Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marietta Brem
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»Danke, Schwester Regine.« Das Mädchen eilte wieder in den ersten Stock hinauf, um nach der Kette zu suchen, die sie zum Kleid umbinden wollte.
Angelika Langenbach, die zusammen mit ihrer zehnjährigen Schwester Viktoria ein Zimmer bewohnte, kam aus dem Waschraum. »Ziehst du dich etwa jetzt schon um?« fragte sie. »Du hast doch noch massig Zeit. Irmela ist noch draußen auf der Koppel.«
»Ich habe nur mein Kleid anprobiert«, sagte Pünktchen. Sie verschwand in ihrem Zimmer.
Angelina war an und für sich ein ordentliches Mädchen, doch diesmal wirkte ihr Zimmer wie ein Schlachtfeld. Auf der Suche nach den Sachen, die sie an diesem Abend tragen wollte, hatte sie sämtliche Schubladen geöffnet. Es war ungeheuer wichtig für sie, hübsch auszusehen. Schließlich wollte ja auch Dominik, der sechzehnjährige Sohn Denise von Schoeneckers, ins Konzert mitgehen. Und für ihn war ihr kein Opfer zuviel. Hätte er es verlangt, sie hätte sich sogar die vielen Sommersprossen, die ihr den Namen Pünktchen eingetragen hatten, entfernen lassen. Doch ihm gefielen sie.
Die Dreizehnjährige warf einen Blick in den Spiegel, griff nach der Bürste und versuchte, ihre Haare einmal anders zu kämmen. Aber schon nach wenigen Minuten gab sie den Versuch auf. Es war besser, sie ließ ihre Frisur so, wie sie war.
Vicky steckte den Kopf durch den Türspalt. »Muß Liebe schön sein, wenn man so viel Zeit aufwendet, um sich hübsch zu machen.« Sie kicherte.
Angelika lief rot an. »Mach, daß du wegkommst, oder du lernst mich kennen«, drohte sie.
»Meinst du ja doch nicht ernst.« Viktoria trat ins Zimmer. »Ist es nicht langweilig, ganz still dazusitzen und auf die Musik zu hören? In ein Rockkonzert würde ich auch mal gern gehen, aber nicht in eines, wo nur Beethoven und so’n Zeugs gespielt wird.«
»Mir gefällt klassische Musik, und Irmela gefällt sie auch.« Pünktchen legte die Kette um ihren Hals und verschloß sie im Nacken. Nick hatte sie ihr zum letzten Weihnachtsfest geschenkt.
»Vicky«, klang es von draußen ins Zimmer.
»Nie hat man seine Ruhe«, stöhnte die Zehnjährige.
»Ich würde Angelika an deiner Stelle nicht warten lassen.«
»Das sagst du nur, um mich loszuwerden«, meinte Vicky und ging zur Tür. »Sag, hast du Nick schon mal geküßt?« Ihre Augen blitzten vor Übermut.
»Du spinnst wohl!« Angelina griff erneut nach ihrer Haarbürste, doch diesmal nicht, um ihre Haare damit zu bearbeiten, sondern sie Viktoria nachzuwerfen.
»Bin schon weg«, rief das Mädchen und schloß die Tür von außen.
»Wurde auch Zeit«, erwiderte Pünktchen. Sie war froh, daß außer ihr niemand die Frage der Zehnjährigen gehört hatte. Auf Ideen kam Vicky! Hoffentlich stellte sie Nick nicht einmal dieselbe Frage. Schon der Gedanke daran war ihr peinlich. Sie brauchte gar nicht erst in den Spiegel zu sehen, sie wußte auch so, daß sie wieder rot geworden war.
Zwei Stunden später fuhr der Wagen der von Schoeneckers vor dem Kinderheim vor. Angelina Dommin und Irmela Groote warteten bereits fertig angekleidet in der Halle. Die Freude über den Konzertbesuch strahlte aus ihren Gesichtern.
»Seht ihr aber hübsch aus«, lobte Alexander von Schoenecker, als die beiden Mädchen auf ihn zukamen. »Mit so entzückenden jungen Damen auszugehen, macht wirklich doppelt Spaß.«
»Das sagst du ja nur so, Onkel Alexander«, meinte Pünktchen.
»Und woher willst du das so genau wissen, Fräulein Naseweis?« fragte Denises Mann scherzend. Er blickte auf seine Armbanduhr. »Allerhöchste Zeit, sonst fängt das Konzert ohne uns an.« Er zwinkerte Frau Rennert zu. »Kommt, meine Damen.«
Denise von Schoenecker und ihr Sohn hatten sich draußen mit dem alten Justus unterhalten. Als jetzt Alexander mit den beiden Mädchen die Freitreppe hinunterstieg, gingen sie ihnen entgegen.
»Schwester Regine hat vorhin noch schnell mein Kleid genäht«, erzählte Pünktchen. »Als ich es anziehen wollte, ist es unter dem Arm gerissen.«
»Ein Zeichen dafür, daß du zu dick wirst«, scherzte der sechzehnjährige Nick. Er wandte sich an seine Mutter. »Ich glaube, wir müssen Pünktchen auf Diät setzen.«
»Eine Woche bei Wasser und Brot im Keller«, schlug Irmela vor.
»Wenn ihr beide mir Gesellschaft leistet, meinetwegen«, konterte Angelina lachend.
»Danke, ich verzichte freiwillig«, sagte Nick. Er öffnete den Fond. »Bitteschön!«
»Immer Kavalier«, stellte Irmela fest und stieg ein.
Denise von Schoenecker, eine aparte, sehr jugendlich wirkende Frau, wechselte noch einige Worte mit der Heimleiterin, die den beiden Mädchen und Alexander von Schoenecker nach draußen gefolgt war. Sie sprachen über einen kleinen Jungen, der wegen Blinddarmentzündung ins Krankenhaus nach Maibach gekommen war.
»Wir müssen, Denise«, mahnte Alexander.
»Sie hören, mein Herr und Gebieter ruft.« Denise lachte. »Wir sprechen morgen über Florian, Frau Rennert.«
»Einen schönen Abend«, wünschte die Heimleiterin.
»Viel Spaß.« Heidi war die Treppe hinuntergerannt. Sie schob ihr Händchen in die Hand der Heimleiterin. »Die Huber-Mutter wird uns viele, viele Märchen und Geschichten erzählen.«
»Dann kann man euch ja auch viel Spaß wünschen.« Denise beugte sich zu der Fünfjährigen hinunter und küßte sie auf die Stirn. »Bis morgen, Heidi.«
Endlich saß sie neben ihrem Mann im Wagen. Alexander von Schoenecker wendete das Fahrzeug und fuhr die Auffahrt hinunter. Kurz darauf bog er in die Landstraße nach Bachenau ein.
*
Die Limousine Wolfgang Kaysers parkte auf dem weiten Platz vor der hellerleuchteten Maibacher Stadthalle. Von allen Seiten strömten festlich gekleidete Menschen auf sie zu. An diesem Abend sollten die Stuttgarter Philharmoniker spielen, ein Ereignis, das sich keiner der musikbegeisterten Maibacher entgehen lassen wollte.
»Hoffentlich haben wir einen guten Platz«, meinte Adina Kayser, als sie ausstieg. »Weißt du noch, Großmama, das letzte Mal saßen wir in einer Reihe mit Leuten, die noch nicht mal entsprechend angezogen waren.«
»Um Musik zu genießen, bedarf es keines Smokings und keines Abendkleides«, bemerkte Wolfgang Kayser. Er half seiner Schwiegermutter aus dem Wagen. »Nicht jeder hat das Glück, einen Vater und eine Großmutter zu haben, die nicht auf jeden Cent achten müssen.«
»Ich bin sehr froh, daß das Kind über genügend Geschmack verfügt, passende und unpassende Kleidung zu unterscheiden«, warf Vilma Stein ein.
»Und ich möchte nicht, daß sich Adina zu einem Snob entwickelt«, sagte Wolfgang ärgerlich. Er schloß seinen Wagen ab.
An der Hand ihrer Großmutter ging Adina auf den Eingang der Stadthalle zu. Ihr Vater folgte ihnen. Sie trug ein teures Seidenkleid, das bei jedem Schritt raschelte. Die Zehnjährige fand, daß es das schönste Kleid war, das sie jemals besessen hatte.