Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 14 – Adelsroman - Viola Maybach страница 27
»Ich weiß, wie es klingt, aber die Wahrheit ist es trotzdem, ich kann es nicht ändern«, erwiderte er. »Was ich zum Ausdruck bringen will, ist ja auch nur, dass wir die Sympathie, die dem Jungen allgemein entgegengebracht wird, vielleicht für uns nutzen können. Die Stimmung wendet sich seit Tagen gegen unsere Mandanten, Barbara, das ist nicht in unserem Sinne.«
Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Glaubst du eigentlich, der Fürst hatte die Affäre?«, fragte sie.
»Ich will darüber nicht mehr diskutieren, wir drehen uns dann nämlich nur im Kreis«, entgegnete er ärgerlich. »Was ich glaube oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle. Die Sternberger sind unsere Mandanten, sie sagen, er hatte keine Affäre, also ist das erst einmal unser Ausgangspunkt – bis wir einen Beweis haben, der für oder gegen ihre Behauptung spricht.«
»Und wenn wir Beweise finden, dass er die Affäre hatte?« So leicht ließ Barbara nicht locker, wenn sie sich erst einmal auf ein Thema gestürzt hatte.
»Dann werden wir sehen, was wir tun«, erwiderte er, schon wieder vollkommen ruhig. »Im Zweifel wird es dann nicht unsere Entscheidung sein, Barbara.«
Sie seufzte. »Ja, da hast du wohl Recht, leider. Einmal im Leben möchte ich diejenige sein, die bestimmt, was getan wird. Davon träume ich.«
Er sah sie überrascht an. »Das verstehe ich nicht. Du bestimmst doch ständig, was getan wird.«
»Du weißt genau, was ich meine. Unsere Mandanten geben immer die Richtung vor.«
»Dann musst du Mandantin werden«, entgegnete Hagen trocken und entlockte ihr damit endlich ein befreites Lachen.
»Schon gut, Hagen, es ist nur so, dass mir dieses spezielle Mandat allmählich ein bisschen …«
»… auf die Nerven geht?«
»Ja, und das ist noch vorsichtig ausgedrückt. Wir stochern im Nebel, das ist es, was mich so nervt. Wenn ich jemanden vor Gericht verteidigen soll, dann kann ich nach Beweisen für seine Unschuld suchen, aber in diesem Fall? Wir suchen und suchen, aber wir finden nichts.«
Erneut wies er sie zurecht. »Das stimmt so nicht, Barbara! Cosima hat herausgefunden, dass Frau Roeder Kontakt zu einem Mann hat, der …«
Barbara unterbrach ihn ungeduldig. »Der was? Ein Fälscher ist? Dafür gibt es keinen Beweis. Er KÖNNTE einer sein, aber sicher ist das noch lange nicht.«
»Sie verbirgt jedenfalls ihre Besuche bei ihm, und das bedeutet, sie hat etwas zu verheimlichen – oder etwa nicht?«, fragte er. »Du musst unsere Situation jetzt auch nicht schwärzer malen, als sie ist.«
Sie wollte widersprechen, er sah es ihr an, aber überraschend überlegte sie es sich anders. »Na schön«, sagte sie friedlich und lächelte ihn unschuldig an. »Zurück zum Ausgangspunkt: Christian von Sternberg will Ferdinand von Stade ein Interview geben. Darauf müssen wir ihn vorbereiten, habe ich Recht?«
»Du hast fast immer Recht.«
»Wenn du das nur einsiehst. Ich stelle eine Liste von Fragen zusammen, auf die er gefasst sein muss. Wenn ich fertig bin, lege ich dir die Liste vor und du ergänzt sie um alles, was dir noch dazu einfällt. Klingt das vernünftig?«
»Überaus vernünftig.«
Sie drohte ihm scherzhaft mit der Faust und ging hinaus. Gleich darauf hörte er sie in ihrem Büro nebenan wie wild die Tastatur ihres Computers bedienen.
Schmunzelnd nahm er sich ein Blatt Papier und begann seinerseits, über die Fragen nachzudenken, die Ferdinand von Stade dem kleinen Fürsten vermutlich stellen würde. Wenn der Fünfzehnjährige wusste, was ihn erwartete, konnte eigentlich nicht allzu viel passieren.
*
»Bist du gut vorbereitet?«, fragte Henning Kuhlmann.
»Auf den kleinen Fürsten, meinst du?«, fragte Caroline lächelnd zurück.
»Was soll ich denn sonst meinen? Auf deine Führungen bist du immer gut vorbereitet, das weiß ich schließlich.«
»Ich habe versucht, überhaupt nicht mehr an den Jungen zu denken«, gestand Caroline. »Mir scheint, dass das die beste Strategie ist.« Sie stockte und fragte dann lächelnd: »Soll ich dir mal was verraten?«
»Na?«
»Ich habe überlegt, Baronin von Kant anzurufen und mir bei ihr Rat zu holen, bis mir klar wurde, dass das wohl keine so gute Idee ist. Sie würde mich bestimmt für sensationslüstern halten und mir nicht abnehmen, dass ich nur sichergehen will, alles richtig zu machen.«
»Ich wünschte«, murmelte Henning, »die fünf Tage wären schon vorüber und Prinz Christian wieder wohlbehalten zurück in seinem Schloss.«
Sie betrachtete ihn prüfend. »Du machst dir Sorgen«, stellte sie schließlich staunend fest. »Offenbar mehr Sorgen als ich.«
»Ich bin dein Chef, vergiss das nicht. Wenn etwas schiefgeht, werde im Zweifelsfall ich zur Verantwortung gezogen, nicht du. Ist es da ein Wunder, wenn ich mir Sorgen mache?«
»Ausgerechnet du!«, sagte sie kopfschüttelnd. »Henning Kuhlmann, der berühmte Fels in der Brandung, der auch im größten Chaos nie die Ruhe verliert, nicht einmal, wenn hundert aufgeregte Touristen in sein Büro stürmen, weil sie denken, sie hätten einen Bären im Wald gesehen.«
Bei der Erinnerung an dieses Erlebnis des vergangenen Jahre grinsten sie beide. Es war nicht einfach gewesen, die Leute zu überzeugen, dass sie sich geirrt hatten, dass es keine Bären im Kellerwald gab. Natürlich hatte niemand in der Aufregung daran gedacht, ein beweiskräftiges Foto zu schießen. Die Geschichte von dem Bären hatte natürlich den Weg in die Presse gefunden, und noch immer tauchten Leute auf, die mit zitternder Stimme fragten: »Sind die Wege denn auch wirklich sicher? Hier soll es doch Bären geben. Und wurde nicht neulich ein Kind angefallen?«
»Jetzt mal ehrlich, Henning: Was sollte denn schiefgehen?«, fragte Caroline.
»Ich weiß es nicht, ich habe ja nicht besonders viel Fantasie. Aber mein Bauch sagt mir, dass wir sehr, sehr vorsichtig sein müssen. Diese Affären-Geschichte kommt mir so vor wie ein Pulverfass. Ein Funke, und alles geht in die Luft.«
»Also, jetzt übertreibst du. Alles wird gut gehen, verlass dich auf mich, in Ordnung? Wolltest du sonst noch etwas mit mir besprechen? Wenn nicht, würde ich jetzt gern gehen, ich habe nämlich noch einiges zu erledigen bis morgen.«
»Hals- und Beinbruch«, sagte er, als sie die Tür bereits geöffnet hatte.
»Danke.« Sie verließ sein Büro und wollte schon das Gebäude verlassen, als sie das deutliche Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Eingedenk des vorangegangenen Gesprächs blieb sie stehen und ließ ihren Blick über die Leute schweifen, die sich in der großen Eingangshalle des Zentrums aufhielten. Sie fand den Mann, der sie ganz offen ansah, schnell: ein langer Blonder mit blitzblauen Augen in einem Gesicht, das eher verschlossen wirkte. Als sich ihre Blicke begegneten, lächelte er nicht, aber er wandte auch den Blick nicht ab. Neben ihm stand eine hübsche, zierliche Schwarzhaarige, auch sie hatte blaue Augen, und sie redete mit dem Blonden, der ihr jedoch nicht zuzuhören