Mach dein Glück! Geh nach Berlin!. Horst Bosetzky

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Mach dein Glück! Geh nach Berlin! - Horst Bosetzky

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steht im Wald geschrieben

      Ein stilles, ernstes Wort

      Von rechtem Tun und Lieben,

      Und was des Menschen Hort.

      Ich habe treu gelesen

      Die Worte schlicht und wahr,

      Und durch mein ganzes Wesen

      Wards unaussprechlich klar.

      Joseph von Eichendorff

      WALDEINSAMKEIT

      Waldeinsamkeit,

      Die mich erfreut,

      So morgen wie heut

      In ewger Zeit,

      O wie mich freut

      Waldeinsamkeit.

      Waldeinsamkeit

      Wie liegst du weit!

      O Dir gereut

      Einst mit der Zeit.

      Ach einzge Freud

      Waldeinsamkeit!

      Waldeinsamkeit

      Mich wieder freut,

      Mir geschieht kein Leid,

      Hier wohnt kein Neid

      Von neuem mich freut

      Waldeinsamkeit.

      Johann Ludwig Tieck

      Alles war Ernst Schering aus dem Herzen gesprochen, und er, der er ungern in die Kirche ging und wenig vom Gläubigsein hielt, dachte: Das kann kein Zufall sein, dass ich heute hier bin, das muss Gott so gewollt haben.

      Nachdem sie einen deftigen Imbiss zu sich genommen hatten, führte sie Krafft durch Teile seines Reviers und erklärte ihnen die Arbeit eines Oberförsters.

      „Ein Förster muss vielerlei Begabungen haben und sich für vieles interessieren. So geht es nicht ohne Mathematik, Biologie, Zoologie, Botanik, Vermessungswesen und zu guter Letzt auch ein wenig Forstrecht, denn wir haben den Wald und seine Tiere nicht nur zu schützen, zum Beispiel vor Wilddieben und vor Leuten, die sich unerlaubt Brennholz besorgen, sondern wir haben ihn auch zu nützen. Die Besitzer das Waldes wollen, dass gutes Bauholz heranwächst und dass ihren Jagdpächtern prächtige Hirsche vor die Flinte laufen. Aber ansonsten sind wir freie Menschen, denn die Herrschaft sitzt irgendwo in der Ferne in ihren Schlössern oder Rathäusern.“

      Anschließend erklärte er den beiden Stadtmenschen kundig und liebevoll alles, was Flora und Fauna seiner Wälder und Seen zu bieten hatten.

      „Schade nur, dass ich Ihnen Bär und Wolf, Luchs und Auerochs nicht mehr bieten kann“, schloss er. „Auch an Palmen, Gummibäumen, Kaffeesträuchern und Mangroven gebricht es uns in diesen Breiten. Darum beneide ich ja auch Alexander von Humboldt ein wenig, dass er das alles schauen konnte.“ Er bückte sich. „Aber sehen Sie nur her, was das hier ist: Der rundblätterige Sonnentau – Drosera rotundifolia. Ich hole mal ein wenig weiter aus … Wir unterscheiden bei den fleischfressenden Pflanzen fünf verschiedene Typen von Fallen. Erstens gibt es die Klebefallen, bei denen ein klebriges Sekret die Insekten anlockt, festhält und dann ihre Nährstoffe in sich aufnimmt. Ein Beispiel ist unser Sonnentau hier. Zweitens kennen wir die Klappfallen, wie zum Beispiel bei der Venusfliegenfalle.“

      Erich Schering konnte es nicht fassen. „Aber wie merkt denn die Pflanze, dass gerade eine Fliege angekommen ist.“

      Krafft lächelte. „Auf den Innenseiten der Blätter gibt es kleine Fühlhaare, und wenn die von der Fliege berührt werden, klappen die Blatthälften blitzschnell zusammen und die Fliege ist gefangen.“

      „Gott, was die Natur so alles zaubert ...“, murmelte Ernst Schering.

      „Dann haben wir noch die Saugfallen, wie sie bei den sogenannten Wasserschläuchen zu finden sind, was aber nur unter Wasser oder unter der Erde funktioniert. Viertens gibt es die Fallgrubenfallen, wo die Blätter einen Hohlraum bilden, in den die Tiere hineinfallen und nicht mehr hinauskommen, und fünftens dann die Reusenfallen, wo die Opfer mit bestimmten Duftstoffen in die Falle gelockt werden.“

      Vater Schering lachte. „Das ist ja das Prinzip, das bei uns die Frauen übernommen haben.“

      Als sie am Abend dieses denkwürdigen Tages wieder zurück in Prenzlau waren, stand für Ernst Schering fest, was er werden wollte: Förster und Jäger.

      Der Junge mit dem Schweinekopf

       1839

      Schwedt, auf einer Sandterrasse über dem Odertal gegründet und im Jahre 1265 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, hatte eine bewegte Geschichte hinter sich. Erst hatte es zu Brandenburg gehört, war dann vom Markgrafen Ludwig dem Römer an die Pommern abgetreten worden, 1481 durch Kauf an den Thüringer Johann I. von Hohnstein gekommen, hatte in dieser Ägide einen beachtlichen Aufschwung genommen, dann aber im Dreißigjährigen Krieg gewaltig gelitten, war danach an Dorothea gefallen, der zweiten Gemahlin des Großen Kurfürsten, die mit Hilfe eines holländischen Fachmannes und den im Frühjahr 1686 angesiedelten Hugenotten den uckermärkischen Tabakanbau begründet und der Stadt zu einigem Wohlstand verholfen hatte. Friedrich Heinrich, der letzte Markgraf (1771–1788), machte aus Schwedt eine Kulturstadt und richtete in der Orangerie des Schlosses eines der ersten Theater in Deutschland ein. Von 1770 an war Schwedt Garnisonsstadt, und das hier ansässige Dragonerregiment hatte sich 1815 im Feldzug gegen Napoleon ganz besondere Meriten erwerben können.

      In Schwedt nun hatte Gottfried Nickholz nach langer Suche und durch die Vermittlung des Prenzlauer Pfarrers eine Lehrstelle beim Tischlermeister Anton Teichmann finden können. Der selbst gebastelte Böller, der keine Armlänge vor ihm explodiert war, hatte ihm schwere Verletzungen an den Händen und im Gesicht zugefügt, und den Ärzten war es wie ein Wunder erschienen, dass er nicht sein Augenlicht verloren hatte. Es waren gute Chirurgen gewesen, die sich seiner angenommen hatten, der älteste von ihnen hatte schon auf den Schlachtfeldern der Napoleonischen Kriege verwundete Soldaten zusammengeflickt, doch alle ihre Künste hatten nicht ausgereicht, ihn so herzurichten, dass nicht jeder zusammenzuckte, der seiner ansichtig wurde. Die Nasenspitze fehlte ihm, die versengten Augenbrauen hatten sich nicht gänzlich erneuert, die Lippen waren wulstig geworden und die nachgewachsene Haut war von einer unnatürlich fahlen Farbe, und es mischten sich in einzelnen Partien Beige, Rosa, Elfenbein und Weiß. Einer vom Theater lästerte, hätte jemand ein Gruselkabinett einrichten oder ein Roman der Schauerromantik verfassen wollen, wäre ihm der Anblick dieses Gottfried Nickholz sehr hilfreich gewesen. Sicher gab es auch Menschen, die Mitleid mit ihm hatten, doch denen dankte er das nicht, sondern stieß sie von sich, weil auch sie ihn daran erinnerten, dass er so unglaublich verunstaltet war. Am wohlsten fühlte er sich unter denen, die noch schlechter dran waren als er: Krüppel aus den Kriegsjahren, Blinde und Kränkliche aller Art. Aber auch mit entlassenen Zuchthäuslern ließ er sich gerne ein, denn die wurden von den anderen ebenso gemieden wie er.

      In der Teichmann´schen Werkstatt wurde er gelitten, mehr nicht, und im allgemeinen

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