Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marietta Brem
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»Na, habt ihr euch schon angefreundet?« wollte Wolfgang Kayser wissen. Er ließ sich hinter das Steuer gleiten. »So froh wie heute war ich schon lange nicht mehr.«
Denise von Schoenecker, Frau Rennert und Schwester Regine blickten dem Wagen nach, bis er durch das Tor gefahren und in die Straße nach Bachenau eingebogen war.
»Wenn das mal gutgeht.«
»Ich kann durchaus verstehen, daß Herr Kayser seine Tochter so schnell wie möglich nach Hause holen wollte, aber er hätte sie trotzdem darauf vorbereiten müssen«, sagte Denise. »Wenn es nicht gerade Frau Keller wäre, dann wäre es noch etwas anderes, aber in diesem Fall…«
»Er ist in sie verliebt«, warf Schwester Regine ein.
»Sie haben es also auch gemerkt.« Denise lächelte. »Sie hätte das Zeug, Adina eine gute Mutter zu sein, wenn man ihr die Chance dazu geben würde.«
»Adina wird es ihr nicht leichtmachen«, meinte Frau Rennert. »Es ist so schwer, an sie heranzukommen. Auch wir hatten es gerade erst geschafft.«
Die drei Frauen kehrten ins Haus zurück. Schwester Regine stieg in den ersten Stock hinauf, um nach einem kleinen Jungen zu sehen, der mit einer Erkältung im Bett lag. Frau Rennert mußte sich um einige Briefe kümmern, und Denise von Schoenecker setzte sich ans Telefon. Das Leben in Sophienlust ging seinen gewohnten Gang weiter. Durch das offene Fenster schallten die Stimmen der im Park spielenden Kinder.
*
Birgit Keller schaltete die Kaffeemaschine ein. Während das Wasser durchlief, begann sie im Eßzimmer den Tisch zu decken. Dann kehrte sie in die Küche zurück und setzte Milch für Adinas Schokolade auf.
»Guten Morgen, Frau Keller.« Wolfgang steckte gutgelaunt den Kopf durch die Küchentür. »Wie das wieder duftet.«
»Wie jeden Morgen, nach Kaffee«, erwiderte Birgit. Sie wandte sich ihm zu und wünschte ihm gleichfalls einen guten Morgen.
»Kaum zu glauben, daß Sie jetzt schon über eine Woche bei uns sind«, bemerkte Wolfgang. Er ging zur Anrichte und stiebitzte eine Scheibe Wurst von der Servierplatte. »Sehen Sie mich nicht so streng an. Ich weiß, ein Vater sollte ein Vorbild sein, aber manchmal ist das sehr schwer. Vor allem, wenn meine Lieblingswurst auf dem Teller liegt. Außerdem ist Adina nicht da.«
»Und ob ich da bin, Vati«, erklärte Adina. Sie kam aus dem Eßzimmer. »Du hast geklaut.«
»Ich gestehe«, sagte Wolfgang kauend.
»Guten Morgen, Frau Keller!« Das Mädchen trat an die Anrichte. »Kann ich etwas helfen?«
»Guten Morgen, Adina«, erwiderte Birgit. »Gut geschlafen?« Das Mädchen nickte. »Wenn du willst, kannst du schon mal den Kaffee hineintragen. Deine Schokolade ist auch gleich fertig.«
»Mach ich.« Adina schaltete die Kaffeemaschine aus und brachte die Kanne ins Eßzimmer. Leise summte sie dabei ein Lied vor sich hin.
»Ich bin so froh, daß zwischen Ihnen und Adina alles so gut klappt«, sagte der Geschäftsmann. »Es lag also doch an den anderen Damen und nicht an Adina.« Er griff nach der Wurstplatte, um sie nach nebenan zu bringen.
Birgit war froh, daß in diesem Augenblick Adina zurückkam und sie ihm nicht antworten mußte. Zwischen seiner Tochter und ihr klappte es keineswegs so gut, wie er glaubte. Es gab Tage, da hätte sie gern alles hingeworfen und sich in ihre kleine Wohnung geflüchtet. Noch hatte sie diese Wohnung nicht gekündigt, obwohl sie in der geräumigen Villa ein großes Zimmer mit eigenem Bad bewohnte.
»Du hast mir noch immer nicht gesagt, was du dir zum Geburtstag wünschst, Adina«, wandte sich Wolfgang beim Frühstück an seine Tochter.
»Ein Pferd.« Die Zehnjährige bestrich eine Scheibe Brot mit Leberwurst. »Ich habe es dir schon gesagt, bevor du mich nach Sophienlust gebracht hast.«
»Ich hielt es für einen Scherz.«
»Vati, bitte!« Adina blickte ihn flehend an. »Du brauchst mir nie wieder etwas zu schenken, wenn ich zu meinem Geburtstag ein Pferd bekomme.«
»Es geht nicht, Adina«, sagte Wolfgang. »Bitte, überleg dir einen besseren Wunsch, einen, den ich auch erfüllen kann.«
»Ich könnte mir auch einen Hund wünschen«, entgegnete Adina mit Bedacht.
»Wenn Frau Keller nichts dagegen einzuwenden hat«, meinte Wolfgang und blickte die junge Frau an.
Birgit merkte sofort, daß es falsch von Wolfgang gewesen war, seine Zustimmung von ihr abhängig zu machen. Rasch sagte sie: »Ich mag jedes Tier.«
»Vielleicht einen Bernhardiner?« Adina griff nach ihrem Joghurt.
»Also für einen Bernhardiner bin ich nicht«, erklärte Wolfgang. »Ich dachte eher an etwas Kleineres, einen Dackel oder einen Spitz.«
»Ich will ja gar keinen Hund«, sagte Adina. »Ich habe nur Spaß gemacht.« Sie lachte. »Ich überlege es mir noch, was ich mir wünsche.«
»Denk daran, in zehn Tagen ist dein Geburtstag«, erinnerte Wolfgang seine Tochter. »Hast du deine Freundinnen überhaupt schon eingeladen?«
»Das mach ich heute. Großmama hat mir Einladungskarten geschenkt.«
»Bei uns ist es Sitte, daß sich Adina soviel Gäste einladen darf, wie sie Jahre wird. Also müssen wir mit elf hungrigen Mäulern rechnen«, wandte sich Wolfgang an Birgit. »Werden Sie das schaffen, oder soll ich für Hilfe sorgen?«
»Das schaffe ich schon«, versprach Birgit. Sie nahm sich vor, diesen Kindergeburtstag ganz besonders schön zu gestalten. Vielleicht konnte sie so Adinas Herz gewinnen. Ihr lag sehr viel daran, wenngleich das Mädchen sie oft so herablassend behandelte, daß sie ihm am liebsten manchmal eine Ohrfeige gegeben hätte.
Adina hatte an diesem Tag erst eine Stunde später Schule. Wolfgang fuhr zur Arbeit, und Birgit blieb mit seiner Tochter allein zu Hause. Sie begann, den Frühstückstisch abzuräumen.
Adina holte die Schultasche aus ihrem Zimmer und stellte sie in der Küche auf einen Hocker. Birgit reichte ihr das Pausenbrot. Das Mädchen öffnete die Tüte. »Iii!«
»Was ist?« Birgit nahm ihr das Brot aus der Hand. »Es ist doch ganz in Ordnung.«
»Es stinkt.« Adina verzog angewidert das Gesicht. »So’n Brot eß ich nicht.«
»Nun sag mir mal, was dir daran nicht gefällt.« Birgit klappte die beiden Scheiben wieder zusammen.
»Ich mag so einen Schinken überhaupt nicht.«
»Gestern abend hast du ihn aber gegessen«, erinnerte Birgit sie, darum bemüht, nicht die Geduld zu verlieren. Immer wieder kam es zu derartigen Zwischenfällen. Ich habe den längeren Atem, dachte sie. Laß dich nicht provozieren.
»Gestern abend war er auch noch in Ordnung«, erklärte Adina. Sie nahm Birgit das Pausenbrot aus der Hand und legte es auf die Anrichte. »Ich werde mir in der Pause was zu essen kaufen.« Entschlossen klappte sie ihre Schultasche zu.
»Du wirst dieses Brot mitnehmen, Adina«, bestimmte