Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei
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Die Befragung Galileis über seine Gesinnung (super intentione) fand im vierten und letzten Verhöre vom 21. Juni 1633 statt. Er blieb bei seiner Aussage: »Ich halte an jener kopernikanischen Ansicht nicht fest und habe nicht an ihr festgehalten, seitdem mir der Befehl mitgeteilt worden ist, sie aufzugeben; im Übrigen bin ich in Ihren Händen, tun Sie, wie Ihnen beliebt.«136 Das Aktenstück fährt fort: »Und als man ihm gesagt hatte, dass er die Wahrheit sagen möge, sonst werde er der Folter unterworfen werden, antwortete er: ›Ich bin hier, um Gehorsam zu üben, ich habe an jener Meinung, wie gesagt, nicht festgehalten.‹ Und da nichts weiter aus ihm herauszubringen war, wurde er in Ausführung des Dekrets [der Inquisition vom 16. Juni] nach Bewirkung seiner Unterschrift an seinen Ort zurückgeschickt.« Unter dem Aktenstücke steht der mit zitternder Hand geschriebene Namenszug Galileis. Wenn der Schluss des Aktenstücks echt ist, so hat also Galilei keine physische Folter erdulden müssen, sondern nur die sogenannte leichte Schreckung (territio levis oder verbalis). Im Widerspruch damit steht allerdings, dass in dem nachstehend auszugsweise mitgeteilten Urteile gesagt wird, es habe ein peinliches Verhör (rigoroso esame) stattgefunden. Dem herrschenden Sprachgebrauche gemäß scheint ein solches die wirkliche Folterung oder doch die »schwere Schreckung« (territio gravis oder realis) in sich schließen zu müssen. Letztere bestand darin, dass dem Verhörten nach Abführung in die Folterkammer die Anwendung der Folterinstrumente erläutert wurde; unter Umständen wurden dabei auch die Vorbereitungen zur wirklichen Folterung getroffen, der Angeklagte musste sich entkleiden, er wurde gebunden u. s. w. Ob Galilei, wie nach dem Texte des Urteils im Grunde anzunehmen ist, dieser territio realis unterworfen wurde, steht trotz des Wortlauts in der Urteilsformel dahin; denn es ist nicht ausgeschlossen, dass auch das Schlussverhör selbst, von welchem bei nichtgeständigen Angeklagten allerdings die Folterung in der Regel ein Teil ist, rigoroso esame genannt werden kann. Zur wirklichen Ausführung der Folterung kam es schwerlich.
Den 22. Juni hatte Galilei im Dominikanerkloster Santa Maria sopra Minerva in Gegenwart der Kardinäle und Prälaten des heiligen Officiums der Verlesung des in italienischer Sprache abgefassten Urteils beizuwohnen. Die Urteilsformel beginnt mit Nennung der zehn Kardinäle, die als Richter fungiert hatten, von denen aber nur sieben das Urteil unterschrieben.137 Darauf folgt eine Rekapitulation des früheren Inquisitionsprozesses, in der das Sonderverbot des Jahres 1616 als tatsächlich ergangen betrachtet wird. Dann heißt es weiter138: »Da nun unlängst hier ein Buch erschien, welches im vorigen Jahre in Florenz gedruckt ist und dessen Aufschrift zeigte, dass du der Verfasser desselben seiest, da der Titel lautet: Dialogo di Galileo Galilei delli due massimi sistemi del mondo, Tolomaico e Copernicano, und da der h. Kongregation mitgeteilt wurde, dass infolge der Veröffentlichung besagten Buches die falsche Meinung von der Bewegung der Erde und dem Stillestehen der Sonne alle Tage mehr Fuß fasse: So wurde besagtes Buch sorgfältig geprüft und in demselben eine offenbare Übertretung des oben erwähnten, dir erteilten Befehles gefunden, indem du in diesem Buche die früher verdammte und dir ausdrücklich als verdammt bezeichnete Lehre verteidigt hast, wiewohl du in besagtem Buche durch verschiedene Wendungen die Meinung zu erwecken dich bemühest, du stelltest sie als unentschieden und ausdrücklich nur als probabel hin, was aber auch ein sehr schwerer Irrtum ist, da eine Meinung, von welcher erklärt und definiert worden ist, sie widerspreche der h. Schrift, in keiner Weise probabel sein kann.
Demgemäß wurdest du auf unseren Befehl vor dieses h. Officium beschieden, wo du bei deiner eidlichen Vernehmung das Buch als von dir verfasst und in Druck gegeben anerkanntest. Du gestandest ein, dass du vor etwa zehn oder zwölf Jahren, nachdem dir der oben erwähnte Befehl bereits erteilt worden war, besagtes Buch zu schreiben angefangen und dass du die Erlaubnis zum Drucke desselben nachgesucht habest, ohne denjenigen, welche dir diese Erlaubnis gaben, mitzuteilen, dass dir der Befehl erteilt worden, die fragliche Lehre nicht für wahr zu halten, zu verteidigen, noch in irgendeiner Weise zu lehren.
Du hast ferner eingestanden, besagtes Buch sei an mehreren Stellen so gehalten, dass der Leser sich die Meinung bilden könne, die für die falsche Meinung vorgebrachten Gründe seien so vorgetragen, dass sie eher durch ihre Beweiskraft geeignet zu überzeugen als leicht zu widerlegen seien, – indem du zu deiner Entschuldigung angabest, du seiest in einen, wie du sagtest, deiner Absicht so fern liegenden Irrtum verfallen infolge der Abfassung des Buches in dialogischer Form und infolge des natürlichen Gefallens, welches jeder an seiner eigenen Spitzfindigkeit und daran findet, sich scharfsinniger als die meisten Menschen zu erweisen, dadurch dass er auch für die falschen Sätze ingeniöse und blendende Wahrscheinlichkeitsgründe zu finden wisse.
Und nachdem dir eine angemessene Frist für deine Verteidigung gesetzt worden war, hast du ein von der Hand Seiner Eminenz des Herrn Kardinals Bellarmin geschriebenes Zeugnis produziert, welches du, wie du sagtest, dir verschafft hattest, um dich gegen die Verleumdungen deiner Feinde zu verteidigen, welche von dir sagten, du hättest abgeschworen und seiest von dem h. Officium zu einer Buße verurteilt worden. In diesem Zeugnisse wird gesagt, du hättest nicht abgeschworen und seiest auch nicht zu einer Buße verurteilt, sondern es sei dir nur die von unserem Herrn abgegebene und von der h. Kongregation des Index publizierte Erklärung mitgeteilt worden, des Inhalts, dass die Lehre von der Bewegung der Erde und dem Stillestehen der Sonne der h. Schrift widerspreche und darum nicht verteidigt und nicht für wahr gehalten werden dürfe. Da nun in diesem Zeugnisse die beiden Ausdrücke des Befehles, docere und quovis modo, nicht erwähnt werden, so müsse man glauben, sagtest du, dass du im Verlaufe von 14 oder 16 Jahren diese ganz aus dem Gedächtnisse verloren, und dass du aus diesem Grunde über den Befehl geschwiegen hättest, als du die Erlaubnis zum Drucke des Buches nachsuchtest. Alles dieses sagtest du nicht, um deinen Irrtum zu entschuldigen, sondern damit er nicht bösem Willen, sondern eitlem Ehrgeiz zugeschrieben werde. Besagtes, von dir zu deiner Verteidigung vorgebrachtes Zeugnis aber ist nur