Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman. Viola Maybach
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»Wenn Sie meinen Rat hören wollen, würde ich vorschlagen: Geben Sie ebenfalls ein Interview, stellen Sie Ihre Sicht der Dinge dar. Das Fürstenpaar war sehr beliebt, es gibt noch immer viele Leute, die die beiden verehren. Ein Interview zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein besserer Schritt in meinen Augen als eine Anzeige.«
»Frau Roeder hat bereits eins gegeben, jetzt ziehen wir nach. Sie ist uns immer einen Schritt voraus«, entgegnete die Baronin mit leiser Stimme. »Ich wache manchmal nachts auf und denke, sie wird in dieser Geschichte den Sieg davontragen, einfach weil wir keine Beweise finden.«
»Es ist viel zu früh, um schon die Hoffnung zu verlieren, Baronin von Kant«, erwiderte Volkmar Overbeck ruhig. »Verlieren Sie nur nicht die Nerven, das wäre der größte Fehler, den Sie machen könnten, denn dann hätten Sie vermutlich wirklich verloren.«
Baronin Sofia verzog schmerzlich das Gesicht. »Glauben Sie mir, Herr Kriminalrat, ich habe die Nerven längst verloren, ich verberge es nur normalerweise ganz gut. Wir leiden noch immer unter dem Schicksalsschlag, der uns letztes Jahr getroffen hat, aber wir haben uns nicht unterkriegen lassen, die Familie hält zusammen, wir haben trotz allem noch Freude am Leben. Aber das jetzt …, das ist einfach zu viel. Verstehen Sie das?«
»Sehr gut sogar. Und glauben Sie mir: Ich würde Ihnen helfen, wenn ich könnte.«
Sie wussten, dass er meinte, was er sagte. Als er sich wenig später von ihnen verabschiedete, brachten sie ihn beide zur Tür und drückten ihm fest die Hand. Es tat ihnen gut zu wissen, dass er ein Freund war.
*
»Was ist denn los?«, erkundigte sich Caroline von Hessen. Ihr Chef Henning Kuhlmann hatte sie zu sich ins Büro gebeten. Jetzt schloss er mit ernstem Gesicht und großem Nachdruck die Tür hinter ihnen beiden, bevor er sich an seinen Schreibtisch setzte. »Habe ich was verbockt?«
»Nein, überhaupt nicht. Setz dich bitte. Es geht um eine etwas heikle Angelegenheit, Caro, deshalb musst du mir versprechen, unser Gespräch für dich zu behalten.« Henning Kuhlmann war ein schwerer Mann in den Vierzigern, mit buschigen Augenbrauen und einer Stimme, die tief unten aus seinem Bauch kam und Kindern gelegentlich einen Schrecken einjagte, weil sie ein wenig grollend klang. Caroline jedoch war von Anfang an gut mit ihm ausgekommen.
»Du machst es ja reichlich spannend«, stellte sie fest.
Sie arbeitete seit einem Jahr für den Nationalpark Kellerwald am Edersee und konnte ihr Glück noch immer nicht fassen, dass es ihr gelungen war, eine der begehrten Stellen zu bekommen. Sie arbeitete mit ihrem Team neue Routen aus und begleitete Gruppen auf ihren Wanderungen. Für die kommende Woche erwartete sie eine Klasse von Fünfzehn- bis Sechzehnjährigen aus Süddeutschland. Mit ihnen und ihren Lehrern würde sie fünf Tage lang auf dem sogenannten Urwaldsteig unterwegs sein und ihnen die Besonderheiten des Nationalparks nahezubringen versuchen. Sie freute sich sehr darauf.
Caroline war eine ausgesprochen hübsche junge Frau, die ihre langen braunen Haare während der Arbeit meistens zu einem sportlichen Pferdeschwanz band. Ihr klares Gesicht wurde von warmen braunen Augen beherrscht und von ihrem Mund mit den vollen Lippen, von denen einmal ein verliebter Vierzehnjähriger gesagt hatte, er könne, wenn er diese Lippen sehe, nur noch ans Küssen denken. Der Junge hatte sich dann gegen Ende seines Aufenthalts am Edersee doch noch in eine gleichaltrige Mitschülerin verliebt, zu Carolines nicht geringer Erleichterung. Sie war es freilich gewöhnt, dass Mitglieder der Jugendgruppen, die sie betreute, sich in sie verliebten. Gelegentlich wurde sie im Kollegenkreis damit aufgezogen.
»Die Gruppe, die nächste Woche kommt, die du über den Urwaldsteig führst …« Henning Kuhlmann stockte.
»Ja? Jetzt sag bloß nicht, dass sie kurzfristig abgesagt haben, Henning! Ich hab mich so auf diese Tour gefreut. Außerdem komme ich mit Jugendlichen in dem Alter am besten klar. Die sind nicht mehr ganz so pubertär wie die Dreizehnjährigen, und auch nicht so abgeklärt und möchtegern-erwachsen wie die Älteren.«
»Nein, nein, niemand hat abgesagt, aber es ist ein Junge dabei, der uns Schwierigkeiten bereiten könnte«, seufzte Henning.
»Was hat er denn für ein Problem? Raucht er? Trinkt er? Pöbelt er die anderen an? Kann er sich nicht unterordnen? Ist er gewalttätig?«
»Nichts von alledem, er ist äußerst wohlerzogen. Ich spreche von Prinz Christian von Sternberg, auch bekannt als ›der kleine Fürst‹.«
Caroline sah ihn an und wartete auf sein dröhnendes Gelächter zum Zeichen dafür, dass er sie nur aufgezogen hatte. Das Gelächter blieb jedoch aus. Seine Augen unter den buschigen Brauen blickten sie bekümmert an.
»Kein Witz?«, fragte sie endlich.
»Kein Witz. Die Sache wäre auch so schon heikel genug, aber unter den gegebenen Umständen …« Er unterbrach sich. »Ich nehme an, du bist über diese angebliche Affäre, die sein Vater vor zwanzig Jahren oder so gehabt haben soll, im Bilde?«
»Nicht im Einzelnen, das hat mich, ehrlich gesagt, nicht besonders interessiert, aber natürlich weiß ich, dass diese Geschichte gerade ein gefundenes Fressen für alle Medien ist, seit Wochen schon. Außerdem kenne ich Baronin von Kant, die Tante des kleinen Fürsten. Sie war eine Schwester seiner Mutter.«
Nun war es an Henning, große Augen zu machen. »Du hast Verbindungen zur Familie?«
»Das so auszudrücken ist ein bisschen übertrieben. Baronin von Kant und ich arbeiten beide für bestimmte wohltätige Organisationen, und so kreuzen sich unsere Wege mehrmals im Jahr.«
»Sieh mal einer an, das wusste ich ja gar nicht«, sagte Henning. »Aber sonst kennst du niemanden aus der Familie?«
»Nein, nur die Baronin.«
»Jedenfalls«, fuhr Henning fort, »wird dieser Junge, der im letzten Jahr seine Eltern verloren hat und jetzt täglich neue Geschichten über seinen Vater in der Zeitung lesen muss, nächste Woche mit seiner Klasse und zwei Lehrern hier eintreffen. Die Schule hat mich informiert. Wir sollen, wenn möglich, so tun, als wäre das überhaupt nichts Besonderes.«
»Wie soll das denn gehen?«, fragte Caroline. »Sobald die Presse das erfährt …, ach, was rede ich, die wissen das doch garantiert längst und haben sich schon in Stellung gebracht.«
Henning schüttelte den Kopf. »Baronin und Baron von Kant, bei denen der Junge seit dem Tod seiner Eltern lebt, gehen rigoros gegen alle vor, die die Privatsphäre missachten. Fotos des Prinzen sind unerwünscht in der Presse, und daran halten sich alle, weil niemand sich nachsagen lassen will, dass er mögliche Erpresser zur Tat angestiftet hat. Angeblich lauern ihm zuhause immer noch Reporter auf. Sie hoffen, dass er ihnen wenigstens einen Satz in ihre Mikrofone sagt, den sie zitieren könnten, aber mehr wagen sie nicht. Ganz am Anfang dieser Affäre war das wohl anders, aber seitdem gibt es keine Fotos mehr von dem Jungen. Auch nicht von seiner Cousine und seinem Cousin.«
»Das ist ja irgendwie verrückt«, murmelte Caroline. »Ich bin schon ein paarmal mit der Baronin ins Plaudern gekommen, und jedes Mal hat sie gesagt, wenn ich in der Gegend wäre, sollte ich doch mal bei ihnen vorbeikommen. Bisher hat sich das nie ergeben, ich habe ja auch hier immer so viel zu tun …«
»Keine