Phantastica. Lewin

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trinken, verschlucken. Nach dem Grunde dieses eigenartigen Verlangens gefragt, gab er an, dass er die Wirkung des Mittels liebe. Wenn er es zu nehmen aufhörte, würde er verworren und könnte seinen geschäftlichen Pflichten nicht mehr ordentlich nachkommen. Und [34] so ist es wahrscheinlich jenem alten Weibe ergangen, von dem Galen angab, dass es sich nach und nach an „Cicuta“, d. h, an den gefleckten Schierling – wohl nicht an den Wasserschierling – gewöhnt habe und so gewöhnten sich sogar die Völker, welche die Spanier auf der Küste von Paria trafen, an den Ätzkalk, mit dem sie ihre Geschmacksorgane reizten, wie es heute noch die Goajiros an der Mündung des Rio la Hacha und Andere tun. Ein Entbehren dieses Reizmittels ruft Störungen in ihrem Allgemeinbefinden hervor.

      Ob die Zellwirkung solcher Stoffe mit deren Bindung in der Zelle zusammenhängt15und ohne eine solche nicht denkbar ist, darüber kann man nur Vermutungen hegen. Ich sehe eine Notwendigkeit einer solchen Annahme nicht ein, zumal gerade für die hauptsächlich hier in Frage kommenden narkotischen Stoffe, wie Morphin, Kokain usw., die Bindungsfähigkeit mit dem Zelleib bisher in irgendeiner Ausdrucksform vergeblich gesucht worden ist. Aber selbst, wenn dies der Fall sein sollte, so würde es an meiner analytischen Auffassung des Vorganges nichts ändern; denn letzten Endes ist es für den Erfolg gleichgültig, ob Bindung durch den Zelleib oder vielleicht nur Kontaktwirkung vorliegt. Das Wesentliche liegt darin, dass die Zelle in die Abhängigkeit von einer solchen Substanz gerät. Die Abhängigkeit kann zwangsweise durch deren Entziehung aufgehoben werden. Sie wird dann im günstigsten Falle durch die Kräfte, die immer noch in ihr sind oder die sie durch das Leben neu erhält, funktionell so wieder zu sich kommen, wie ein Chloroformierter oder Ätherisierter, bei welchem Ganglienzellen der Großhirnrinde in ihrer Funktion zeitlich gemindert oder ausgeschaltet waren, nach dem Fortlassen des Mittels wieder in den Normalzustand gelangt. Trotzdem kann in der funktionellen Konstitution der Zelle eine gewisse allgemeine Um [35]stimmung erfolgt sein, die nicht weicht und sich bei irgendeiner Gelegenheit durch leichte Rückfälligkeit in ihr altes Abhängigkeitsverhältnis von einem solchen Mittel bemerkbar macht. Veranlassung hierzu gibt bei dem betreffenden Menschen, bei geeigneter Gelegenheit, meistens die Rückerinnerung an die Annehmlichkeitsgefühle, von denen er in der früheren Gebrauchszeit umfangen war. Die zurückgebliebene allgemeine Willensschwäche – auch eine Folge der Umstimmung des Zellebens gleich derjenigen, die die alten Lustgefühle noch lebendig sein lässt – kann dem erneuten Gebrauch keinen Widerstand mehr entgegensetzen und so erfolgt der Rückfall.

      Hier wirken materielle Einflüsse. Ähnlich liegen ja aber auch die Verhältnisse in dem rein seelischen Empfindungsleben. Die Liebe zu einem Weibe kann z. B. zu einer Leidenschaft ausarten, gegen die es keine Wehr gibt, die das Leben des Liebenden in Bezug auf Urteil Wille und Tun so in andere Bahnen lenkt, dass sogar natürliche Hemmungen ausgeschaltet werden. Die Anpassung an dieses andersartige, neue Gefühlsleben erfolgt, selbst wenn dem Individuum daraus Nachteile erwachsen, um so sicherer und fester, je häufiger der persönliche Eindruck des geliebten Gegenstandes zur Wirkung kommt. Wird das Weib als Veranlasserin eines solchen Zustandes unauffindbar dem Gesichtskreis des Liebenden entzogen, so bleibt gewöhnlich eine reizbare Schwäche zurück, die ihn seinem früheren Zustande nicht leicht gleich werden lässt. Er lebt in der Rückerinnerung, die auch wohl verblassen, aber erneut zu der alten Leidenschaft mit allen ihren Folgen aufflammen kann, sobald das Weib wieder in seinen Gesichtskreis gerückt ist.

      In Bezug auf die Annehmlichkeitsgefühle als Triebfedern des Gebrauches gibt es schon unter den einzelnen narkotisch wirkenden Stoffen weite Unterschiede. Sie sind die Ursache des größeren oder geringeren Verlangens danach. Der Grund solcher Verschiedenheiten ist exakt nicht angebbar. Wahr [36]scheinlich liegt er in feineren Unterschieden ihrer Reizqualitäten. Bis jetzt vermögen wir der Wirkung und der durch Gewöhnung erlangten allmählichen Anpassung an solche Stoffe nur funktionelle Äußerungen der Zelle zu erkennen, die letzten Endens als chemische aufgefasst werden sollten. Eine morphologische Veränderung an der Zelle war bisher sicher nicht zu erweisen. Wo Abweichungen im feineren mikroskopischen Gewebsbau von Gehirn und Rückenmark sich angeblich gezeigt haben, beruhten sie meiner Ansicht nach auf Beurteilungsfehlern. Selbst da, wo man im Experiment, z. B. bei der Gewöhnung an Hautreize, histologisch die betreffenden Hautstellen genau untersucht hat, fehlten pathologische Veränderungen. Narkotika zeichnen ihre Wirkungen, erkennbar, nicht in das Nervensystem ein. Trotzdem ist es möglich, dass Veränderungen vorhanden sind.

      Auf dem so vielgestaltigen Boden des Individualismus im weitesten Sinne des Begriffes erwächst bei bestimmten Lebewesen die Erscheinung einer deutlich angeborenen, bisweilen, dem Anscheine nach, absoluten Immunität gegen bestimmte Vollbringer von Giftwirkungen und andersartige Schädiger, die, wie auf den vorstehenden Blättern ausgeführt wurde, wenn überhaupt, so doch nur bis zu gewissen Grenzen durch allmähliche Gewöhnung an steigende Dosen erreichbar ist. Es sieht fast so aus, als ob nicht nur in einzelnen Tierklassen, sondern auch bei Menschen derartiges vorkommen könne, z. B. in Bezug auf das Unterbleiben von Wirkungenbei solchen, die in großen, gefährlichen Epidemien den Umständen nach Krankheitsstoffe in sich haben aufnehmen müssen und dennoch gesund geblieben sind. Ich habe mich jedoch bisher nicht davon überzeugen können, dass bei Menschen eine Immunität von vornherein für bekannte chemische Gifte bestände. Wo man glaubte, eine solche an[37]nehmen zu dürfen, waren es wohl, wie z. B. bei der Einwirkung giftiger Gase, äußere Umstände, die auf das Nichtentstehen von Vergiftung bestimmend wirkten oder es handelte sich um Mengen, die nicht ausreichten, um bei den Betreffenden, Unterempfindlichen, akute, in die Augen fallende Störungen hervorzurufen. Solche hochgradigen Unterempfindlichkeiten, wie sie z. B. für Äthylbromid, Äthylchlorid, Chloroform vorkommen, sind nicht den Immunitäten gleichzusetzen, die man bei manchen Tieren gegenüber Giften wahrnehmen kann, die unter allen Umständen bei Menschen Wirkungen zu veranlassen geeignet sind. In der Organisation solcher Tiere müssen in dieser Beziehung bestimmende Eigenheiten liegen, die sie manche Gifte – soweit dies erkennbar ist – unbeschadet aufnehmen lassen.

      Von dem Igel, der bisher als ein in mancher Beziehung „giftfestes“ Tier gegolten hat, erbrachte ich den Nachweis,16 dass er in der Tat z. B. große Mengen von spanischen Fliegen oder Kreuzottergift verträgt, dass diese Widerstandskraft jedoch nur eine relative ist. Ja, die Kreuzotter selbst erwies sich in meinen Versuchen nicht absolut immun gegen ihr eigenes Gift, sondern nur in einem bestimmten Mengenverhältnis. Außerdem zeigte sich bei ihr unter solchen Umständen eine beträchtliche Wirkungsverzögerung.

      Auf diesem Gebiete gibt es jedoch so bestimmte weitere Beobachtungen auch über absolute Immunitäten gegen starke Gifte, dass man – die Richtigkeit vorausgesetzt – annehmen muss, dass dann eben bei solchen Lebewesen die Angriffsflächen dafür so anders als bei anderen Tieren und Menschen sind, dass eine toxische Reaktion nicht auslösbar ist. So wirkt z. B. Mucor rhizopodiformis, ein Schimmelpilz, auf Kaninchen giftig ein, auf Hunde gar nicht. Das Weizenälchen, Tylenchus tritici, lebt in Glyzerin vortrefflich und [38] Belladonna, Morphin, Atropin, Strychnin sind für dasselbe unschädlich. Dagegen geht es durch Metallsalze, Säuren und Alkalien zugrunde. Enten, Hühner und Tauben werden durch innerlich gereichtes Opium nicht vergiftet. Der Nashornvogel frisst die Samen von Strychnos nux vomica, Mäuse die des Taumellolches, Amseln Tollkirschen, Meisen die Samen von Stechapfel, Staare die Schierlingsamen, Kaninchen und Meerschweinchen Blätter und Früchte von Belladonna,17 Kühe, Schafe, Schweine angeblich Bilsenkraut, Schnecken Belladonnablätter, die Larve von Deϊopeϊa pulchella nährt sich von der sehr stark giftigen Calabarbohne, die Raupen von Ornithoptera darsius von einer giftigen Aristolochia, deren Gift sich, wie es scheint, dem Schmetterling mitteilt, die Oleanderraupe frisst die giftigen Oleanderblätter und Cimex hyoscyami die Bilsenkrautblätter. Wildschweine sollen begierig die Farnwurzel fressen, Kaninchen gegen Haschisch refraktär sein und Pferde in Guadeloupe begierig die bei Menschen Entzündung erzeugenden Blätter von Rhus Toxicodendron aufnehmen. Ziegen und Schafe verzehren im Kaukasus Veratrum, die Nieswurz, während Pferde und Kühe dort dadurch Giftwirkungen bekommen.

      Zu solchen Rätseln gehört auch das Verhalten mancher Tiere gegen niedere Temperaturen. Kann

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