Was bildet ihr uns ein?. Группа авторов

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Was bildet ihr uns ein? - Группа авторов

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einem kindgerechten Umfeld muss also auch dafür gesorgt werden, dass die pädagogischen Fachkräfte erkennen können, welche Bedürfnisse, Interessen oder Schwierigkeiten ein Kind hat. Dafür braucht es jedoch entsprechende Rahmenbedingungen, etwa ausreichend Zeit, um individuell auf Kinder einzugehen. Entscheidend ist aber auch, wie Fachkräfte geschult sind. Da die Anforderungen an pädagogische Fachkräfte gestiegen sind, ist in den letzten zehn Jahren eine Debatte um die Professionalisierung in der frühen Bildung entstanden. Hierbei wurde vor allem gefordert, die Ausbildung anzupassen.

      Die derzeitige Erzieherausbildung basierte auf Inhalten, die eine Berufstätigkeit mit Kindern von null bis 18 Jahren vorsieht. Verglichen mit anderen Ländern war Deutschland bisher das einzige Land in Europa, in dem Mitarbeiter im frühkindlichen Bereich keine Hochschulausbildung absolvieren mussten. Seit dem Wintersemester 2004/2005 hat sich aber der Studiengang Frühpädagogik etabliert. Inzwischen gibt es in Deutschland etwa 60 Bachelor-Studiengänge mit teilweise sehr unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Durch die derzeitige Entwicklung von Masterstudiengängen ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der Studiengänge weiter erhöht.15 Das ist Chance und Fluch zugleich. Einerseits erhalten die Bildungseinrichtungen dadurch vielseitige Fachkräfte, andererseits ist die Vielfalt für die Praxis unübersichtlich und verwirrend für Arbeitgeber und Studieninteressierte.16

      Mit Blick auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes erscheint die Diskussion um die Aus- und Fortbildung der Fachkräfte sinnvoll. Dennoch wird sie abstrakt und fernab vom Kind geführt. Man fragt sich, wie das einzelne Kind davon profitieren kann, wenn es von einer studierten Fachkraft betreut wird statt von einer Kinderpflegerin oder Erzieherin. Ist es nicht viel wichtiger, dass die betreuende Person in der Lage ist, auf die individuellen Probleme eines Kindes einzugehen?

      Nimmt man das Beispiel der Körperpflege des Kindes, so ist eine Kinderpflegerin oder Erzieherin hier häufig erfahrener als eine akademisch ausgebildete Fachkraft. Geht es allerdings um das Erkennen von Entwicklungsverzögerungen des Kindes, so hat eine akademische Fachkraft gelernt, fachlich fundiert diese gegenüber den Eltern anzusprechen, zu benennen und mögliche Hilfen anzubieten. Es darf bei der Professionalisierung der Ausbildung also nicht darum gehen, den bisherigen Erzieherberuf abzuschaffen. Denn die unterschiedlich ausgebildeten Fachkräfte können sich im Sinne des Kindes gut ergänzen und gegenseitig fördern.

      Auch wenn die Diskussion um die Professionalisierung dringend notwendig ist, so darf der Kindergartenalltag vor lauter Veränderungen nicht vergessen werden. Dies kann gelingen, wenn alle Fachkräfte gemeinsam kindorientiert zusammenarbeiten. Dafür muss allerdings die gegenseitige Skepsis unter dem pädagogischen Personal ausgeräumt werden, um Vorteile, die durch die inhaltlich unterschiedliche Schwerpunktsetzung entstehen, in der Praxis nicht verpuffen zu lassen.

      Im Trend doch fern vom Ziel

      Ein Vorteil, der durch die hohe Professionalität des Fachpersonals entsteht, ist die Möglichkeit, neue pädagogische Konzepte umzusetzen, bei denen beispielsweise die Einzigartigkeit der kindlichen Entwicklung im Mittelpunkt steht. In den vergangenen Jahren wurden pädagogische Konzepte entwickelt und in der Praxis erprobt, die auf die neuen Erkenntnisse der Forschung und die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen des Aufwachsens reagieren. Deutschland ist eine Wissensgesellschaft geworden und um auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen, sind ein guter Schulabschluss oder gar ein Universitätsabschluss enorm wichtig. Das wirkt sich auch auf die frühkindliche Bildung aus, denn die Qualität dieser beeinflusst den Schulerfolg eines Kindes maßgeblich. Hier darf aber nicht der Schluss gezogen werden, die kindliche Erziehung nur an die Anforderungen der Schule anzupassen. Entscheidend ist nur, dass jedes Kind den Raum und die Unterstützung bekommt, den es für seine Entwicklung braucht. Beispielhaft dafür sind die vom Deutschen Jugendinstitut entwickelten Bildungs- und Lerngeschichten17 und das infans-Konzept18 der Frühpädagogik. Hier werden Spiel- oder Alltagssituationen, und somit indirekt Lern- und Bildungsprozesse, durch die pädagogischen Fachkräfte in einem ersten Schritt meist in schriftlicher Form beschrieben und anschließend reflektiert. Dadurch können Handlungs- und Unterstützungsangebote für das einzelne Kind entwickelt werden. In beiden Konzepten werden die einzelnen Schritte fortwährend dokumentiert. Durch diesen sich wiederholenden Prozess ist es möglich, das Kind mit seinem Zugang zur Welt besser zu verstehen und es entsprechend der individuellen Interessen und Stärken zu unterstützen. Auf dieser Grundlage sollen auch die Lernfelder betrachtet werden, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht im Blickwinkel des Kindes lagen. Dadurch können ihm neue Bildungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die Konzepte Bildungs- und Lerngeschichten und infans machen sich stark für einen positiven und stärkenorientierten Blick auf jedes einzelne Kind und distanzieren sich von einer Defizitorientierung.

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      Mittlerweile setzen immer mehr Kitas in Deutschland diese Ansetze um. Doch profitieren Kinder tatsächlich von solch einer Haltung, wie sie in den beispielhaft aufgeführten Konzepten verlangt wird?

      An dieser Stelle kann es nur ein klares Ja geben. Nicht nur unsere eigenen Erfahrungen aus der Kindheit zeigen, dass vor allem Dinge, die einen interessieren oder faszinieren, zum Erforschen angestiftet haben. Auch aktuelle Studien belegen, dass sich individuelle Lernförderung positiv auf Kinder auswirkt.

      Folglich muss man Kindern den Raum geben, ihre eigenen Erfahrungen zu machen und sie bei ihrem Lernprozess mit Material und Hilfestellungen unterstützen. Dies mag simpel klingen, doch scheint es Erwachsenen immer wieder schwerzufallen, ihre eigenen Interessen in den Hintergrund zu stellen und sich am Entwicklungsrhythmus der Kinder zu orientieren. Dadurch kann es zu solch unzähligen Förderprogrammen kommen, die ein Kind schnell überfordern können. Anstatt jeden Tag einen weiteren Kurs zu besuchen, braucht es Zeit.

      Es gibt aber auch kritische Stimmen, die den individuellen Konzepten vorwerfen, die Kinder dadurch nicht ausreichend zu unterstützen, zu spät einzugreifen oder gar zu ignorieren, wenn Entwicklungsverzögerungen auftreten. Die Kritik ist berechtigt, doch muss auch klargestellt werden, dass dies nicht passiert, wenn die Konzepte korrekt umgesetzt werden. Wenn man die Konzepte ernst nimmt, so wird durch die Beobachtung und Dokumentation ein genaues Bild jedes einzelnen Kindes in einer Kita vorliegen und kein Kind unbeobachtet bleiben. Somit kann viel schneller und gezielter in kritischen Situationen gehandelt werden, wovon vor allem benachteiligte Kinder profitieren. Es ist also wichtig, dass mehr Kitas diese Konzepte umsetzen, wobei es wichtig ist, dass Fachkräfte einer Tageseinrichtung gezielt zusammenarbeiten. Eine Herausforderung, die es anzunehmen gilt. Den immer mehr Kitas, die inzwischen mit solchen Konzepten arbeiten, gebührt große Hochachtung, denn sie stellen mit aller Konsequenz die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Kinder in den Fokus pädagogischer Arbeit. Diese Bemühungen sollten auch Akzeptanz und Einfluss außerhalb der Kitas finden, so beispielsweise in der Schule.

      Viele Köche verderben den Brei

      Da die Qualität der Kindergerten so entscheidend für den Bildungserfolg ist, hat jedes Bundesland sogenannte Orientierungspläne erstellt. Darin wird festgelegt, wie der Kindergartenalltag gestaltet sein soll, sprich: Es wird versucht, eine einheitliche Qualität in Kindergerten zu garantieren.21 Da jedes Bundesland einen eigenen Orientierungsplan entwickelt hat, in manchen Ländern heißt er auch Bildungsplan, unterscheiden sie sich allein schon im Umfang. Wehrend beispielsweise der Orientierungsplan von Niedersachsen22 insgesamt 60 Seiten umfasst, ist der bayerische23 Plan 253 Seiten stark. Sicherlich kann aufgrund der Seitenzahl keine Aussage darüber getroffen werden, wie sinnvoll und hilfreich diese sind. Dennoch zeigt sich daran die unterschiedliche Herangehensweise – denn diese liegen sehr wohl auch inhaltlich vor. So gibt es z. B. unterschiedliche Vorgaben in Bezug auf die pädagogische Orientierung sowie die Verbindlichkeit für die einzelnen Einrichtungen. Wehrend der bayerische Bildungsplan ausführlich die Lernwege und -ziele für die Kinder vorschreibt, wird dies im nordrheinwestfälischen24 Bericht

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