Phantastica. Lewin

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Phantastica - Lewin

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Wunsch in Erfüllung gehen zu sehen, dass mehr Erkenntnis über die hier in Frage kommenden Probleme in weiteren Kreisen geschaffen würde.

      Die mächtigste Triebfeder für die häufige oder die Alltagsverwendung der hierher gehörenden Stoffe liegt in ihren Eigenschaften selbst, in ihrer Fähigkeit, in bestimmter Art und mehr oder minder lange die Funktionen der Lust- bzw. Annehmlichkeitsempfindungen vermittelnden Stellen im Großhirn wachzurufen und die Erinnerung an die empfundenen Gefühle in irgendeinem Umfange wachzuhalten. Die Wirkungsunterschiede zwischen den einzelnen sind groß. Selbst innerhalb der beiden großen Gruppen von Wirkungsmöglichkeiten, nämlich der Erregung und der Lähmung, schwanken die Erscheinungsformen ihrer Energieentfaltung. Sie stellen sich als mehr oder weniger abgestimmt und adäquat dem zeitlichen Zustand des Nervensystems des sie Einführenden dar.

      Ebenso verschieden sind die ersten Veranlassungen, zumal für die betäubend wirkenden Mittel. Mag es nun aber die nackte, grundlose Nachahmung sein, die ja auf der Welt so viel närrisches oder verderbliches Tun veranlasst und für manche Menschen als dauerndes Zugpflaster für ihre Neugierde bis zur endlichen Erfüllung wirkt oder das Erkannthaben ihrer euphorischen Wirkung, als das Individuum sie als Arznei zu nehmen genötigt war oder die bewusste Absicht, eine angenehme zeitliche Zustandsänderung seiner selbst herbeizuführen, in eine andere Bahn des Denkens und Empfindens zu kommen, z. B. das zu erreichen, was einst ein Indianer in Guatemala, den man fragte, warum er soviel Aguardiente, d. h. Schnaps, trinke, ge[11]antwortet hat: Der Mensch müsse manchmal „zafarse de su memoria“, d. h. sich vor seinem Gedächtnis Ruhe schaffen – immer ist es die Reaktion der oft zauberhaften, manchem der Mittel eingeborenen Kraft auf das Gehirn, die alles weitere veranlasst, was sich danach im Körper von dem bis zur Sehnsucht anschwellenden Verlangen des Weitergebrauches an bis zu den dadurch veranlassten krankhaften Störungen abspielt.

      Ich sah Männer, die zuerst aus Neugierde ein narkotisches Mittel nahmen und von der Wirkung desselben erfasst, zu Gewohnheitsgebrauchern desselben wurden. Verderbliche Popularisierung von Wissensstückchen über die Eigenschaften solcher Stoffe schuf und schafft Adepten in verhängnisvollem Umfange. Davon weiß die neueste Zeit zu klagen, in der die Narkomanie zu einer ungeahnten Höhe anschwoll – so hoch, dass selbst diejenigen, die in Bezug auf die Verbreitung solcher Leidenschaften Pessimisten waren, davon überrascht worden sind.

      An mich wandten sich Männer mit nicht ganz unbekanntem Namen um einen Stoff zu erhalten, von dem sie erfahren hatten, dass er auffällige Sinnestäuschungen, Trugwahrnehmungen erzeuge. Sie hofften, von den letzteren angenehme Empfindungen zu erhalten, ja, einer meinte, sie sogar für dichterische Produktionen etwa höherer Ordnung verwerten zu können.

      Und so könnte noch mancher andere Umstand als erster Veranlasser des in die Alltagsgewohnheit eintretenden Gebrauches betäubender oder erregender Mittel angeführt werden, denn das Leben und nur die Einzelleben mit ihren unübersehbaren zahlreichen, theoretisch gar nicht auszudenkenden Gestaltungsmöglichkeiten schaffen jene so oft überraschenden, für das Einzelindividuum entscheidend werdenden Ursachen für Normalsein, Kümmerlichsein oder Nichtsein.

      [12]

      Legte ich in dem Vorstehenden den letzten Grund der Sucht, solche Stoffe gewohnheitsmäßig zu gebrauchen, in deren oft wunderbare Wirkungseignung für das Gehirn, so ist damit zwar der wesentliche Anteil, den diese an der Entstehung auch der körperlichen Folgen hat, bezeichnet, unbeantwortet bleiben jedoch dadurch eine Reihe von schwerwiegenden Fragen, die auch sonst für das individuelle Leben des Menschen von höchster Bedeutung sind. Vor allem diejenigen, die sich auf die verschiedenartige Reaktion der Menschen unter dem Einflusse nicht nur solcher Betäubungsstoffe überhaupt, sondern auch anderer chemischer sowie andersartiger Einflüsse und auf die Möglichkeit beziehen, sie lange Zeit hindurch, scheinbar ungestraft, auch in Mengen zu vertragen, die, in kurzen Intervallen genommen, für andere körperliches Verderben zu bringen geeignet erscheinen. Schon das primitivste Wissen über sie lehrt ja, dass der größere Teil von ihnen Träger hoher Energie ist, die sich fast ausschließlich auf das Nervensystem erstreckt.

      Die Beantwortung dieser Fragen ist seit Jahrtausenden oft versucht und nie gegeben worden. Sie zwingt auf ein biologisches Gebiet hin, das zu den dunkelsten der vielen gehört, die Menschen so gern aufhellen möchten, das Gebiet der Individualität, der Persönlichkeit, der persönlichen Veranlagung, zu dem auch das der Gewöhnung gehört. Kein Problem des menschlichen reaktiven Lebens drängt sich wie dieses dem Geiste auf. Auf Schritt und Tritt sperrt es den Weg und quält den, der auch nur bis zur Schwelle der Erkenntnis seines ganzen Inhalts vordringen möchte, seelisch mehr als irgendein anderes der vielen Wissensbegehrnisse, die nur als Fragen und Fragen aus dem Chaos dunkler, undeutbarer Vorgänge, die wir Leben nennen, zum Lichte, zur Erfüllung emporstreben wollen und – doch [13] immer nur Erkenntnisprobleme bleiben werden. Man leidet hier unter der faustischen Qual des Nichterkennenkönnens und bedauert tief, was gerade in unserer Zeit sich unangenehm bemerkbar macht und schon Molière wiederholt satirisch gegeißelt hat: die Sucht, das, was man nicht wissen kann, in ein nichtssagendes griechisches oder lateinisches Fremdwort zu kleiden oder eine erklügelte Vermutung so oft zu wiederholen, bis törichte medizinische und nichtmedizinische Adepten, des eigenen Denkens unfähig, die Phrase als Wahrheit zu stempeln unternehmen. Nicht gar so selten trifft man heute noch auf Deutungen von Arznei- und Giftwirkungen, die nichts anderes als gelehrt ausschauende Umschreibungen der Wirkungen sind. Man erinnert sich dabei der burlesken Szene in Molières „Le malade imaginaire“, in der Fakultätsmediziner auftreten und in einem lateinisch-französischen Kauderwelsch den als Arzt aufzunehmenden Baccalaureus examinieren. Auf die Frage nach dem letzten Grunde der schlafmachenden Opiumwirkung:

       Demandabo causam et rationem quare

       Opium facit dormire

      antwortet der Examinand:

       Quia est in eo

       Virtus dormitiva

       Cujus est natura

       Sensus assoupire

      d.h. weil in ihm eben schlafmachende und die Sinne betäubende Eigenschaften lägen. Und der Chor der Examinatoren ruft:

       Bene, bene, bene, bene respondere

       Dignus, dignus est intrare

       In nostro docto corpore.

      [14] Gerade Pharmakologie und Toxikologie werden auf diese Weise leider oft zum Tummelplatz auch von Verteilern metaphysischer Ungereimtheiten. Diese Lehren vertragen keine Philosopheme und von solchen ist kein Aufklärungserfolg zu erwarten. Arzneimittel und Gifte wurzeln mit ihrer Energie und Energieübertragung in einer stofflichen Welt, welche Wirkungserscheinungen kommen, aber nach dem Wie? vergebens fragen lässt.

      Die in gewissen Grenzen bei Menschen zutage tretende Widerstandskraft oder Widerstandslosigkeit gegen manche mit potentieller Energie, auch von außen an sie gelangte Stoffe ist unerklärbar. Die einzige Annahme besteht, dass es eine verschiedene, das ganze körperliche Leben umfassende Energetik gibt. Diese kann man Lebenskraft nennen. Ich verstehe darunter die Summe aller chemischen, physikalischen und vom Willen beherrschten mechanischen Fähigkeiten, die reaktiv in nicht immer gleicher Form bei Individuen zur Betätigung kommen.

      Diese eingeborene, an jeden Teil des Körpers, gleichgültig ob Gehirn oder Nerven oder Muskeln, Drüsen oder Eingeweide, Knochen oder Schleimhäute – an alles, was zellhaltig

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