Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane. Pete Hackett
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„Man hat in der Tat einen Vorgeschmack der Hölle, und kein Wunder daher, dass man die Insel Teufelsinsel getauft hat“, sagte Lee. „Dieser Jim Jugens hat sich für Kan Palmer einen höllischen Aufenthaltsort ausgesucht. Ich frage mich, wie ein Mensch einem anderen Menschen so etwas antun kann! In wenigen Tagen haben die Mücken Kan Palmer sicherlich auf gefressen.“
„Die Plage ist auf der Insel zu ertragen“, gab Dan Auskunft. „Immerhin, ein Mensch kann trotz alledem zur Not hier leben. Es gibt essbare Früchte und sogar etwas Wildbret. Man kann sich dort schon durchschlagen. Aber nicht die Verpflegung ist das Schlimmste, weitaus schlimmer ist die Einsamkeit und das Alleinsein oder aber die Tatsache, dass man so bald keinen Weg durch das Moor zum Festland findet. — Jetzt müssen wir in ein Versteck gehen und auf die Rückkehr von Jim Jugens’ Trupp warten. Wenn wir jetzt weite reiten, könnten wir auf die von der Insel zurückkommende Meute treffen.“
Dan sprang vom Pferd, und seine Begleiter folgten seinem Beispiel. Wenig später führten die drei Männer ihre Pferde hinter sich her über einen kleinen Seitenpfad, durch verfilztes Gestrüpp, das hinter den Pferden zusammenschlug. Sie gelangten zu einer verfallenen Hütte, die aus Knüppeln errichtet worden war. Hier wollte man die Rückkehr der Meute abwarten.
„Von hier aus startete der Sklave, der zuerst die Insel entdeckte, seine Hilfsaktionen für andere entflohene Sklaven. Von hier aus gingen die armen Teufel zur Jagd im Moor, und es war immer erstaunlich, wie sie sich mit ihren primitiven Mitteln Nahrung besorgten. Trotzdem hatten sie oft nichts zu essen. Dazu lebten sie in ständiger Angst, dass ihnen ihre Zufluchtsstätte genommen werden könnte.“
„Kein Wunder, Dan, dass du dir diese Zustände tief im Inneren gemerkt hast“, sagte Paul. „Nach allem, was ich jetzt aus deiner Vergangenheit weiß, verstehe ich, wie sehr du das Unrecht hasst, wie sehr du aber auch das Leben achtest und dich scheust, den Tod aus dem Revolver zu jagen und dir jede Kerbe weh tut, die du in deinen Revolverkolben geschnitten hast. Dein Vater war dir ein guter Lehrmeister, Dan. Deinetwegen braucht er sich im Grab nicht umzudrehen, deinetwegen hätte er Frieden.“
Dan Flemming antwortete nicht darauf. Er ließ sich auf einem Baumstumpf nieder und legte die Hände mit den Zügelenden in den Schoß. Seine beiden Begleiter ließen sich ebenfalls nieder. Alle drei warteten sie auf die Rückkehr von Jim Jugens und seiner hartgesottenen Mannschaft.
Langsam, unendlich langsam dehnte sich die Zeit. Das Warten fiel schwer. Sie nützten die Zeit, um einige Biskuits zu essen. Die Erregung war aber so groß in ihnen, dass sie kaum schmeckten. Die Pferde versuchten sich der Mücken durch Zucken mit dem Fell und Schlagen mit dem Schwanz zu erwehren. Dünn sickerte das Mondlicht durch die dicht wuchernden Büsche. Dan saugte tief die Luft ein. Jetzt fühlte er sich daheim, magisch mit der Vergangenheit verknüpft. Die Erlebnisse der Jugend kamen wieder in seine Erinnerungen. Hier war es gewesen, wo der Vater ihm die Angst vor der Nacht und vor der Dunkelheit genommen hatte, wo er zum ersten mal gefühlt hatte, wie mächtig das Leben in ihm pulsierte.
„Sie kommen“, hörte er Paul sagen. Pauls Worte schreckten ihn aus seinen Gedanken und ließen ihn augenblicklich in die Gegenwart zurückfinden.
„Halten wir den Pferden die Nüstern zu“, sagte er. Alle drei erhoben sich, um ein Wiehern und Schnauben ihrer Pferde zu verhindern. Stärker schwoll das Geräusch der zurückreitenden Kavalkade an, um dann langsam zu verebben. Die drei Partner verließen ihre schützende Deckung, um den Ritt fortzusetzen. Bald befanden sie sich wieder auf dem stark schwankenden Knüppelpfad auf dem Marsch zur Teufelsinsel, die wie eine Oase mitten im Sumpfgebiet lag.
Aus moorigem Grund stiegen Blasen auf. Nebelschleier wogten aus fauligem Laub und trügerischem Boden. Blaue Lichter huschten gespenstisch aufleuchtend über die Moordecke. Es war eine fremde, feindliche Welt, die zwar noch an das Präriebuschland erinnerte, aber so ganz und gar anders war. Das menschenfeindliche Land wurde ängstlich gemieden. Jeder Schnitt vorwärts schien ein Risiko zu sein, das in den Tod führte.
Dan ritt an der Spitze, seine beiden Begleiter hielten sich dicht hinter ihm. Der starke Modergeruch nach faulem Holz und verwesenden Pflanzen nahm ständig zu. Ein Uhu ließ seinen unheimlich klingenden Ruf erschallen. Der Schweiß trat den Männern aus und klebte ihnen das Hemd auf den Rücken.
Zum Glück machten die Pferde keine allzu großen Schwierigkeiten. Sie mochten wohl spüren, dass ihnen nichts Arges geschehen konnte. Längst waren die Männer abgesessen und führten die Tiere hinter sich her. Als der Knüppelpfad unter ihren Hufen fester wurde, ließ auch die Nervosität der Tiere nach. Blacky gab ein erleichtertes Schnauben von sich, in das seine beiden Artgenossen einstimmten. Als der Weg ganz fest wurde, bewegte man sich durch ein Blumenmeer von blühenden Azaleen.
„Wir sind am Ziel“, meldete Dan, „wir sind auf der Teufelsinsel. Sie hat einen Durchmesser von etwa sieben Meilen. Ich denke, dass man Kan Palmer zu den Behausungen geschafft hat, die sich einst die Sklaven erbauten. Vorwärts also Männer, bevor ihn die Verzweiflung zu einer unüberlegten Handlung treibt.“
12.
Der Morgen war nicht mehr fern. Bald würde die Insel mitten im Moor in einer Blumenpracht aufleuchten, wie man sie selten zu sehen bekam. Die ganze Vegetation hatte etwas Grelles und Buntes, so dass man meinen konnte, im Paradies zu sein. Hinter dem Leuchten der Farben und dem Duft, den die Blumen verströmten, lauerte das Entsetzen. Die Gräber derer, die hier an Hunger oder Krankheit gestorben waren, die von Bluthunden gehetzt und verletzt worden waren, die den Weg hierher gefunden und dennoch hatten sterben müssen, tauchten vor ihnen auf. Mondlicht geisterte über sie hin, und flirrende Lichtreflexe streuten einen Hauch Unwirklichkeit über die Stätten, die den Menschen zur letzten Ruhe geworden waren.
Ringsum breitete sich das große Schweigen aus, das auch die Lebenden zu fassen schien. Fast lautlos bewegten sich die Pferdehufe über einen dicken Teppich abgestorbenen Laubes. Eine Lichtung öffnete sich, und schwarze Silhouetten von Hütten wurden sichtbar. Als sie näher kamen, weitete sich die Lichtung längs eines die Insel durchziehenden Grabens, in dem das braune, in der Nacht schwarz scheinende Moorwasser stand.
Dan blieb plötzlich stehen. Ein Pferdeschnauben kam von der Insel. Bevor man die Lage richtig erfasst hatte, wieherten die Pferde von Paul und Lee Millard ihrem Artgenossen zu. Alle drei Männer waren wie auf ein Kommando stehengeblieben, alle drei in geduckter Haltung, die Hände an den Waffen, bereit zu ziehen und zu schießen.
Jetzt wussten sie Bescheid. Kan Palmer war nicht allein auf der Insel zurückgeblieben. Sie waren zu sicher gewesen, dass Jim Jugens den Alten allein zurücklassen würde. Es fragte sich jetzt, wie viele Gegner man vor sich hatte. Es musste so schnell wie möglich herausgebracht werden.
„Vorsicht, Dan!“, kam es leise von Lees Lippen.
„Nicht schießen, Jim Jugens und der Großteil der Meute ist sicherlich noch in der Nähe. Wir können nur hoffen, dass man da drüben nichts bemerkt hat.“
„Es fehlte uns noch, dass man uns den Weg zurück abriegelt und wir in der schlimmsten Falle sitzen, die man uns jemals gestellt hat“, sagte Paul mit zusammengekniffenen Augenlidern. „In diesem Falle können wir Kan Palmer Gesellschaft leisten und bis zum Jüngsten Tag darauf warten, dass man uns hilft.“