Bahnfahring. Thomas C. Breuer

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Bahnfahring - Thomas C. Breuer Lindemanns

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Schrebergärtner steigen ein und aus und Söhne und Töchter von Schrebergärtnern, die diese unvergleichliche Mischung aus Saumseligkeit und Hemdsärmeligkeit schaffen, die auch der Stadt-Express Nr. SE 23034 atmet, der jetzt mit nur acht Minuten Verspätung in Trier einläuft. Acht Minuten waren damals eine Menge, heute ist das kaum der Rede wert.

      Ansagencharts

      Manchmal ist der Zug, der heute überraschend pünktlich zu verkehren scheint, ledglich der von gestern. Die Züge halten meist nach der vorgesehenen Zeit – womit sich glücklicherweise sämtliche Wortspiele zum Thema Nachhaltigkeit erschöpfen. Für manche Panne entschädigt uns die Bahn mit einem nie versiegenden Quell von Erklärungen, Durchsagen, Dramoletten, ja: Kurzhörspielen bisweilen, von denen einige, nicht mal wenige nun in zwangloser Reihenfolge zu finden sind, sprachliche Kleinode, die dem Autor zu Gehör kamen bzw. ihm von absolut verlässlichen Gewährsleuten zugetragen wurden, für Sie heute in der kommentierten Fassung.

      „Ihr Anschlusszug konnte leider nicht warten.“ (Ach was – das klingt, als würden die Züge das persönlich entscheiden.)

      „Ihr Anschluss nach Basel kann offiziell nicht warten!“

      „In diesem Zug giltet das Schönes-Wochenende-Ticket nicht.“

      „Bitte achten Sie darauf, einen Fahrschein mit sich zu führen, wenn Sie sich im Zug bewegen.“ (Bei wirklich jeder Bewegung?)

      „Unser Zug wird in Kürze abfahren. Wir bitten alle, die sich auf dem Bahnsteig befinden, einzusteigen!“ (Moment – das war eine Ansage im Zug!)

      „Meine Damen und Herren, wir bitten Sie um Ihr Verständnis, dass wir wegen des in Karlsruhe durchgeführten Personalwechsels noch einmal einen Blick in Ihre Reisedokumente vornehmen möchten.“ (Frisch zurück vom Höflichkeits-Crashkurs.)

      „Wegen eines vorausfahrenden S-Bahn-Zuges ist die Strecke ein bisschen blockiert!“ (Alles eine Frage der Dosis.)

      „Wir werden circa planmäßig eintreffen.“

      „In Rottweil erreichen Sie alle vorhergesehenen Anschlusszüge.“

      Analog dazu: „Dieser Halt ist im Plan ... äh: eingeplant.“

      Bzw.: „Liebe Fahrgäste, nicht aussteigen, die Weiterfahrt des Zuges geht gleich ... weiter.“

      Weiter im Takt: Überhaupt ein Klassiker: Wenn der ICE mitten in der Pampa hält, inmitten von Feldern, Äckern, Wäldern, Wiesen oder Brachlandschaften, ertönt unweigerlich die Stimme im Lautsprecher: „Meine Damen und Herren, das ist noch nicht der Bahnhof Ulm, bitte die Türen geschlossen halten.“ Getoppt wurde das einmal mit: „Unser nächster planmäßiger Halt ist in wenigen Minuten der Hauptbahnhof Hanau.“ Der Zug fuhr noch eine Weile, bremste ab, stand. Stand. Stand. Rechts Wiese, links Wiese. Pause. Lange Pause. Durchsage: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben soeben den Hauptbahnhof Hanau ... verpasst!“

      Die Ansagen des Zugpersonals sind grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Häufig hört man: Der Anschluss wird leider nicht erreicht. Häufiger aber stehen diese Züge noch am Gleis. Generell ist die Statistik der Gegner – deshalb wird bei den Transportleitungen so oft entschieden, Anschlusszüge losfahren zu lassen, damit wenigstens die im Zeitplan bleiben.

      Kommen wir jetzt zum gastronomischen Service, immer wieder für eine Überraschung gut, auch wenn nicht mehr die Mitropa (oder Misanthropa?) für das leibliche Wohl zuständig ist.

      „In München ist die Minibar zugestiegen.“ (Das tönt sportlich. Hüpft aus dem Stand vom Bahnsteig in den Zug. Die Bahn sollte in den mittlerweile geräuschlos daher kommenden Servicewägelchen Beruhigungspillen ins Sortiment aufnehmen für all die, deren Anschlusszug mal wieder leider nicht warten konnte.)

      „Unerwarteterweise haben wir noch freie Plätze in unserem Zugrestaurant.“ (Dieser Ansager hat wohl noch nie dort speisen müssen. Den Schuhbeck habe ich auch schon lange nicht mehr in der Bordküche gesehen.)

      „Im Speisewagen ist leider die Heizung kaputt. Falls Sie ein Getränk einnehmen möchten, bringen Sie ein paar warme Gedanken mit!“

      „Meine Damen und Herren, zwischen Hannover und Wolfsburg verkaufen wir Ihnen heute vorrübergehend eine kleine Zwischenmahlzeit.“ (Drive-by-eating?)

      „In Kassel steigt unsere frische Brezelverkäuferin zu.“ (Ein Evergreen.)

      „Die auf dem Gegengleis zu Schaden gekommene Person ist ein Wildschwein.“ (Speisekartenergänzung?)

      Abschließend noch ein Wort eines Minibaristas: „Habe ich nicht gesagt: Minibar, Servus! Habe ich gesagt: Minibar-Service!“

      Nun zur Abteilung „Warum einfach, wenn’s doch kompliziert geht?“ Eine Durchsage: „Heute konnten wegen Defektes einer Druckmaschine keine Platzreservierungen vorgenommen werden. Reisende mit Platzreservierungen bitten wir, auf Ihrem reservierten Platz Platz zu nehmen. Reisende, die auf diesem Platz sitzen, werden gebeten, diesen zu räumen.“ (Können Sie das bitte wiederholen, wenn möglich, mehrfach?) Oder so:

      „Dieser Zug ist ein Ersatzwagenpark, der in Innsbruck zusammengestellt wurde, weil in Italien gestreikt wird. Deswegen können wir Ihnen leider den gewohnten Komfort nicht bieten. Auch die Sitzplatzreservierung konnte leider nicht vorgenommen werden, weil dieser Zug ein Ersatzwagenpark ist.“

      Mit den elektronischen Reservierungssystemen sind solche Probleme natürlich Makulatur. Jetzt schmiert gleich das komplette System ab. Nachhaltig.

      Manchmal, im Halbschlaf, geht auch schon einmal die Fantasie mit dem Reisenden durch: „In Hamm wird der Zug geteilt. Der vordere Zugteil fährt als ICE 740 weiter nach Köln, der hintere Zugteil startet vom Flughafen Düsseldorf als LH 2490 ohne Halt bis Lanzarote.“

      Warum nicht auch: „Als besonderen Service setzen wir diesen Zug nun in Bewegung.“

      Glorreich wird der Tag, wenn es heißt: „Betrunkene Kinder im Gleisbereich.“

      „Dieser Zug hält in Treis, Cochem, Alf und Wittlich und gerne auch einmal auf offener Strecke zur Aufnahme von Verspätungen.“

      „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich unser Dortmunder Zugteam wegen des Ausscheidens der Borussia gestern in der Champions-League in einer depressiven Grundstimmung befindet.“

      Zurück in die Realität, dort hat sich immerhin der Tonfall geändert, das Zugpersonal wurde anscheinend in Richtung „gefühliges Neusprech“ gebrieft. So entschwebte im Zug zwischen Neustadt/Schw. und Freiburg dem Lautsprecher folgender Wunsch: „Wir wünschen Ihnen eine spannende Reise!“ Und so geht es weiter:„Schönen guten Morgen, Hallo und herzlich willkommen!“ (Oder entsprechend „Tschüss und auf Wiedersehen!“)

      „Der Ausstieg in Schwäbisch-Gmünd heute für Sie auf der linken Seite.“

      „In unserer 1. Klasse werden Sie persönlich von unserem Herrn Klotz bedient.“

      Gegen Ende eine Ansage aus Bonn: „Wegen eines Polizeieinsatzes am Zug erreichen wir Bonn mit einer 10-minütigen Verspätung.“ In Koblenz hingegen heißt es: „ um wenige Minuten verzögern, es müssen noch technische Maßnahmen an einem unserer Fahrzeuge vollzogen werden ... Grund ist, dass der Zug zwischen Düsseldorf und Koblenz beschossen wurde!“

      Oder auch: „Die Abfahrt verzögert sich, wir müssen hier noch einen

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