Die Euro-Misere. Michael von Prollius
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Die aktuelle Wirtschaftskrise ist eine Finanz-, Regulierungs- und Strukturkrise. Die Hauptverantwortung tragen die Regierungen. Ihre Zentralbanken haben eine nun zusammen stürzende Kreditpyramide errichtet. Sie maßen sich an, die Lebens- und Wirtschaftsweise der Menschen bis auf den Esstisch und den Arbeitsplatz regeln zu müssen. Sie haben das Wachstum zum Fetisch gemacht und lehnen gleichzeitig als Adepten des Status quo Marktwirtschaft und Wettbewerb als „Entdeckungsverfahren“ und „geniales Entmachtungsinstrument“ ab.
Wir erleben derzeit einen marktwirtschaftlichen Gesundungsversuch des kranken Wohlfahrtsstaates. Das beste Kräftigungsmittel ist nicht noch mehr Staatsdoping, sondern das selbst bestimmte und verantwortliche Handeln von Millionen Menschen aus eigener Kraft. Dauerhaft starke Steuersenkungen und eine drastische Reduzierung der Vorschriften sind dafür unerlässlich.
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5 Erstmals erschienen im Januar 2009.
Zentralbanken sind staatliche Inflations- behörden6
Die Europäische Zentralbank ist kein Anwalt einer stabilen Währung – ihre vermeintliche Politik des knappen Geldes ist weitgehend ein Mythos. Dieses Urteil mag zunächst erstaunen. Die EZB schneidet bei Vergleichen regelmäßig besser ab als etwa das US-amerikanische Pendant, des „Fed“ („Federal Reserve System“). Öffentliche Kritik kommt überwiegen von Befürwortern einer Wachstumspolitik. Ihnen ist die stabilitätsorientierte Geldpolitik ein Dorn im Auge. Abgesehen von einer verschwindend geringen Minderheit dürfte in Europa kaum jemand auf die Idee kommen, dass die Zentralbank etwas anderes sein könnte als der prädestinierte Währungshüter. Zum zehnjährigen Jubiläum des Euro wurde der EZB von offizieller Seite eine gute Arbeit attestiert.
Nun ist das Thema Inflation wieder auf der Tagesordnung. Und es gehört nicht viel dazu, zu prognostizieren, dass dies lange Zeit so bleiben wird. Die EZB erfährt reflexartig Lob für ihre aktuelle Politik; sie „hat den Kampf gegen die Inflation wieder aufgenommen“, heißt es in der Neuen Zürcher Zeitung. Grund ist die Erhöhung des Leitzinses um einen Viertelprozentpunkt auf 4,25 Prozent. Zugleich verweist die Masse der Kommentatoren auf preistreibende Effekte von Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Löhnen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt: „Indexierte Löhne treiben Preise“. Diese und andere Darstellungen beruhen auf drei Fehlannahmen.
Erster Trugschluss: Inflation bedeutet Preisanstieg. Zweiter Trugschluss: Zentralbanken garantieren stabile Währungen. Dritter Trugschluss: Güterwirtschaftliche Entwicklungen verursachen Inflation. Tatsächlich verhält es sich so: Inflation bedeutet Aufblähen der Geldmenge. Zentralbanken, und nur Zentralbanken, sind die Ursache für instabile Währungen. Güterwirtschaftliche Entwicklungen können nur im Zuge einer Aufblähung der Geldmenge inflationär wirken. Diese Feststellung lässt sich logisch nicht widerlegen – der empirische Beleg durch eine seit geraumer Zeit offiziell um 12 Prozent pro Jahr wachsende Geldmenge ist lediglich Beiwerk. Gäbe es eine konstante Geldmenge, würde der Preisanstieg eines Gutes automatisch dazu führen, dass bei gleicher Nachfrage der Preis eines anderen Gutes sinken müsste. Im Falle einer veränderlichen Nachfrage könnten andere Güter weniger oder nicht mehr nachgefragt werden.
Deutlich wird dies an dem derzeit wieder die Runde machenden Trugschluss der vermeintlichen „Lohn-Preis-Spirale“. Löhne können Preise nicht einfach so treiben. Vielmehr ist das Versagen der Zentralbank hierfür ursächlich. So würde ein Anstieg von Löhnen über ein „Gleichgewichtsniveau“ bei knappem Geld nicht zu Inflation, sondern zu Arbeitslosigkeit führen. Der Publizist der Österreichischen Schule Henry Hazlitt bringt es auf den Punkt, wenn er urteilt, umgekehrt würde ein Anstieg der Preise ohne einen parallelen Anstieg des in den Portemonnaies der Menschen verfügbaren Geldes lediglich zu sinkenden Absatzzahlen führen. Lohn- und Preissteigerungen sind also die Folge der Inflation, nicht ihre Ursache. Ihr Ausmaß wird entscheidend durch die Aufblähung der Geldmenge bestimmt.
Inflation ist ein geldpolitisches Problem. Zentralbanken bekämpfen lediglich die von ihnen selbst durch eine Politik zu billigen Geldes verursachten Preisanstiege. Ludwig von Mises illustrierte dieses Phänomen mit dem Bild eines Diebes, der ruft: „Haltet den Dieb!“
Berücksichtigt man dies, so bleiben verheerende Fehlschlüsse aus, wie der von Nobuo Tanaka, dem Generalsekretär der Internationalen Energie-Agentur: „Die Rekordpreise am Erdölmarkt bedrohen die globale Wirtschaft und die soziale Wohlfahrt von Millionen von Menschen.“ Auch wenn der aktuelle Ölpreis nicht auf triviale Weise zustande kommt, ist es angesichts der jahrelangen unverantwortlichen Niedrigzinspolitik des Fed keine Ausdruck von Polemik, die Zentralbanken als Bedrohung der Wohlfahrt von Millionen von Menschen verantwortlich zu machen.
Zentralbanken sind Inflationsbehörden. Die EZB ist der europäische Anwalt der Inflation, deren größter Profiteur der Staat ist. Die Alternative ist die natürliche, freie Geldproduktion, die nachgewiesen funktioniert. Der Staat ist dabei auf den Schutz von Eigentum(srechten) begrenzt. Erforderlich ist lediglich ein Schritt, die Abschaffung der gesetzlichen Privilegien der Zentralbank und anderer Währungsbehörden. Wie Jörg Guido Hülsmann nachgewiesen hat, ist dies aus rechtlichen, wirtschaftlichen und moralischen Gründen geboten.
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6 Erstmals erschienen am 8. 7. 2008.
Inflationskosten werden drastisch unterschätzt7
Die Auffassung, Inflation habe zumindest eine positive Seite, ist immer noch verbreitet. Inflation schmiert angeblich das Wirtschaftswachstum oder sei immer noch besser als Arbeitslosigkeit. Beides ist ökonomischer Unfug. Tatsächlich hat Inflation keine positiven, sondern nur negative Folgen. Ungeachtet dessen tendiert auch die herkömmliche Wissenschaftssicht zur Unterschätzung der Inflationskosten. Steven Horwitz, VWL-Professor an der St. Lawrence University in New York, kommt der Verdienst zu, in seinem Beitrag „The Cost of Inflation Revisited“ auf die gravierenden – teilweise versteckten – Kosten von Inflation systematisch hingewiesen zu haben.
Die neoklassische Standardbetrachtung hebt hervor, dass Inflation den Wert des Geldes mindert und wie eine Steuer wirkt. Hinzu kommen sogenannte „Schuhlederkosten“, bedingt durch die Notwendigkeit, häufiger zur Bank gehen zu müssen, um Geld abzuheben. Inflation verteilt anerkanntermaßen zudem den Wohlstand von Gläubigern zu Schuldnern um, was eine Verringerung oder gar Verweigerung der Kreditvergabe zur Folge haben kann. Schließlich bindet Inflation zusätzliche Ressourcen durch häufige Preiswechsel (sogenannte „Menükartenkosten“).
Während diese Kosten allesamt auf Änderungen des Preisniveaus insgesamt beschränkt sind, verweist Horwitz auf die inflationsbedingten, mit relativen Preisänderungen einhergehenden Kosten. Im Mittelpunkt stehen die Fehlallokation von Ressourcen und damit ein beträchtlicher Wohlfahrtsverlust. Inflation verzerrt das Preisgefüge im Verhältnis zu den Wünschen und Bedürfnissen der Marktteilnehmer und führt zu Fehlinterpretationen, zumal zunächst unklar ist, ob die Preisänderungen permanenter oder kurzfristiger Natur sind und welcher Anteil der Änderung inflationsbedingt ist. Hinzu kommt, dass Inflation nicht über Nacht alle Preise steigen lässt – als hätte man Geld über das ganze Land mit dem Helikopter verstreut.
Tatsächlich trennt Inflation Preise von den ihnen zugrunde liegenden Einflussfaktoren wie Geschmack, Technologie und Ressourcen. Inflation stört die ex-ante-, ex-post- und Entdeckungsfunktion der Preise. Sie werden weniger verlässlich, gerade als Indikatoren für vergangene und zukünftige Handlungen. Damit zersetzt Inflation die monetäre