erst am 25. September 1822 wurde es aufgehoben; die erste Ausgabe des Index, welche den Dialog nicht mehr erwähnt, ist die vom Jahre 1835. Die natürliche Folge des Verbots war, dass man sich heimlich vielfach bemühte, Exemplare aufzutreiben; 4 bis 6 Scudi wurden für das Buch bezahlt, für damalige Zeit ein sehr hoher Preis. Die Inquisition ging noch weiter, sie untersagte Galilei auch, irgendwelche früheren Schriften neu auflegen zu lassen oder eine neue zu veröffentlichen. Glücklicherweise fand Galilei Mittel, diese Anordnung zu umgehen.
Was den Dialog betrifft, so beschäftigte sich Galilei