Phantastica. Lewin

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Phantastica - Lewin

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in der Theorie des Körperlebens eine Rolle hat spielen lassen, sondern eine im Körper von Ort zu Ort, in Art und Stärke verschiedenartige, zerstörende, aufbauende, lösende, festigende, unübersehbar kompliziert und trotz aller auch individueller Verschiedenheiten immer gesetzmäßig waltende Arbeitsordnung, von der die schließlich verwirklichte Arbeitsleistung abhängt.

      Sie äußert sich aktiv oder passiv in erhöhter oder verminderter Arbeit oder in den verschiedenen Gestaltungen des Ertragens, Nichtertragens oder Andersertragens von [15] Forderungen, die durch innerliche oder von außen kommende fremde Einflüsse reizartiger oder anderer Natur gestellt werden. Die Reaktionsformen auf solche Reize können von Mensch zu Mensch sehr weit, bis zur Unähnlichkeit auseinandergehen.

      In diese Verschiedenheiten des individuellen Gesamtlebens bzw. des Reagierens von Körperteilen auf Reaktion heischende Potenzen stofflicher oder nichtstofflicher Natur sind auch einzuschließen der Ausgleichstrieb bzw. die Ausgleichsfähigkeit für Unordnungen, die in dem körperlichen Leben durch körperfremde Einflüsse entstanden sind. Jedes Lebewesen verfügt gegenüber einem es treffenden Schaden über ein gewisses Maß abwehrender und regulatorischer Energie, deren Größe einen ebenso schwankenden Wert darstellt, wie die Energie der normalen Lebensvorgänge. Die Betätigung der Selbsthilfe sehe ich als für das Wohl des Individuums erfolgende Zweckmäßigkeitsakte und nicht als zweckfreie innere Notwendigkeiten an. Ich stimme der Auffassung bei, die Pflüger in seiner teleologischen Mechanik zum Ausdruck gebracht hat: „Die Ursache jeden Bedürfnisses eines lebendigen Wesens ist zugleich die Ursache der Befriedigung des Bedürfnisses“, wobei als Ursache des Bedürfnisses jeder veränderte Zustand der lebendigen Organismen, der im Interesse der Wohlfahrt des Individuums in einen anderen Zustand erfolgt, zu verstehen ist. Die Selbsthilfe erfolgt stets in irgendeinem Umfange, kann aber – wenn es sich z. B. um Gifte einschließlich der Krankheitsgifte handelt – aufhören, wenn deren chemisch-reaktive Kraft die vitale Energie, die Lebenskraft, am Orte der Giftwirkung oder allgemein ausschaltet. Auch die den Geweben innewohnende Reservekraft vermag nicht unter solchen Umständen einen Ausgleich eines abnormen körperlichen Vorganges herbeizuführen.

      Vielleicht wäre hier auch die geeignete Stelle auf eine Überlegung kurz hinzuweisen, die ich seit vielen Jahren zum [16] Gegenstand der Darlegung in meinen Vorlesungen gemacht habe. Man könnte nämlich daran denken, dass der Antrieb und die Verwirklichung von Ausgleichsvorgängen gegenüber gewissen körperfremden Einflüssen, die den menschlichen Organismus treffen, nach einem naturwissenschaftlichen Prinzip vor sich gehen, das unter dem Namen des Prinzips vom Widerstand gegen den Zwang oder des Prinzips vom kleinsten Zwang von d’Alembert, Gauss und später von Le Chatelier für chemische bzw. physikalische Vorgänge angegeben wurde. Es heißt: Jeder Zwang, der auf ein im Gleichgewicht befindliches System ausgeübt wird, ruft denjenigen Vorgang hervor, der den Erfolg des Zwanges zum Teil aufhebt (Widerstand der Rückwirkung gegen die Wirkung). Man kann auch sagen: Wird das Gleichgewicht in einem System durch einen äußeren Einfluss gestört, so entstehen Wirkungen, welche diesem Einflüsse entgegenarbeiten. Das Gleichgewicht wird in dem Sinne verschoben, dass der Zwang aufgebraucht wird. Systeme, die den angetanen Zwang nicht vermindern sondern vergrößern, sind nicht im stabilen sondern im labilen Gleichgewicht. Der menschliche Körper besitzt beide Arten. Die Folgerungen, die sich aus der Übertragung des genannten Prinzips auf chemisch-reaktive Vorgänge im menschlichen Körper, z. B. nach Einbringung von narkotischen Stoffen, ziehen lassen, im Einzelnen darzulegen ist hier nicht der Ort. Es mag genügen zu sagen, dass schon jetzt durch diese Betrachtungsweise die Vorstellungen über manche solcher reaktiven vitalen Erscheinungen erleichtert werden können.

      Innerhalb der beiden extremsten Möglichkeitsgrenzen der gesamten regulatorischen Kräfte des Gesamtorganismus oder einzelner seiner Teile, von Erfolg bis zum Nichterfolg, gibt es zahlreiche von der Energie des Individuallebens abhängige Unterschiede.

      [17] Dieses Stück von meist vererbtem Individualleben, die persönliche Veranlagung, die sich durch kein erkennbares äußerliches Körperverhalten und durch keine Gewebs- oder Säfteverschiedenheit verrät, muss für jeden reaktionsmöglichen Einfluss bewertet werden. Sie besteht nicht nur, sondern drängt sich meistens sogar auf. Ihre große Bedeutung leugnen, ist ein Zeichen medizinischer Unbildung, sie unterschätzen kann verhängnisvoll werden, in ihrem Wesen sie zu erklären wird nie einem Sterblichen gegeben sein. Sie wirkt und ist doch in allen ihren Teilen ein Mysterium. Der Versuch, für ihre Deutung nun gar die inkretorischen Drüsen heranzuziehen, muss, schon weil er eine allzubeschränkte Auffassung der Persönlichkeit verrät, zurückgewiesen werden. Sie stellt eine Gleichung mit so vielen unbekannten Größen dar, dass ihre Auflösung unmöglich erscheint.

      Sie bringt es auch zuwege, dass normale körperliche Verrichtungen individuell so verschieden sind. Kaum eine Funktion von Körperorganen, von der Gehirn- und Rückenmarkstätigkeit an bis zu der Arbeit der Drüsen, der Assimilation von Nahrung, den allgemeinen Stoffwechselvorgängen, der Bewegung innerer Organe, der Kraftentfaltung muskulöser Teile, vollzieht sich bei den verschiedenen Menschen in gleich starker Weise. Diesen Verschiedenheiten in der Höhe physiologischer Leistung gleichzustellen sind diejenigen der reaktiven Äußerungen auf körperfremde Einflüsse. Nichts hat, von der ältesten Zeit bis heute, Ärzte und Laien biologisch so in Erstaunen gesetzt, wie die Tatsache, dass Krankheitsursachen, einschließlich der Arzneistoffe, Gifte und Genussmittel einen so verschiedenen Resonanzboden bei gewissen Menschen und Tieren finden.

      So wird schon in früher Menschheitsgeschichte mitgeteilt, wie Verwundungen den einen töteten und schwerere den anderen freiließen, wie gewisse Tiere giftige Pflanzen in Mengen aufnähmen, durch die ein Mensch und andere Tiere vergiftet werden könnten. Galen, der große medizinische [18] Geist, dem man viel mehr als ein Jahrtausend in seinen Anschauungen nachging und der dann von manchem, der ihn nicht kannte, als Irreführer bezeichnet wurde, hat über Toleranz für Schädlichkeiten auf der Grundlage der Gewöhnung und Nichtgewöhnung Betrachtungen angestellt, die mehr wert sind, als die modernen, für den Kundigen bedeutungslosen Umschreibungen der einfachen, aber unerklärlichen Wahrheit, dass eben die wechselvolle reaktive Kraft chemischer Stoffe bei gewissen Individuen oder Rassen unter sonst erkennbar gleichen Verhältnissen kleiner oder größer ist als bei anderen oder überhaupt sich bricht an einer bestimmten eigenartigen Organisation des Betroffenen. Dies gilt auch für die Wiederherstellung von Krankheiten, gleichgültig ob es Wunden oder innere Störungen sind. So kann man es z. B. für wahr halten, dass Neger eine größere Heilungsenergie als Weiße für die ersteren haben. Dieser Erfolg ist nicht auf klimatische Bedingungen, sondern auf ihnen innewohnende Eigenschaften zurückzuführen.

      Die Icheigenschaft kann für jede Art von Einwirkung: mechanische, chemische oder geistige, bestehen und sich durch Über- oder Unterempfindlichkeit kennzeichnen, die ihrerseits wieder die weitestgehenden Äußerungsformen haben können. Ein körperstarker Mensch kann gegen eine bestimmte stoffliche Einwirkung überempfindlich, ein schwacher unter- oder sogar unempfindlich sein. Die persönliche Eigenart schafft auch jene regelwidrigen Verlaufsarten von Vergiftungskrankheiten, auch durch betäubende oder erregende Stoffe, die, da sie einmal möglich sind, keine Voraussage gestatten. Keine Formel und kein Schema gibt es hier, die einen festen Rahmen für die Beurteilung bieten, denn alle gewollte Begrenzung des Urteils durchbricht die Individualität. Wie der Astronom für die Wahrnehmung mit seinem Auge eine „persönliche Gleichung“ hat, so gibt es wahrscheinlich für jeden Menschen, wie ich es [19] nannte – und kleine literarische Diebe es nachschrieben – eine „toxische Gleichung“, d. h. eine verschiedene Empfindlichkeitsgröße des Gesamtkörpers oder einzelner Organe gegenüber verschiedenen chemischen Stoffen. Sie bringt es zuwege, dass die funktionelle Reaktion auf einen solchen Stoff bei dem einen quantitativ, bisweilen auch qualitativ anders verläuft als bei einem anderen. Das Unfassliche wird auf diesem Gebiete zum Ereignis, dass z. B. von zwei Menschen, die in dem gleichen Räume der gleichen Einwirkung von Kohlenoxyd ausgesetzt sind, der eine leicht erkrankt, der andere stirbt oder mit einem unheilbaren Gehirnleiden oder einer Lungenentzündung oder einem Lungenzerfall oder anderen geweblichen Ernährungsstörungen dem Gifte seinen Tribut zahlt.

      Die Umsetzung der Wirkungs- bzw. Gefährdungsmöglichkeit

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